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WM 2006: Die WM-Affäre: Was wir wissen - und was nicht

WM 2006

Die WM-Affäre: Was wir wissen - und was nicht

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    Eine Zusammenfassung über die WM-Affäre zeigt: Es floss Geld nach Katar. Der Skandal wird den DFB noch lange beschäftigen.
    Eine Zusammenfassung über die WM-Affäre zeigt: Es floss Geld nach Katar. Der Skandal wird den DFB noch lange beschäftigen. Foto: Arne Dedert (dpa)

    Die Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer hat am Freitag in Frankfurt am Main ihren Untersuchungsbericht zur WM-Affäre vorgestellt. Ein Überblick über die Kernpunkte des 361-seitigen Berichts.

    Wurde die WM 2006 gekauft?

    Darauf geben die unabhängigen Ermittler keine schlüssige Antwort. "Wir haben keinen Beweis für einen Stimmenkauf gefunden, können diesen aber auch nicht ausschließen", heißt es in dem Freshfields-Bericht. Da bei der Untersuchung Daten fehlten, Akten und Dokumente nicht zugänglich waren und Personen wie der frühere FIFA-Präsident Joseph Blatter und ehemalige Mitglieder der FIFA-Exekutive sich nicht äußern wollten oder konnten, sei ein abschließendes Bild nicht darstellbar. 

    WM-Affäre: Ist die WM 2006 gekauft?

    Wohin flossen die DFB-Millionen?

    Die DFB-Zahlung von 6,7 Millionen Euro im Jahr 2005 steht im Zentrum der gesamten Affäre. Klar ist, dass diese Summe zur Rückzahlung eines Darlehens des früheren Adidas-Chefs Robert Louis-Dreyfus verwendet wurde. Entgegen der ursprünglichen Annahme war dessen Geld 2002 aber nicht im Auftrag der deutschen WM-Macher an die Finanzkommission des Weltverbands FIFA geflossen. Die Summe landete über mehrere Kanäle letztlich in Katar im Dunstkreis des inzwischen lebenslang gesperrten Mohamed Bin Hammam, einst Vizepräsident des Weltverbandes FIFA.

    Welchem Zweck diente das Geld?

    Diese Frage beantwortet der Untersuchungsbericht nicht. Eine Vermutung lautet, es wurde als Provision für einen FIFA-Zuschuss für die deutschen WM-Organisatoren in Höhe von 250 Millionen Schweizer Franken gezahlt. Eine andere Theorie lautet, mit dem Geld sei der letztlich erfolgreiche Wahlkampf des damaligen FIFA-Präsidenten Joseph Blatter unterstützt worden. Keinen Beleg gibt es dafür, dass damit Stimmen bei der WM-Vergabe im Jahr 2000 gekauft wurden - auch wenn Bin Hammam Chef der asiatischen Konföderation war.

    Auf welchem Weg gelangte das Geld nach Katar?

    Da kommt Franz Beckenbauer ins Spiel. Über ein Oder-Konto, das in Kitzbühel auf den "Kaiser" und dessen inzwischen verstorbenen Berater Robert Schwan lief, wurden zwischen dem 29. Mai 2002 - einen Tag nach der Wiederwahl von FIFA-Boss Blatter - und dem 8. Juli 2002 in vier Tranchen 6 Millionen Franken an eine Schweizer Anwaltskanzlei überwiesen. Von dort wurde das Geld an ein Unternehmen in Katar, die KEMCO Scaffolding Co., weitergeleitet. Im August 2002 gingen die Dreyfus-Millionen auf dem Anwaltskonto ein. Vier Millionen Franken flossen erneut an KEMCO, der Rest ging auf das Beckenbauer-Konto. 

    Die Beteiligten des WM-Skandals

    Wer wusste wann von der Zahlung?

    Der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger hatte laut Freshfields schon spätestens im Mai 2005 Kenntnis von der verschleierten Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro an Dreyfus. Die Ermittler glauben sogar, dass Zwanziger noch früher Kenntnis hatte, können dies aber nicht beweisen. Ähnlich ist es bei seinem Nachfolger Wolfgang Niersbach. Mit Sicherheit lässt sich nur sagen, dass der im Zuge der Affäre zurückgetretene Ex-Boss Anfang Juni 2015 davon erfuhr.

    Welche Rolle spielt der frühe Fifa-Vize Jack Warner?

    Am 9. November tauchte im DFB-Archiv ein Vertragsentwurf zwischen dem Deutschen Fußball-Bund und dem notorisch korrupten früheren FIFA-Vizepräsidenten Jack Warner auf - unterschrieben von Franz Beckenbauer. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach trat an jenem Tag zurück. Seine Interimsnachfolger Rainer Koch und Reinhard Rauball werten diesen auf einen Tag kurz vor der WM-Vergabe datierten Vertrag zumindest als Bestechungsversuch. Die Abmachung sollte Warner unter anderem 1000 WM-Tickets der teuersten Kategorie einbringen, die einen Weiterverkaufswert von mehreren hunderttausend Dollar hatten. 

    Welchen Zweck hatte der Vertrag?

    Mit großer Wahrscheinlichkeit ist dieser Vertrag nie in vollem Umfang in Kraft getreten. Es wurden nach Erkenntnis der Ermittler lediglich einige Leistungen erbracht. Der Beckenbauer-Vertraute Fedor Radmann bezeichnete das Papier als "eine Art Beruhigungsvertrag", mit dem der Funktionär aus Trinidad & Tobago davon abgehalten werden sollte, andere Wahlmänner negativ zu beeinflussen. 

    WM-Affäre: Was passiert jetzt?

    Welche Konsequenzen zieht der DFB aus dem Bericht?

    Zunächst keine. Die Untersuchungsergebnisse sollen in Ruhe in den Gremien besprochen werden. Laut Interimspräsident Rainer Koch müsste der Bericht erst detailliert geprüft werden, ehe man Forderungen äußern könne. Es werde aber nichts vertuscht oder unter den Teppich gekehrt. Eines steht für die neue Führungsmannschaft aber schon fest: Ein solcher Vorgang darf sich niemals mehr wiederholen. 

    Was könnte noch passieren?

    Der DFB muss schnell die Frage beantworten, ob Ex-Präsident Niersbach den deutschen Fußball weiterhin in den Exekutivkomitees der FIFA und der UEFA vertreten soll. Dazu drohen den Protagonisten der WM-Affäre auch Schadensersatzforderungen durch den DFB. Diese Möglichkeit hat sich der Verband absichern lassen. Sollte der DFB im Zuge der Steuerermittlungen seine Gemeinnützigkeit für 2006 verlieren, könnten sich eine Strafzahlung und Steuernachzahlungen inklusive Zinsen und Zinseszinsen am Ende zu einem Schaden von 25 Millionen Euro addieren. Sebastian Stiekel und Ulrike John, dpa

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