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Vierschanzentournee: Severin Freund vs. Peter Prevc: Die ganz normalen Psychospielchen

Vierschanzentournee

Severin Freund vs. Peter Prevc: Die ganz normalen Psychospielchen

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    Ein strahlender Severin Freund in Oberstdorf: Er verwies Michael Hayböck und Topfavorit Peter Prevc aus Slowenien auf die Plätze.
    Ein strahlender Severin Freund in Oberstdorf: Er verwies Michael Hayböck und Topfavorit Peter Prevc aus Slowenien auf die Plätze. Foto: Daniel Karmann, dpa

    Die Vierschanzentournee ist noch jung und doch laufen die Psychospielchen schon auf Hochtouren. In einer derart sensiblen Sportart wie dem Skispringen, spielt der Kopf eine entscheidende Rolle. Im Wesentlichen geht es in der Frühphase der Tournee darum, die Balance zwischen selbstbewusstem Auftritt und dem Vermeiden der Favoritenrolle zu finden. Das klingt dann in etwa so: „Ich hätte nicht gedacht, dass ich Peter schlagen kann. Coole Sache, dass ich es geschafft habe, aber der Vorsprung ist quasi nichts. In Garmisch geht alles wieder bei Null los.“

    Das Zitat stammt von Michael Hayböck, dem Zweitplatzierten des Auftaktspringens in Oberstdorf. Etwas überraschend hatte sich der Österreicher dort zwischen den Sieger Severin Freund und Peter Prevc gemogelt. Letzterer ist als Topfavorit in die Tournee gegangen. Und diesen Titel soll er trotz des Rückschlags in

    Severin Freund: Oberstdorf ist auch nur ein Weltcupsieg

    Es ist die große Kunst der Sportdiplomatie, die sich in diesen Aussagen widerspiegelt. Da wird munter relativiert, um den Erwartungsdruck möglichst klein zu halten.Bundestrainer Werner Schuster macht das, wenn er sagt: „Ich würde den Sieg nicht überbewerten. Severin ist schon so lange dabei. Er hat jetzt 21 Weltcupsiege und weiß, was er kann und was er nicht kann. Er weiß, wie das Ganze einzuschätzen ist.“ Freund versucht es, indem er seinen Triumph in Oberstdorf zu dem macht, was er offiziell ist: „Auch nur ein Weltcupsieg.“

    So kann man das sehen, muss man aber nicht. Für die 25500 Zuschauer in der ausverkauften Oberstdorfer Arena war es vor allem das Ende einer 13-jährigen Durststrecke. So lange lag der bis dahin letzte Auftaktsieg eines Deutschen zurück. Sven Hannawald hieß der Sieger damals – jetzt heißt er Freund.

    Geschlagen dagegen Peter Prevc. Der Gesamtführende im Weltcup hatte Pech mit dem Wind, der kurz vor seinem zweiten Sprung drehte und ihm in den Rücken blies. Der Slowene wirkte angefressen, als er erklären sollte, was passiert war. „Mit meinen Sprüngen bin ich eigentlich sehr zufrieden, nicht aber mit der Platzierung“, grummelte er in die Mikrofone. Schnell fand er noch ein paar nette Worte an Freund. Keiner könne von dessen Sieg überrascht gewesen sein. „Er ist ein toller Springer.“ Dann verschwand er in seinem Hotel.

    Bei so vielen Komplimenten, die kreuz und quer durch das Pressezentrum von Oberstdorf flogen, wollte auch Bundestrainer Schuster nicht zurückstehen. Zuerst lobte er Freund für dessen zweiten Sprung. Dieser sei qualitativ sehr gut gewesen. Diese Qualität müsse er nun auf die nächste Schanze mitnehmen. „Wenn das gelingt, dann kann Sevi richtig Druck machen. Und dann muss man schauen, ob der Prevc auch noch einen Sprung nach dem anderen so runter klopft.“

    Beim Neujahrsspringen liegen alle Blicke auf Freund und Prevc

    Damit läutete Schuster eine neue Runde im Psychoduell mit dem Slowenen ein, auch wenn er flugs hinterher schob, dass „Peter im Moment noch der stärkere Springer ist“. Im ersten Sprung des Slowenen habe er allerdings eine leichte Schwäche gesehen. Der zweite sei gut gewesen, „er hat aber nicht gezaubert“. Dabei dachte Schuster an die Olympischen Spiele in Sotschi, als Prevc auf der Großschanze mit einem fantastischen zweiten Versuch noch zu Bronze geflogen war und Freund auf Platz vier verdrängt hatte. Schuster: „Da hat er uns die Medaille weg und sich um den Hals gezaubert. Aber auch er ist ein Mensch und muss sich beweisen – Tag für Tag, Sprung für Sprung.“

    Am Neujahrstag bietet sich den Beteiligten in Garmisch-Partenkirchen die nächste Gelegenheit dazu. Alle Blicke werden sich dann wieder auf Freund und Prevc richten. Das könnte allerdings ein Fehler sein, denn das Feld liegt extrem eng zusammen. Vor allem die beiden Österreicher Hayböck und Titelverteidiger Stefan Kraft (7. in Oberstdorf) scheinen nach einem durchwachsenen Saisonstart wieder in Form zu sein. Deren Selbstbewusstsein ist auf jeden Fall groß: „Wenn alles nach Plan läuft, traue ich es mir auf jeden Fall zu, die Tournee zu gewinnen“, sagte Hayböck. Und dann gibt es da auch noch die starken Norweger mit gleich vier Springern in den Top-Ten. „Wir können uns noch auf einiges gefasst machen“, sagt der Bundestrainer deshalb. Sein Motto: „Ruhig bleiben, weiter machen.“ Alles reine Kopfsache.

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