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Vierschanzentournee: Nach Ausschluss: Der Vierschanzentournee droht ein Test-Chaos

Vierschanzentournee

Nach Ausschluss: Der Vierschanzentournee droht ein Test-Chaos

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    Der Pole Dawid Kubacki ist bei der Vierschanzentournee zunächst disqualifiziert worden.
    Der Pole Dawid Kubacki ist bei der Vierschanzentournee zunächst disqualifiziert worden. Foto: Hendrik Schmidt, dpa

    Die Tournee-Veranstalter selbst sprachen am Montagmittag von einem „Paukenschlag“, als sie verkündeten, die gesamte polnische Mannschaft sei wegen eines positiven Corona-Falls von der Qualifikation ausgeschlossen. Da konnten sie nicht ahnen, dass am späten Abend dann der noch viel lautere Paukenschlag folgen sollte. Skispringen in Corona-Zeiten, das ist die Erkenntnis des gestrigen Tages, kann zum Chaos führen. Weil positive Covid-19-Tests eben auch mal negativ sein können. Und Entscheidungen zurückgenommen werden.

    Um 22.30 Uhr wurde in Oberstdorf bekannt gegeben: Der Internationale Skiverband stellt den Polen in Aussicht, am Dienstag (16.30 Uhr/ZDF und Eurosport) doch starten zu dürfen. Allerdings nur, wenn eine dritte Corona-Testreihe durchweg negativ ausfällt. In diesem Fall wären am Dienstag alle 62 Springer am Start. Die üblichen K.o.-Duelle würden dann entfallen. Zusätzlich sollen die Polen am Nachmittag die Möglichkeit bekommen, am Montag entfallene Trainingssprünge auf der Schattenbergschanze nachzuholen.

    Das polnische Team soll zehn Stunden auf engstem Raum verbracht haben

    Der Reihe nach: Um kurz vor Zwölf, also wenige Stunden vor Beginn der Qualifikation, informierte das Organisationskomitee in Oberstdorf darüber, dass die gesamte polnische Mannschaft für das Auftaktspringen der Vierschanzentournee ausgeschlossen werde. Einer ihrer Springer, Klemens Muranka, war am Sonntag beim obligatorischen PCR-Test positiv getestet worden. Daraufhin befragten Mitarbeiter des Gesundheitsamtes in Sonthofen den Infizierten und begutachteten am Montagvormittag auch das Mannschaftshotel der Polen in Obermaiselstein – wohl auch deshalb, weil im gleichen Haus auch die Teams aus Norwegen, der USA und Kanada untergebracht sind.

    Die komplette polnische Skisprung-Nationalmannschaft, die angeblich mit sieben Athleten stundenlang in einem Kleinbus ins Allgäu gereist ist, wurde zunächst gesperrt.
    Die komplette polnische Skisprung-Nationalmannschaft, die angeblich mit sieben Athleten stundenlang in einem Kleinbus ins Allgäu gereist ist, wurde zunächst gesperrt. Foto: Ralf Lienert

    Wenige Stunden später ließen die Behörden mitteilen, dass die komplette Mannschaft von Cheftrainer Michal Dolezal am Nachmittag nicht an die Schanze darf. Das Verbot traf neben Muranka („Es tut mir leid, aber es ist passiert“) auch Olympiasieger Kamil Stoch und Vorjahressieger Dawid Kubacki, die beide zu den Mitfavoriten der Tournee zählten, sowie Maciey Kot, Aleksander Zniszczol, Andrezej Stekala und der Weltcup-Vierte Piotr Zyla.

    Nach Recherchen unserer Zeitung war das Team am Sonntag wohl gemeinsam in einem Kleinbus von Polen ins Allgäu gefahren. Mehrere Quellen sprachen von einer zehnstündigen Fahrt – auf engstem Raum. In der offiziellen Behördensprache heißt das dann: „Murankas Teamkollegen waren zwar beim Test negativ, zählen allerdings zur Kontaktgruppe 1. Das bedeutet: Sie hatten entweder über 15 Minuten lang direkten Kontakt von Angesicht zu Angesicht oder waren über 30 Minuten lang gemeinsam in einem Raum oder auch Fahrzeug.“

    Zweiter Corona-Test fiel negativ aus

    Das Chaos perfekt machte am späten Montagabend dann die Meldung, wonach Muranka nach einem weiteren Corona-Test offenbar doch nicht infiziert sei. Die Polen würden auf eine Wiederholung der Qualifikation drängen oder darauf, auch ohne Quali-Sprung für den Wettbewerb am Dienstag zugelassen zu werden. Es folgte eine stundenlange Krisensitzung aller Verantwortlichen.

    Florian Stern, der Generalsekretär des Auftaktspringens in Oberstdorf, hatte am Nachmittag zum Ausschluss gesagt: „Zum Schutz aller anderer Athleten blieb dem Gesundheitsamt keine andere Wahl.“ Auch der Renndirektor des Internationalen Skiverbandes, der Italiener Sandro Pertile, meinte auf Nachfrage unserer Redaktion: „Die lokalen Behörden haben unser vollstes Vertrauen. Sie haben sich den Fall ganz genau angeschaut. Fakt ist, auch von den anderen polnischen Springern wäre ein Risiko ausgegangen.“

    Der Nachfolger von Walter Hofer wies ausdrücklich darauf hin, dass der Internationale Skiverband an der Entscheidung nicht mitgewirkt habe. Verschwörungstheorien, die auf einigen polnischen Internetseiten auftauchten, wonach die deutschen Behörden so Einfluss auf die Ergebnislisten ausüben würden, erteilte Pertile eine Absage. „Ich will das nicht kommentieren. Wir orientieren uns an den Fakten.“ Polens Sportdirektor, der ehemalige Skispringer Adam Malysz, befeuerte die Wut seiner skisprungverrückten Landsleute: „Noch vor zwei Tagen hatten wir einen Test, dort waren alle negativ. Es ist seltsam.“

    Vierschanzentournee: In Oberstdorf gab es vier positive Fälle bei 765 Tests

    Verwunderung herrschte aber nicht nur im polnischen Lager. Der Ausschluss einer führenden Sprungnation, so die einhellige Meinung, treffe das gesamte Skispringen hart. In der Sportart, in der nur einige Athleten aus wenigen Nationen die Siege unter sich ausmachen, ist der Ausfall von gleich zwei Mitfavoriten wie Stoch und Kubacki ein schwerer Schlag. Auch Markus Eisenbichler bedauerte den Ausschluss: „Ich will mich mit den Besten der Welt messen und da gehören die Polen dazu. Dass gleich das ganze Team nicht starten darf, finde ich schon heftig.“

    Auch der Oberstdorfer Karl Geiger findet die Entscheidung zu hart: „Ich bin ein bisschen zwiegespalten. Wenn die Polen ein ähnliches Hygienekonzept wie wir haben, finde ich es übertrieben, dass keiner von ihnen starten darf.“ Für seine ehemaligen Schützlinge tue es ihm leid, sagte der frühere polnische und heutige deutsche Nationaltrainer Stefan Horngacher.

    Bei den Sondertests für alle Tournee-Teilnehmer in Oberstdorf wurden insgesamt 765 Rachen-Abstriche genommen. Vier fielen positiv aus. Auch wenn das einem Inzidenzwert von 523 entsprechen würde, sprach Dr. Jan Tauscher, Ressortleiter „Medizin“ im Organisationskomitee, von einem „unterdurchschnittlichen Wert“– im Vergleich zu anderen Weltcup-Orten.

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