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Triumph über den Zweifel: Partystimmung am Kap

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Triumph über den Zweifel: Partystimmung am Kap

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    Triumph über den Zweifel: Partystimmung am Kap
    Triumph über den Zweifel: Partystimmung am Kap Foto: DPA

    Vergessen sind die Skeptiker und Afro-Pessimisten, vergessen die sorgenvollen Blicke der Steuerzahler am Kap auf die offiziell 40 Milliarden Rand (rund 4 Milliarden Euro) teure WM-Rechnung. Südafrika sagt Hallo und hofft durch eine glanzvolle Weltmeisterschaft auf einen positiven Imagewandel.

    "Ke Nako" lautet das offizielle Motto: Es ist an der Zeit! Zeit, Afrika anders wahrzunehmen. Ein gesamtafrikanisches Fußballfest soll es werden, so hoffen die Organisatoren, eine Charme-Offensive der Extraklasse. Die WM soll 50 Jahre nach der Unabhängigkeit der ersten afrikanischen Staaten eine Trendwende einleiten. Nicht mehr die drei großen "K's" - Krise, Krieg & Katastrophe" - sollen die öffentliche Wahrnehmung prägen, sondern ein Kontinent der Chancen, der im Reigen der Schwellenländer ("Süd-Süd-Kooperation") selbstbewusst auftritt.

    "Das ist der Tod des Zweifels", hatte Chef-Organisator Danny Jordaan mit Blick auf die lange herrschende Skepsis an Südafrikas WM- Organisationstalent Ende vergangenen Jahres erklärt. Dennoch wirken selbst Südafrikaner überrascht, dass die Welt nun wirklich bei ihnen ausgelassen feiern will. Zwar wurden die zunächst recht optimistisch geschätzten Besucherzahlen angesichts der weltweiten Finanzkrise auf rund 350 000 revidiert. Und auch bei vielen Hotelbesitzern gab es lange Gesichter, da der FIFA-Partner Match Zehntausende im Voraus geblockte Hotelzimmer wenige Tage vor dem Anpfiff der WM freigab.

    Dennoch lobte der Weltfußballverband FIFA das Spektakel als hochprofitabel und absehbar eines der besten seit langem. Die Stadien werden gefüllt sein wie seit 1994 nicht mehr; rund drei Millionen Tickets wurden abgesetzt. Während in den spektakulären neuen WM- Stadien noch poliert und geprobt wird, staunt Südafrikas Regenbogennation über sich selbst. Die neue Solidarität zwischen Schwarz und Weiß ist noch etwas suspekt - sie war nach den euphorischen Jahren im Gefolge der demokratischen Wende am Kap etwas abgenutzt.

    "Derartigen Enthusiasmus und freudige Erwartung, die die ganze Nation in den vergangenen Tagen erfasst haben, hat es nicht mehr gegeben, seit Präsident (Nelson) Mandela aus der (Apartheid-)Haft entlassen worden ist", betonte Präsident Jacob Zuma. Die südafrikanische Flagge sei auf der Einkaufsliste der Südafrikaner der beliebteste Gegenstand: "Das ist für den Aufbau einer Nation positiv - die Explosion des Nationalstolzes ist ein preisloser Effekt der WM."

    Das Land hat viele der ohnehin anstehenden Infrastrukturprojekte in einem enormen finanziellen Kraftakt vorgezogen. Die Modernisierung der schwächelnden, veralteten Stromversorgung wurde begonnen - der staatliche Energieversorger Eskom hat heute einschließlich der Importe aus den Nachbarländern eine Kapazität von 42 000 Megawatt (MW). Der tägliche Spitzenverbrauch in den Abendstunden der Wintermonate liegt bei 34 600 MW. Auch die Nachbarländer stehen bereit, um in Notfällen zu helfen - obwohl jedes der WM-Stadien eigene leistungsstarke Stromerzeuger hat. Dennoch wurde die Industrie vorsorglich zum Stromsparen während der WM aufgerufen.

    Der seit Jahrzehnten angedachte Neubau des Flughafens in Durban wurde ebenso vorgezogen wie der Ausbau und die Modernisierung der Airports in den zehn wichtigsten Städten des Landes. Selbst der neue Airbus A380 konnte in Johannesburg problemlos landen. Viele Häfen wurden überholt, die wichtigsten Straßen in den Ballungszentren erneuert oder ausgebaut. Die eigentlich gar nicht zur WM geplante neue Gautrain-Schnellzugverbindung nahm auf einer Teilstrecke am Dienstag den Betrieb auf und befördert Touristen mit Tempo 160 von Johannesburgs Airport in den Nobel-Vorort Sandton.

    Ausgerechnet die jahrelang als Hochburg von Verbrechen und Verfall angesehene Wirtschaftsmetropole Johannesburg wurde zum Epizentrum der gigantischen Fußball-Party. Die nach den Goldfunden vor rund 120 Jahren entstandene Stadt liegt in knapp 1700 Metern Höhe auf dem Highveld, dem Hochplateau des Witwatersrand. Da in der Region vier WM-Austragungsorte liegen, haben sich auch die meisten Teams in der Höhenluft der Gauteng-Provinz (Johannesburg und Pretoria) angesiedelt.

    Die Sicherheitsbehörden kontrollieren alle wichtigen Zentren - für Urlauber dürfte das Land sicher wie nie zuvor sein. Rund 46 000 Polizisten werden zur WM aufgeboten. Nach einem Zwischenfall bei einem Trainingsspiel entdeckten Sicherheitsexperten, dass dem Land weniger Gefahr durch Terroristen als durch ungezügelte Fans auf den WM-Festen drohen dürfte. Sie werden oft von Kommunen organisiert und Sicherheitsdiensten kontrolliert, die mitunter überfordert sind.

    Rund 200 Millionen Euro ließ sich die Regierung eine Image-Kampagne im Vorfeld der WM kosten, die Land, Menschen und Tierwelt ins rechte Licht rückte. Skepsis bleibt dennoch im Lande angesichts der anreisenden ausländischem Berichterstatter. Im "Star" schrieb Wirtschaftsjournalistin Ann Crotty: "Eine der größten Gefahren in den kommenden Wochen wird nicht darin liegen, dass wir Vuvuzelas ausgesetzt sind, sondern der vorhersehbaren langweiligen ausländischen Berichterstattung, die jedes großartige Beispiel unserer teuren neuen Infrastruktur an der alten, unwandelbaren düsteren Realität des Alltags von Millionen unserer Bürger spiegeln wird." Der normale Fußball-Fan werde ein Vergnügen sein, "aber die Medien werden gefangen bleiben in 20 Jahre alten Klischees".

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