Es ist ein gigantischer Schatten, dem Erik Zabel entfliehen muss. Den Schatten wirft sein Vater Erik. Dieser hatte Sport-Deutschland einst euphorisiert, dann bitter enttäuscht. Sechsmal in Folge gewann Erik Zabel zwischen 1994 und 2001 das Grüne Trikot des besten Sprinters der Tour de France.
Keinem gelang das bisher häufiger. Zu den Siegerehrungen nahm er gerne seinen Sohn mit auf das Podest. 2007 folgte erst ein kleines, 2013 dann ein großes Doping-Geständnis. Seitdem ist Rick in den Augen der Öffentlichkeit nicht mehr nur der Sohn eines Radhelden, sondern auch der Sohn eines Betrügers.
Rick Zabel ist der Sohn eines Radhelden und Betrügers
Dass dem so ist, hat der 24-Jährige längst akzeptiert. Er geht offen damit um. „Warum auch nicht?“, fragt er in einem Interview mit der WAZ kurz vor dem Start der Tour de France an diesem Wochenende. Und weiter: „Das kann man ja nicht verleugnen. Das ist so passiert.“ Diese Einstellung ist vermutlich die einzige, die es einem erlaubt, trotz einer solch speziellen Vorgeschichte eine Karriere in dem Sport zu starten, der wie kein anderer unter der Geißel Doping litt und leidet.
Früh habe er durch das Geständnis seines Vaters lernen müssen, was es bedeutet, „sowohl himmelhoch jauchzend als auch am Boden zu sein“, beschreibt Zabel jun. den tiefen Fall seines Vaters. „In so einer Situation will ich niemals sein.“
Im vergangenen Jahr schaffte es Rick Zabel erstmals in die Mannschaft, die sein Arbeitgeber Katusha Alpecin zur Tour de France schickte. Als Debütant war seine Rolle als Wasserträger klar definiert. Schnell dürfte ihm aber auch klar gewesen sein, warum das berühmteste aller Radrennen die „Tour der Leiden“ genannt wird.
Er biss die Zähne zusammen
Gleich während des Zeitfahrens zum Auftakt in Düsseldorf stürzte Zabel auf regennasser Fahrbahn und zog sich einen Bänderriss zu. Trotzdem machte er weiter – und stürzte auf der nächsten Etappe gleich noch einmal. Rick Zabel biss die Zähne zusammen und quälte sich durch die 3540 Kilometer. Das Ziel in Paris erreichte er auf Platz 145.
In diesem Jahr soll alles anders werden. Am heutigen Samstag starten die Radprofis auf der Insel Île de Noirmoutier zu einer 201 Kilometer langen Flachetappe. Im Blickpunkt könnte dabei Zabels Teamkollege Marcel Kittel stehen, einer der stärksten Sprinter im Feld.
Radsport: Unfälle gehören zum Berufsrisiko
Dass Zabel ihn auf dem Weg ins Ziel unterstützen kann, hing Ende Juni plötzlich an einem seidenen Faden. Während des Trainings war er mit einem Auto kollidiert. Zabel hatte Glück im Unglück, der Unfall endete mit zahlreichen Prellungen und einem gehörigen Schreck.
Schon früh hatte Zabel entschieden, dass Ereignisse dieser Art zu seinem Berufsrisiko gehören. 2011 verließ er das Gymnasium ohne Abitur. Er setzte alles auf den Radsport und unterschrieb seinen ersten Profivertrag. Es war eine mutige Entscheidung. Denn seitdem fährt er nicht nur um Siege, sondern auch aus dem langen Schatten seines Vaters.
Das sind die schönsten Radtouren im Allgäu: