Sebastian Vettel verzog sich nach dem Ferrari-Totalschaden von Österreich voller Frust. Ein von seinem Stallrivalen Charles Leclerc verschuldeter Crash beim zweiten Formel-1-Rennen in Spielberg stürzte die Scuderia am Sonntag endgültig in die Krise. Nicht mal die Abbitte des Monegassen beim souveränen ersten Saisonsieg von Mercedes-Pilot Lewis Hamilton konnte Vettel trösten.
Die Ferrari-Abschiedstour des viermaligen Weltmeisters wird nach der unnötigen Kollision vom Sonntag immer mehr zur Lachnummer. "Es ist im Moment schwer, weil das Negative überwiegt", sagte der 33-Jährige aus Heppenheim nach seinem Ausfall in der ersten Runde. "Wir müssen weiter kämpfen und versuchen, alles zu geben." Hinter Dominator Hamilton wurde Valtteri Bottas im zweiten Silberpfeil Zweiter. Max Verstappen im Red Bull schaffte es auf Rang drei.
Ferrari-Chaos: Leclerc beförderte seinen Teamkollegen Vettel aus dem Rennen
Eine Woche nach seinem ernüchternden zehnten Platz zum Auftakt an gleicher Stelle war der Grand Prix der Steiermark für Vettel früh vorbei. Weil ihm Leclerc, in der Vorwoche noch Zweiter, mit einem unbedachten Manöver in Kurve drei heftig ins Auto fuhr und sein Heckflügel sofort wegbrach, musste der Hesse den ohnehin lahmenden Ferrari an der Box abstellen. "Ich hatte schon zwei Autos neben mir, wollte mich aus allem raushalten. Drei Autos in einer Kurve geht nicht", sagte Vettel. "Ich habe nicht damit gerechnet, dass Charles etwas versucht. Ich denke nicht, dass da Platz war."
Nur vier Runden später war auch für Leclerc aus Monaco Schluss. "Ich habe es komplett verbockt, mein Fehler", sagte der 22-Jährige. Der Youngster hatte sich bei dem Crash den Unterboden ruiniert. Weiterfahren? Unmöglich. "Ich habe einen sehr schlechten Job gemacht und das Team im Stich gelassen", sagte Leclerc, der sich kleinlaut bei Vettel entschuldigte. "Ich hoffe, dass ich daraus lerne. Das ist eine harte Zeit fürs Team, wir brauchen so etwas nicht."
Ferrari-Teamchef sprach vom "schlechtesten Abschluss eines schwierigen Wochenendes"
Erst im vergangenen Jahr in Brasilien waren Vettel und Leclerc kollidiert und anschließend ebenfalls ausgeschieden. Damals hatten sie sich auf offener Strecke bei hoher Geschwindigkeit beharkt. In der Folge hatte es viel Ärger für Piloten und Teamführung auch von der Ferrari-Konzernspitze gegeben - das dürfte sich nun wiederholen. "Das tut schon weh, wenn beide Fahrer nach zwei Runden ausscheiden", sagte Ferrari-Teamchef Mattia Binotto und sprach vom "schlechtesten Abschluss eines schwierigen Wochenendes".
Die Italiener sehen in Leclerc die Zukunft, der Heißsporn wurde erst mit einem Vertrag bis Ende 2024 ausgestattet, während Vettel Ende 2020 nach sechs Jahren gehen muss und noch kein Cockpit für 2021 hat. "Ich weiß nicht, welche Lücke der Charles gesehen hat", sagte Vettel und ergänzte ziemlich angefressen: "Es ist extrem bitter."
Während Weltmeister Hamilton an der Spitze souverän seine Führung verteidigte und ihm vor leeren Rängen bei zweiten Geisterrennen der Formel-1-Historie niemand gefährlich werden konnte, brodelte es bei Ferrari. Das Werksteam hatte nach dem durchwachsenen Auftakt extra ein Upgrade-Paket mit neuem Frontflügel und neuem Unterboden vorgezogen. Doch es kam einen Tag nach der schwierigen Regen-Qualifikation erst gar nicht dazu, mit der Konkurrenz mitzufahren. Vettel hatte schon einen schwachen Start erwischt und war von Rang zehn weiter zurückgefallen. Leclerc, der als 14. in den Großen Preis ging, hatte auch keine gute Perspektive.
"Es macht schon Lust, aber das Rennen ist extrem kurz gewesen", sagte Vettel: "Das ist schade, gerade nach letzter Woche. Heute wäre es viel besser gewesen als letzte Woche, das habe ich schon gemerkt. Aber dazu kam es ja nicht." In der kommenden Woche in Ungarn hat Ferrari zwar die Chance, es besser zu machen. Dass es reicht, um Mercedes ernsthaft zu gefährden, bleibt aber mehr als fraglich.
Die schwarz lackierten Silberpfeile holten auch den zweiten Sieg der durch die Coronavirus-Pandemie verkürzten Saison. Eine Woche nach Bottas machte der 35 Jahre alte Brite Hamilton den ersten wichtigen Schritt zu seinem siebten WM-Titel. Sollte er in diesem Jahr erneut Champion werden, würde er nach Titeln mit Rekordweltmeister Michael Schumacher gleichziehen.
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