Jadon Sancho ist auf dem Fußballplatz eine Erscheinung. Kein anderer Spieler in der Geschichte der Bundesliga war so jung, als er sein 25. Tor in der höchsten deutschen Spielklasse schoss. Der englische Nationalspieler, der aktuell mit Manchester United in Verbindung gebracht wird, ist aber auch abseits des Platzes jemand, der sich gerne zeigt. Zu sehen ist dies regelmäßig auf dem Instagram-Account des Engländers.
Luxus im Fußball: Ex-BVB-Spieler Jadon Sancho fliegt nach Dubai und isst goldenes Steak
Besonders luxuriös ging es in der vergangenen Winterpause zu, als Sancho Dubai einen Besuch abstattete. In den Wüstenstaat ging es in Designerklamotten und mit einer privaten Chartermaschine. In dem Emirat ging es mit einem Lamborghini zu einem Zoo, wo Sancho einen Bären fütterte, auf eine Yacht und mit einem Buggy durch die Wüste. Am Ende des Trips ließ sich Sancho ein mit Blattgold verziertes Steak schmecken. Sancho hatte auch ein eigenes Kamerateam dabei, das die Tour filmte und danach auf den sozialen Netzwerken verteilte. Sanchos Verein, Borussia Dortmund, fand den Auftritt reichlich daneben und tat dies auch öffentlich kund. Am generellen Umgang Sanchos mit Konsum dürfte das nichts geändert haben: Der 20-Jährige genießt es, sich mit teuren Klamotten zu zeigen und ist damit längst nicht alleine.
Doch kann man sich als Teenager diesem Reiz überhaupt entziehen? Der heute 31 Jahre alte Profi Neven Subotic, Verteidiger bei Union Berlin, beschrieb sein eigenes Umfeld als Jungprofis wie folgt: "Ich hatte ein Haus und drei Autos. Du kommst als Jüngster in eine Mannschaft und orientierst dich schlicht an den Älteren. Die machen das so, also machst du das auch so: Haus, Autos, Party." Subotic hat heute Abstand zu der Szene gewonnen, der 31-Jährige kommt heute mit der Monatskarte statt mit dem Sportwagen zum Training. Er warnt aber auch davor, leichtfertig den Stab über einen Jungprofi zu brechen: "Der Umkreis um einen ist auch nicht zwingend förderlich, da es für alle eine orientierungslose Luxussituation ist."
Wirtschaftsphilosoph Wallacher: Fußballer wollen immer noch exklusiver sein als die anderen
Teilweise mutet das Protzen mit dem Luxus auch wie ein Wettlauf an – wie sonst wäre das Verspeisen goldener Steaks zu erklären? Johannes Wallacher ist Wirtschaftsökonom und Präsident der Hochschule für Philosophie München. Er spricht von einem Statuswettlauf, der unter den Profi-Fußballern herrscht. Es gehe darum, beim Konsumverhalten noch eine Schippe drauf zu legen, noch eine Spur exklusiver oder teurer zu sein: "Die hedonistische Tretmühle wird immer stärker bedient."
Wallacher bezieht sich in diesem Zusammenhang auf den Veblen-Effekt, der nach dem US-amerikanischen Soziologen Thorstein Veblen benannt ist. Dieser besagt, dass die Nachfrage für Luxus-Güter bei einer bestimmten wohlhabenden Klientel steigt, wenn auch der Preis steigt. Je teurer, desto begehrter – das galt für die englische Oberschicht des frühen 20. Jahrhunderts, die Veblen beobachtete – und das gilt auch für die heutigen Profifußballer, die dank üppiger TV-Verträge ihrer Klubs exorbitante Gehälter beziehen. Dass Profi-Fußballer ihren Wohlstand online noch besser zeigen können, verstärke dies: "Die Inszenierung in sozialen Medien kommt noch dazu."
Wallacher: Profi-Fußballer haben auch Vorbildfunktion, das macht ihr Konsumverhalten fragwürdig
Einen Konsumwettlauf habe es gewissermaßen schon immer gegeben – fragwürdig sei das Verhalten der Fußballprofis wegen ihrer Vorbildfunktion dennoch, befindet Wallacher – und nimmt sowohl die Profis selbst, ihre Berater wie auch die Vereine in die Pflicht: "Diejenigen, die hier eine Verantwortung haben, versagen. Der Statuswettlauf kommt mit dem Turbo daher." Dazu gehört es auch, dass Sportstars längst eigene Firmen haben, die sich auf die Bedürfnisse der Sportstars spezialisiert haben: Es gibt Innenarchitekten, die hauptsächlich Profi-Fußballer betreuen, Friseure und Tätowierer, die eigens von den Kickern eingeflogen werden, ein Mobilfunkhändler versorgt die Fußballer mit den neuesten Smartphones – es ist eine eigene Konsum-Welt für Kicker.
Dass dennoch viele Fans ihren Vorbildern aus dem Profisport nacheifern wollen, treibt absurde Blüten: Vor dem Superbowl 2016 trug der Footballprofi Cam Newton eine 850 Dollar teure Hose von Versace im Zebra-Muster. Kurz nachdem die Bilder von Newton in der Hose erschienen, war das Kleidungsstück weltweit ausverkauft.
Online-Plattform Tivela bietet die Outfits von Profi-Fußballern zum Nachkaufen an
Dass Fans den Stil ihrer Stars nacheifern – daraus hat Sven Wenzel ein Geschäft gemacht. Zusammen mit dem ehemaligen Nationalspieler Mike Hanke betreibt er seit 2017 die Online-Plattform Tivela. Deren Konzept: Wer nicht nur das Spiel des Lieblingsfußballers, sondern auch dessen Kleidungsstil bewundert, kann diesen bei ihm nachkaufen. Das Shopping-Modell kommt aufwendig daher – etwa mit Fotoshooting mit den 120 Profi-Spielern, die bei Tivela unter Vertrag stehen. Langfristiges Ziel sollen etwa 1000 bis 1500 Kicker sein.
Einer von ihnen zum Beispiel Philipp Max vom FC Augsburg. Wer sich für den Stil des Verteidigers interessiert, kann auf der Homepage auf ein Bild von Max klicken – sofort werden die Kleidungsstücke angeboten, die der FCA-Spieler trägt. Wenzel erklärt das Modell wie folgt: "Spieler wollen immer mehr zur Marke werden – und die Fans wollen Nähe. Da ist die Vermarktung noch viel zu passiv." Er sieht seine Unternehmen als Schnittstelle, wichtig sei dabei die Authentizität. Für die Fußballer wiederum gehe es darum, sich ein zweites Standbein nach der Karriere aufzubauen, betont Wenzel.
Dass sich längst nicht jeder Fan eine 850 Dollar teure Versace-Hose kaufen kann, ist Wenzel bewusst. Deswegen soll es neben der Möglichkeit, das Original-Kleidungsstück zu kaufen, auch eine preisgünstigere Alternative geben. Wenzel betont aber auch: "Die Fans, die sich für 15 Euro eine Karte kaufen, sind jetzt nicht unbedingt unsere Zielgruppe."
Lesen Sie dazu auch:
- Zwei Menschen verzichten auf Konsum: Warum Einkaufen (nicht) glücklich macht
- Warum braucht unsere Wirtschaft den Konsum?
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.