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Tennisfinale: Novak Djokovic gewann Wimbledon mit mentaler Stärke

Tennisfinale

Novak Djokovic gewann Wimbledon mit mentaler Stärke

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    Novak Djokovic küsst bei der Siegerehrung die Trophäe für den Finalgewinner.
    Novak Djokovic küsst bei der Siegerehrung die Trophäe für den Finalgewinner. Foto: Mike Egerton/PA Wire, dpa

    Zwei Stunden lang war Novak Djokovic schon durch die Studios des Internationalen Fernsehzentrums von Wimbledon marschiert, da bekam er noch einmal die Frage aller Fragen serviert. Werde man ihn, den Meister aller Klassen, die Nummer eins der Welt, den aktuellen Champion von Wimbledon, der US Open und der Australian Open, dereinst auch einmal so lieben und verehren wie seinen Gegner Roger Federer? Djokovic blickte einen Moment versonnen und nachdenklich drein. Dann sagte er etwas offiziös: „Respekt würde mir grundsätzlich schon genügen.“

    Djokovic kämpfte nicht nur gegen Roger Federer

    Mehr Respekt als an diesem 14. Juli 2019, an seinem vermutlich größten Tennistag überhaupt. Am Tag, als er den Liebling der Massen, den Alt-Meister Roger Federer, in fünf Sätzen und fünf Stunden niederrang, im längsten und einem der größten Wimbledon-Finals der Geschichte. Djokovic kämpfte nicht einfach nur gegen den Mann auf der anderen Seite des Netzes, sondern gegen ein ganzes Stadion.

    „Novak verdient eindeutig mehr Akzeptanz“, sagte Boris Becker, einst Trainer des 32-jährigen Serben. „So, wie er heute behandelt worden ist, geht das nicht ganz in Ordnung. Er ist auch ein großer, ein überragender Champion, genau wie Federer oder Nadal.“

    Djokovic ist drauf und dran, die beiden älteren Titanen zu überholen. Er macht auch gar keinen Hehl daraus, dass genau dies sein Ziel ist. „Warum auch nicht? Das sollte die Motivation jedes Spielers sein“, sagte Ex-Superstar John McEnroe, „es freut mich, dass er seine Ambition so klar formuliert.“

    Novak Djokovic: Gegen Roger Federer in Wimbledon zu spielen, sei eine "Inspiration"

    Schon auf dem Centre Court, ein paar Minuten nach dem Ende des ersten Wimbledon-Tie-Breaks im entscheidenden fünften Satz, hatte der alte und neue Titel-Held des Rasenfestivals seinen Machtanspruch formuliert, wenn auch in einer eleganten Umhüllung. Federer mit seinen 37 Jahren auf dem Centre Court in dieser Klasse spielen zu sehen, sei eine „Inspiration“, so Djokovic, „das spornt mich an, auch noch mehr zu wollen“.

    Noch vor dem Spiel lächeln Novak Djokovic (links) und Roger Federer in die Kamera.
    Noch vor dem Spiel lächeln Novak Djokovic (links) und Roger Federer in die Kamera. Foto: Laurence Griffiths/Pool/PA Wire, dpa

    Tatsächlich ist Djokovic ohnehin schon der sportlich beeindruckendste Spieler der jüngeren Vergangenheit. Seit 2011 stand er 260 Wochen an der Spitze der Weltrangliste, alle anderen Spieler kamen zusammen nur auf 160 Wochen. Djokovic gewann 15 der vergangenen 35 Grand Slam-Turniere – Nadal neun und Federer vier. Gegen beide hat er eine positive Matchbilanz.

    In der Kombination aus Grand Slams, Masters-Turnieren und WM-Finals liegt Djokovic mit 57 Titeln nun gleichauf mit Federer. Aber er hat fast 50 Turniere weniger gebraucht, um sich in diese Höhen aufzuschwingen. „Novak ist spät zur großen Party hinzugestoßen, zur Party von Federer und Nadal. Aber jetzt ist er der Partyschreck für die anderen“, sagte Becker, „und er wird es auch bleiben.“

    Roger Federer war ider eigentlich besserer Tennisspieler

    Federer war früher der Meister der Big Points. In seiner Glanzzeit zermürbte er seine Rivalen mit Coolness und irritierender Selbstverständlichkeit. In Djokovic hat der Maestro aber seinen Meister gefunden, das Finaldrama am Sonntag illustrierte es eindrucksvoll: Federer war der eigentlich bessere Spieler, er führte fast alle Statistiken an, machte mehr Punkte, schlug mehr Asse. Aber in drei Tiebreaks verlor er das Spiel.

    Federer leistete sich in diesen Momenten elf leichte Fehler, Djokovic keinen. Und das auf einem Centre Court, auf dem Djokovic nach dem Gefühl des früheren australischen Champions Pat Cash „gegen Federer und noch einmal 15.000 Federers anspielte“. Es sei eine „Monsterleistung“ von Djokovic gewesen, so Cash, „das wegzustecken. Andere wären in so einer Atmosphäre zusammengebrochen.“

    Aber nicht Djokovic. Er radierte sogar Matchbälle Federers aus, beim Stand von 7:8 und 15:40 im fünften Satz, in der Verlängerung, als beide wie Boxer in einem WM-Schwergewichtsfight umher taumelten.

    Djokovic hat sich intensiv auf dieses Wimbledon-Finale vorbereitet

    Djokovic ist ein Perfektionist, der in seiner Karriere nichts dem Zufall überlässt. Grand Slams sind immer auch heilige Missionen für ihn, er reist mit großem Stab an, mit eigenem Koch, mit mehreren Trainern, mit Fitnesscoach. Aber am Ende geht es vor allem um ihn selbst, um den Djoker und seinen Gefühlszustand. Er habe sich intensiv auf dieses Finale vorbereitet, sagte Djokovic, „ich habe mir immer wieder vorgestellt, was da draußen passieren wird. Auch, wie ich gewinne, den Pokal hochhalte.“

    Mental sei das Match gegen Federer „das schwerste überhaupt“ gewesen, sagte Djokovic, „es war ein ständiger Kampf mit mir selbst“. Aber Djokovic gewann diesen Kampf, vielleicht auch wegen seiner besonderen Wahrnehmung: „Als die Leute immer wieder ,Ro - ger´ riefen, hörte ich ,No - vak´“. Seine Zuhörer im Pressesaal lachten in diesem Moment, doch Djokovic beharrte darauf: „Genau so war es.“

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