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Tennis: Zverev schafft die Sensation

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Zverev schafft die Sensation

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    Der einstige Weltranglisten-Erste Novak Djokovic musste sich dem jungen Deutschen in zwei Sätzen geschlagen geben.
    Der einstige Weltranglisten-Erste Novak Djokovic musste sich dem jungen Deutschen in zwei Sätzen geschlagen geben. Foto: Tiziana Fabi, afp

    In der Werbekampagne der Spielergewerkschaft ATP ist er einer der großen Stars der „NextGeneration“-Kampagne, eins der jungen Tennis-Gesichter der Zukunft. Doch Alexander Zverev stellt die Zeitrechnung in seinem Sport gerade äusserst tüchtig auf den Kopf, seine Karriere erhält in diesen Tagen eine Beschleunigung der fast schon unheimlichen Art. Spätestens seit diesem 21. Mai, einem strahlend schönen Frühlingstag in Rom, muss sich erst recht niemand auf ein ungewisses Morgen vertrösten, wenn es um große Erfolgsmomente für den 20-jährigen Hamburger geht: „Es ist ein unglaubliches Erlebnis, ein unglaublicher Sieg. Ein Tag, den ich nie vergessen werde“, sagte Zverev, als ihm beim Masters-Turnier in der italienischen Kapitale sein bisher größtes Meister- und Kunststück gelungen war, ein formvollendeter 6:4, 6:3-Sieg gegen Titelverteidiger und Ex-Frontmann Novak Djokovic bei dem Topturnier.

    Nicht allein der Sieg des deutschen Himmelsstürmers war eine Überraschung, sondern mehr noch der abgebrühte, zupackende Auftritt im ersten größeren Endspiel seiner Laufbahn. „Fantastisch“ nannte Djokovic den Finalvortrag des Deutschen, den er nach Matchende intensiv umarmte und beglückwünschte: „Er hat Großes vor sich. Er ist auf dem Weg zu einem Champion.“ Da paßte es ins Bild dieses Finaltages, dass der offizielle Zeremonienmeister für Zverev nach dem Sieg kein Geringerer als Rod Laver war, der zweimalige Gewinner des echten Grand Slams. Als ihm der Australier den Cup überreichte, konnte Zverev dann auch die Tränen der Rührung nicht mehr verbergen: „Ich bin überwältigt“, sagte er, „mir fehlen wirklich die Worte.“

    Es war ein denkwürdiger Tag für Zverev, überhaupt aber für das deutsche Herrentennis. Denn mit Zverev gewann erstmals ein Spieler, der in den 90er Jahren geboren wurde, einen der bedeutenden Titel auf der Tour – bisher hatten die Großen Vier mit Roger Federer, Rafael Nadal, Andy Murray und Novak Djokovic auch die Masters-Wettbewerb eisern in ihrem Griff gehabt. Djokovic und Nadal teilten sich zuletzt sogar elf der letzten zwölf Titel untereinander auf – und der Serbe unternahm in diesem Endspiel von Rom gar den Versuch, den 31. Rekordtitel bei diesen Elitewettbewerben zu gewinnen. Doch der Mann, der von Anfang 2015 bis Mitte 2016 die überragendste Nummer 1 aller Zeiten gewesen war und auch den Rom-Titel in der vergangenen Saison eingestrichen hatte, war in der 2017er-Auflage der Internationalen Meisterschaften Italiens komplett chancenlos – und zwar, ohne selbst völlig enttäuschend zu spielen. Djokovic, der am Samstag noch Österreichs Shootingstar Dominic Thiem kräftig im Halbfinale abgewatscht hatte und bei den French Open von Andre Agassi betreut werden wird, wirkte von Beginn an in der Defensive – nicht jemand, der das Spiel zu seinen Bedingungen antrieb. Sondern wie ein Getriebener, wie jemand, der seinen Willen, seine Spielidee partout nicht entfalten kann. Zverev servierte kontinuierlich mit Präzision und Power. Bis zum Ende der Partie musste Zverev keinen einzigen Breakball abwehren, jede ansatzweise kritische Situation regelte er mit dieser verblüffenden Coolness, die ihm inzwischen zu eigen ist. Vor 16 Jahren gewann Tommy Haas als letzter Deutscher einen dieser begehrten Masters-Titel, damals noch bei den Stuttgarter Eurocard Open. Haas, der gerade auf einer Abschiedstournee unterwegs ist, war auch der letzte DTB-Profi, der einen der Top Ten-Plätze im Eliterevier des Wanderzirkus belegte, vor zehn Jahren. Dass er in einer der Tennisepoche, in der Karrieren oft erst Mitte Zwanzig Fahrt aufnehmen, nun schon in den Top Ten aufgelistet ist, spricht für Zverevs Klasse – und seine Perspektive im Welttennis. Viele große Talente scheiterten in den letzten Jahren, sogar Jahrzehnten aus vielerlei Gründen, mal lähmte der Erwartungsdruck, mal stimmte das persönliche Umfeld nicht. Zverev hat seine Verhältnisse inzwischen wohlgeordnet, er beschäftigt neben einem persönlichen Fitneßtrainer auch einen eigenen Physiotherapeuten.

    Seit Wochen spielt er auf höchstem Niveau, ohne dass man ihm die Strapazen ansieht. „Das Wissen, das man physisch alles durchsteht, gibt einem große innere Beruhigung“, sagt Zverev. Einen Nebeneffekt hat der große Tag von Rom auch: Der Tennis-Kaiser aus dem Foro-Italico wird nun auch als Mitfavorit für die French Open gehandelt.

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