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Super League: Die Super League der außergewöhnlichen Gentlemen

Super League

Die Super League der außergewöhnlichen Gentlemen

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    Log derart, dass selbst Uefa-Boss Ceferin empört war: Andrea Agnelli.
    Log derart, dass selbst Uefa-Boss Ceferin empört war: Andrea Agnelli. Foto: Salvatore Di Nolf, dpa

    Niemand kann sagen, Florentino Perez würde vorschnell aufgeben. Der Präsident steht wie ein Monolith inmitten in sich zusammengefallener Sandburgen. Nein, die von ihm initiierte Super League sei keinesfalls schon wieder Geschichte, sie stehe allenfalls "auf Standby", sagte er Donnerstagmorgen. Da hatten sämtliche der sechs englischen Gründungsmitglieder schon wieder ihren Rückzug angekündigt, die italienischen Klubs kleinlaut bei ihren Fans um Vergebung gebeten und lediglich die verachtete Konkurrenz des FC Barcelona sich noch nicht durchringen können, das Aus offiziell zu verkünden.

    Perez aber weigert sich, aus dem Milliarden-Euro-Traum aufzuwachen. "Es ist klar im Vertrag, dass du nicht gehen kannst", pocht der Spanier auf ein Schriftstück, das mit Sicherheit wohlfeil formuliert ist. Allerdings weiß das madrilenische Oberhaupt aus seiner langjährigen Berufserfahrung als Baumagnat und Real-Präsident sicherlich um die Seitenausgänge eines Kontrakts.

    Der Leumund der Super-League-Macher ist befleckt

    Perez war (oder seiner Meinung nach: ist) Präsident der Super League. Er ist ein König ohne Reich. Wie das eben so mit Herrschenden ist, denen Land und Leute abhandenkommen, hapert es manchmal mit Akzeptanz der Realität. Den Kritikern der Super-League-Pläne hielt er entgegen, es sei "komplett falsch" zu denken, dass dieses Projekt bereits tot sei: "Wir arbeiten daran. Es wird etwas herauskommen, von dem die Welt denkt, dass es das Beste ist." Das dürfte schwer werden, was auch mit dem nun nicht mehr ganz unbefleckten Leumund der Vereinsbosse zu tun haben könnte. Nun handelt es sich bei den Bossen nicht um verurteilte Straftäter, der Verbrechen derer sie sich am Spitzenfußball zu verantworten haben, wird sich Fan aber noch lange erinnern.

    Dabei unterscheidet sich die Motivation in zwei verschiedene Lager. Selbstredend ging es allen zwölf Männern (Frauen sind in den Führungszirkeln der Klubs selten) um Geld. Wer im Angesicht von 3,5 Milliarden Euro Startkapital nicht zumindest kurz zuckt, sollte vielleicht Investmentbanker bei J.P. Morgan werden, nicht aber einen Fußballklub führen.

    Das Geschwisterpaar Avram (links) und Joel Glazer lenkt die Geschicke bei Manchester United – sehr zum Missfallen der Anhänger.
    Das Geschwisterpaar Avram (links) und Joel Glazer lenkt die Geschicke bei Manchester United – sehr zum Missfallen der Anhänger. Foto: Martin Rickett, dpa

    Während aber die hauptsächlich von US-amerikanischen Investoren geführten englischen Klubs die Gelder gerne in die eigenen Taschen hätten abfließen lassen, planten die Vereine in Italien und Spanien die Millionen dafür ein, ihr ruinöses Geschäftsgebaren noch wenigstens ein paar Jahre weiterführen zu können. "Es war, als hätten wir jemanden getötet. Es war, als hätten wir den Fußball getötet. Aber wir versuchen, einen Weg zu erarbeiten, um den Fußball zu retten", hat Perez seine eigene Sicht der Dinge. Die allerdings die Möglichkeit ausschließt, dass auch dann noch Fußball gespielt wird, wenn kein einziger Euro fließen sollte. Selbst wenn die Stars nur die Hälfte ihrer Millionen-Gagen kassieren, hätte das kaum Auswirkungen auf die Qualität im Top-Bereich. Wahrscheinlicher als das Perez den Fußball retten wollte, ist, dass er Real in der derzeitigen Form retten wollte.

    Den Glazers gehören auch die Tampa Bay Buccaneers

    Das unterscheidet ihn beispielsweise von Manchester-United-Besitzer Joel Glazer. Dessen Familie ist auch Eigner des Football–Teams Tampa Bay Buccaneers. Um die Finanzierung seines Teams sorgt sich Glazer nicht – er will Rendite sehen. Das wiederum missfällt den Fans, so musste Glazer das Stadion in Manchester schon einmal unter Polizeischutz verlassen. Ähnlich schlecht gelitten hat Arsenal-Besitzer Stan Kroenke. Auch er US-Amerikaner. Auch er Besitzer eines Football-Teams. Während er im vergangenen Jahr sein Vermögen auf über acht Milliarden Euro steigerte, entließ Arsenal 55 Mitarbeiter. Reiche Menschen sind nicht reich, weil sie großzügig mit Geld umgehen. Den amerikanischen Investoren aber scheint es für das Verständnis der europäischen Fankultur zu fehlen. Mit einem geschlossenen Ligensystem wie in den USA können die Anhänger hier wenig anfangen.

    Quarterback der Tampa Bay Buccaneers: Tom Brady.
    Quarterback der Tampa Bay Buccaneers: Tom Brady. Foto: Mark Lomoglio/AP, dpa

    Juve-Direktor Andrea Agnelli hingegen weiß genau um die Befindlichkeiten der Fans. Das hinderte ihn aber nicht daran, vor vier Jahren das Wappen des Traditionsvereins ändern zu lassen. Begründung in Kurzform: Das neue kommt besser in den sozialen Medien an. Über die finanzielle Ausstattung muss sich Familie Agnelli keine Sorgen machen. Zum Firmenimperium zählen unter anderem Fiat und Ferrari. Juventus drängte in die Super League, um sich neue Märkte in Asien und Nordamerika zu erschließen. Ob der Fan von China oder dem Piemont aus zujubelt, ist Agnelli egal. Auch er aber wird sich vorerst wieder mit seinem Klub zurück in den Schoß der Uefa begeben. Zwar schalt ihn Präsident Aleksander Ceferin, der größte Lügner zu sein, der ihm je untergekommen ist. Letztlich aber gilt auch für die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.

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