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Skispringen: Karl Geiger zieht, jubelt und holt die erste deutsche WM-Medaille

Skispringen

Karl Geiger zieht, jubelt und holt die erste deutsche WM-Medaille

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    27.02.2021, Deutschland, Oberstdorf, FIS Nordische Ski Weltmeisterschaften 2021, Ski nordisch, Nordische Ski WM 2021, Wintersport, NWM SJ Einzelbewerb Herren HS 106, Skispringen, Ski Jumping, Normalschanze, Men Normal Hill Individual GEIGER Karl GER Silbermedaille
    27.02.2021, Deutschland, Oberstdorf, FIS Nordische Ski Weltmeisterschaften 2021, Ski nordisch, Nordische Ski WM 2021, Wintersport, NWM SJ Einzelbewerb Herren HS 106, Skispringen, Ski Jumping, Normalschanze, Men Normal Hill Individual GEIGER Karl GER Silbermedaille Foto: Mathias Wild

    Als Karl Geiger vom Bakken der kleinen Schattenbergschanze abspringt, kommt ein leises, aber deutlich vernehmbares "Ziiiieh" von den oberen Rängen. Über den Pappkameraden sitzen einige Helfer – mit Abstand und Masken – auf der Tribüne und feuern ihren "Karle" an. Im Flug ist es egal ob 25.000 oder 25 Fans die Flieger anfeuern, sie hören es sowieso nicht. Aber schaden kann es auch nicht, also: "Ziiiieh!" Geiger legt sich an diesem Samstagabend unter dem vernebelten Nebelhorn zwei Mal gekonnt in die Luft und holt mehr, als zu erwarten war.

    Der Oberstdorfer springt im Einzelwettkampf von der Normalschanze zu Silber und freut sich auf seine eigene, bescheidene Art: "Eine Weltmeisterschaft zu Hause, das wird es vermutlich genau ein Mal in meiner sportlichen Karriere geben. Dass ich zum Punkt X dastehe und Silber holen darf, das ist schon was ganz Besonderes."

    So viel Spannung war Karl Geiger eigentlich nicht recht

    Der Wettkampf verläuft spannender, als von Geiger selbst gewünscht. "Mir wäre es ohne Druck auch lieber." Den gibt es reichlich vor dem Heimspiel. Geiger erlebt eine Saison, die mit dem abgenutzten Begriff "Achterbahnfahrt" nur unzureichend beschrieben werden kann. Für die Höhepunkte sorgt der 28-Jährige selbst. Bei der Skiflug-WM in Planica holt der Allgäuer den WM-Titel. Danach wird er positiv auf das Coronavirus getestet und zwischen Quarantäne und Trockentraining in den eigenen vier Wänden noch Vater einer Tochter. Überraschend schnell kehrt Geiger ins deutsche Team zurück. Auf Anhieb triumphiert er beim Auftaktspringen der Vierschanzen-Tournee vor zwei Monaten in seiner Heimat.

    Doch ausgerechnet vor der Heim-WM gerät sein Flugsystem aus den Fugen. Er grübelt über die Ursachen und weiß: "Wenn die Weltmeisterschaft vor drei Wochen gewesen wäre, dann hätte ich genauso auf die Nase gekriegt, wie im Weltcup. Ich bin nicht mehr ins Fliegen gekommen", erzählt der Springer im Auslauf. Er habe gerätselt und nicht aufgehört zu arbeiten. In den Tagen vor dem ersten WM-Einsatz sucht er Rat in seinem Buch, in dem er seine sportlichen Leistungen dokumentiert und kommentiert.

    Geiger ist auf der Lösungssuche erfolgreich. Im ersten Sprung trägt es ihn auf 103,5 Meter. Nach der Landung ballt er die linke Faust. Noch ist es Blech, der vierte Platz. Vor dem Allgäuer liegen an der Spitze der Pole Piotr Zyla, der Slowene Anze Lanisek und Ryoyu Kobayashi aus Japan.

    Die Siegerehrung in Oberstdorf wird zur Familienfeier der Geigers

    Die Anspannung ist vor dem Finale noch höher. Der Oberstdorfer hat einen Plan für seinen zweiten Sprung. "Ich habe geschaut, dass die Beine anrauchen was geht, alles was ich drin habe." Als viertletzter Starter landet er bei 102 Metern und jubelt, noch ohne zu wissen, ob es für Edelmetall reicht. Den Sprung schildert der DSV-Adler so: "Nach dem Tisch habe ich gemerkt: Hui, jetzt hebt es mich aber so richtig raus. Dann über die grüne Linie und bitte, bitte, bitte lass es für etwas reichen." Es reicht zu Silber. Der Pole Zyla ist nicht zu halten, doch weil Lanisek und Kobayashi im zweiten Versuch Nerven zeigen, überholt Geiger die Konkurrenten und landet auf Platz zwei.

    Die Siegerehrung im Stadion am Schattenberg wird zur Familienfeier. Seine Frau Franziska und seine kleine Schwester Lucia sind in der Helfer-Testblase und dürfen deshalb den Athleten näher kommen, also dem Bruder und Mann zumindest gratulieren. Geiger: "Das hat mich extrem gefreut." Der Oberstdorfer holt am dritten Wettkampftag Edelmetall für die Gastgeber. Es ist die erste Medaille für den Deutschen Ski-Verband bei den Nordischen Ski-Weltmeisterschaften und sein einstiger Zimmerkollege reagiert gewohnt emotional. Mitten im Interview bricht Markus Eisenbichler mit einem lauten "Karl" das Gespräch ab und rennt zu seinem Teamkollegen, um zu gratulieren.

    Auch wenn Eisenbichler mit seinem Kumpel ein gemeinsames Bier am Abend ankündigt: Zum Feiern bleibt wenig Zeit. 24 Stunden später steht der nächste Wettkampf an. Nach dem Team-Mixed am Sonntag geht es in der kommenden Woche auf die große Schanze. Auf die Frage, was er zum Silber-Triumph in sein Buch notieren werde, meint Geiger lachend: "Grundsolide."

    Egal was noch kommt in dieser außergewöhnlichen Saison des Karl Geiger – er wird es aufschreiben. In diesem Winter ist schon so viel passiert, da kann man schnell den Überblick verlieren.

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