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Skispringen: Karl Geiger vor Vierschanzentournee: „Es ist unwirklich“

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Karl Geiger vor Vierschanzentournee: „Es ist unwirklich“

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    Karl Geiger hat zum Auftakt der Vierschanzentournee „nichts zu verlieren“.  Am Montag beginnt der Wettbewerb mit der Qualifikation.
    Karl Geiger hat zum Auftakt der Vierschanzentournee „nichts zu verlieren“. Am Montag beginnt der Wettbewerb mit der Qualifikation. Foto: Darko Bandic, dpa (Archiv)

    Kaum Menschen in den Gassen, ein paar Sonntagsspaziergänger mit Hunden, keine Glühwein- oder Bratwurststände. Dort, wo um diese Zeit die Skifahrer nach der Rückkehr vom Nebelhorn und die ersten Skisprungtouristen kreuzen, herrscht ungewohnte Leere. Oberstdorf liegt da wie in einer Schneekugel. Auch Karl Geiger erkennt den Wintersportort nicht wieder: „So habe ich meine Heimat selten erlebt, höchstens mal im November, wenn die Hotels alle zumachen. Aber es ist Lockdown, es ist unwirklich“, sagt der Skispringer vor dem Auftakt der 69. Vierschanzentournee. Mit null statt mit sonst über 20.000 Zuschauern startet am Montag der Wettbewerb mit der Qualifikation (16.30 Uhr/live im ZDFund Eurosport).

    Skispringer Karl Geiger am Sonntag erneut nergativ auf Corona getestet

    Es ist alles außer gewöhnlich und das trifft besonders auf Geiger zu. Vor knapp zwei Wochen war der 27-Jährige positiv auf das Coronavirus getestet worden und hatte sich in häusliche Quarantäne begeben. „Ich habe zum Glück keinerlei Symptome entwickelt. Mir ging es sehr gut, von Anfang bis zum Ende der Quarantäne.“ Er freue sich, nun wieder frische Luft schnappen zu können. Der am Sonntag durchgeführte PCR-Test fiel negativ aus, nun steht seiner Rückkehr nichts mehr im Wege.

    Die Schattenbergschanze ist bereit für den Auftakt der Vierschanzentournee. Doch in der Marktgemeinde unter dem Nebelhorn ist nichts mehr wie in früheren Jahren, als tausende Fans zum ersten Springen pilgerten.
    Die Schattenbergschanze ist bereit für den Auftakt der Vierschanzentournee. Doch in der Marktgemeinde unter dem Nebelhorn ist nichts mehr wie in früheren Jahren, als tausende Fans zum ersten Springen pilgerten. Foto: Ralf Lienert

    Geiger ist in dieser Woche schon einmal negativ auf das Virus getestet worden und erhielt nun die finale Freigabe durch den Test, den vor der Tournee alle Springer, Trainer, Helfer und Journalisten zu absolvieren haben.

    Dafür, dass es der gebürtige Allgäuer privat eher ruhig mag, legte Geiger in den vergangenen Wochen eine atemberaubende Achterbahnfahrt hin. Obwohl er in Russland den Weltcup aus privaten Gründen sausen ließ, holte sich der 27-Jährige kurz darauf den Weltmeistertitel im Skifliegen von Planica. Danach kam Tochter Luisa zur Welt und es folgte ein positiver Corona-Test. Wer das meistert, kann vier Schanzen im Schnelldurchlauf packen. In der Quarantäne trainierte er leicht mit Hanteln, die ihm die Trainer vor die Türe legten. Der Athlet ist nicht sicher, ob es reicht, um mit der Weltspitze mitzuhalten. „Die Voraussetzungen sind nicht ideal, aber ich kann mit einem guten Gefühl starten. Ich lasse es auf mich zukommen“, sagt der Skiflug-Weltmeister von Planica.

    Karl Geiger nicht mehr mit Kumpel Markus Eisenbichler auf dem Zimmer

    Es ist sowieso alles anders in der Auflage 2020/21. Auf dem Zimmer ist er alleine statt mit seinem Kumpel Markus Eisenbichler. „Ich bin mit Eisei gerne auf dem Zimmer. Es fehlt ein bisschen was“, sagt Geiger, der die langen Stunden in Quarantäne nutzte, um den größten Konkurrenten zu studieren. Im letzten Weltcup vor Weihnachten im schweizerischen Engelberg analysierte der Allgäuer den Norweger Halvor Egnar Granerud vor dem Fernseher. „Mir gefällt seine Anfahrtshocke gut und im Flug ist er eine Bank. Er hat ein ziemlich gutes Gesamtpaket.“ Immer wieder waren die Springer des Deutschen Skiverbandes mit großen Hoffnungen in den südlichsten Zipfel Deutschlands gereist. Das Pokerface aus Norwegen könnte nun wieder den Deutschen Adlern in die Suppe spucken.

    Jahr für Jahr hofften tausende Fans an den Schanzen und Millionen Zuschauer an den Fernsehschirmen auf eine Wiederholung aus dem Jahr 2002, als Sven Hannawald der allererste Vierfach-Triumph gelang. Doch immer wieder schnappten sich Athleten wie Ryoyo Kobayashi oder die beiden Polen Kamil Stoch und Dawid Kubacki den Goldenen Adler. Erst Stoch in der Auflage 2018 und dann der Japaner Kobayashi im Jahr darauf wiederholten Hannawalds Meisterstück mit vier Einzelsiegen. Stefan Horngacher ist lange genug dabei, um mit Prognosen vorsichtig zu sein: „Vor einem Jahr waren alle bis auf Geiger aus dem Nichts heraus gekommen.“

    Seit 19 Jahren warten die deutschen Skispringer auf einen Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee

    Deshalb konzentriert sich der Bundestrainer auf seine Topspringer, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Geiger sei viel „geplanter“ als Eisenbichler. „Er ist ein Instinktspringer, wenn er zu viele Störungen erfährt, kann es kompliziert werden“, sagt der Coach über Eisenbichler. Wie gut die deutschen Voraussetzungen sind, zeigen nicht nur die zwei Weltcup-Siege von Eisenbichler und das Skiflug-Gold von Geiger in diesem Winter, sondern auch die jüngere Vergangenheit. In den vergangenen fünf Tournee-Jahren schafften es fünf verschiedene Deutsche auf das Podest. Nur der Sieg blieb immer aus. Wie kann der Triumph klappen? „Die Frage stellen wir uns seit 19 Jahren. Es sind schon viele zweite und dritte Plätze passiert, leider noch nie der Sieg“, sagt Horngacher.

    Karl Geiger geht in der seltsamen Atmosphäre von Oberstdorf entspannt in den Wettkampf: „Ich muss erst mal reinkommen nach den letzten Wochen. Ich habe nichts zu verlieren.“

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