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Skispringen: Interview: Martin Schmitt erklärt, warum er nicht mehr springt

Skispringen

Interview: Martin Schmitt erklärt, warum er nicht mehr springt

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    Martin Schmitt ist zum ersten Mal nach 18 Jahren nur Zuschauer bei der Vierschanzentournee.
    Martin Schmitt ist zum ersten Mal nach 18 Jahren nur Zuschauer bei der Vierschanzentournee. Foto: Uwe Zucchi (dpa)

    Wie ist das Gefühl nach 18 Jahren zum ersten Mal nur Zuschauer bei der Vierschanzentournee zu sein?

    Ich komme gut damit klar. Mich drängt es nicht auf die Schanze. Ich habe den Sport lange genug ausüben dürfen. Außerdem stehe ich während der Tournee im Auslauf – als Experte für Eurosport. Nach Weihnachten bin ich daher im gleichen Rhythmus wie die letzten Jahre auch.

    Wenn Skispringer einmal Ihre Karriere beenden, steigen Sie auch in der Freizeit nicht mehr auf die Schanze. Gilt das auch für Sie?

    Der Sprung in Garmisch im Januar war mein letzter. Also, bis heute stimmt das. Wenn man über Jahre hinweg auf hohem Niveau gesprungen ist, misst man sich daran. Man kann den Sport zwar als Hobby betreiben, aber der Aufwand dafür ist enorm. Es reicht. Jetzt laufe ich, fahre Rad und im Winter Ski.

    Was haben Sie gedacht, als Sie das letzte Mal von der Schanze sprangen?

    Für Emotionen war im Wettkampf keine Zeit. Ich hatte mit Olympia ein Ziel. Der letzte Sprung war ein solider Basissprung. Sicherlich nicht perfekt, aber schon ganz ordentlich. Ich habe die Schanze mit einem sehr guten Gefühl verlassen. Der Entschluss für das Karriereende ist dann erst in der Woche danach gefallen.

    Martin Schmitt: "Das große Ziel Olympia ließ sich nicht mehr realisieren"

    Warum beendeten Sie ausgerechnet in Garmisch Ihre Karriere?

    Ich wusste im Vorfeld, dass es meine letzte Saison sein wird. Das große Ziel Olympia ließ sich nach dem Wettkampf in Garmisch nicht mehr realisieren.

    Gibt es Dinge, die Sie am Skispringen nicht vermissen werden?

    Die nassen Anzüge zum Trainingsauftakt im Frühjahr, bei acht Grad und Regen. Auch das Reisen ist stressig. Generell ordnet man dem Sport alles unter und richtet sein ganzes Leben danach aus. Ein bisschen mehr Freiheit zu haben, das genieße ich schon.

    Wie nutzen Sie die Freiheit?

    Ich mache jetzt keine verrückten Dinge. Vieles ist ganz banal: Am Nachmittag einen Weihnachtsmarkt besuchen oder im Sommer ins Schwimmbad gehen, ohne ständig die Auswirkungen auf meine Leistungsfähigkeit im Kopf zu haben.

    Aus deutscher Sicht war die große Zeit der Skispringer um die Jahrtausendwende. Mit Sven Hannawald lieferten Sie sich einen Zweikampf an der Weltspitze. Sind Sie heute froh, dass Sie nicht mehr im Mittelpunkt des Medieninteresses stehen?

    Ich habe ein ganz entspanntes Verhältnis zu damals. Ich bin dankbar, dass ich genau in dieser Zeit Skispringen durfte. Die Begeisterung für den Sport war wahnsinnig. Sven und ich sind auf sehr hohem Niveau gesprungen.

    Martin Schmitt: "Ich schwelge nicht in Erinnerungen"

    Stehen Sie heute noch in Kontakt?

    Relativ wenig, hin und wieder telefonieren wir. Wenn wir uns sehen, dann freut man sich und tauscht sich aus.

    An welche Momente erinnern Sie sich besonders intensiv?

    Ich schwelge nicht in Erinnerungen. Natürlich denkt man gerne an die großen Erfolge, es war eine schöne Zeit. Aber jetzt beginnt ein neuer Lebensabschnitt.

    Nach 2002 blieben die großen Erfolge aus. Was hat Sie motiviert weiterzumachen?

    Ich hatte schon auch noch meine Erfolgserlebnisse, war zum Beispiel 2009 Vizeweltmeister, hatte immer viel Freude an meinem Sport und auch das Gefühl, dass ich noch leistungsfähig bin. Und 2003 plant man ja auch nicht, so lange zu springen. Das ist ein Prozess. Erst habe ich gedacht: bis 2008. Dann kam Olympia 2010. 2011 die WM in Oslo. Man fühlt sich fit und hängt ein paar Jahre dran. Aber es ist richtig: Wir deutschen Springer hatten zwischen 2003 und 2008 den Anschluss verloren. Wir haben uns in der Folge als Mannschaft wieder zurückgekämpft. Jetzt ist die Situation super. Wir haben eine junge Mannschaft und talentierte Springer.

    Andreas Wellinger erzählt, dass er als Kind in Martin-Schmitt-Bettwäsche geschlafen hat. Haben Sie das Gefühl, dass Ihre Erfolge der jungen Generation Auftrieb verliehen hat?

    Das kann man so nicht sagen. Da will ich meine Bedeutung nicht zu hoch hängen.

    Aber Bettwäsche spricht schon für eine intensive Beziehung.

    Andreas Wellinger hat etwa 2002 das Skispringen begonnen. Das war nach den großen Erfolgen. Da war wahrscheinlich noch etwas übrig vom Skisprung-Boom. Severin Freund hat aber zum Beispiel viel früher angefangen. Die Jungs machen alle eine Entwicklung durch, und das ist auch gut so. Es wäre falsch, heute mit früher zu vergleichen. Sicher gab es eine Signalwirkung für den Nachwuchs und sicherlich haben viele junge Springer in dieser Zeit angefangen. Aber der Weg nach oben ist lang, und den muss sich jeder selbst erarbeiten.

    Wie geht es mit dem Skispringen weiter, wenn kein Schnee fällt?

    Der fällt schon wieder. Ich gehe eine gewagte Wette ein: Es wird dieses Jahr noch schneien.

    Hat es während Ihrer Karriere immer geschneit?

    Ich glaube, 2000/01 war vor der Tournee kein Springen in ganz Mitteleuropa. Das gab es damals auch schon.

    Um die Schanzentournee machen Sie sich also keine Sorgen?

    Die Tourneeveranstalter haben immer Lösungen gefunden. Es gibt mittlerweile moderne Spursysteme. In Oberstdorf und Garmisch kann man auch bei zehn Grad plus springen.

    Gewinnt diese Saison ein deutscher Springer die Vierschanzentournee?

    Mit Severin Freund sind wir sehr gut aufgestellt. Er kann sicher um den Gesamtsieg mitspringen. Es wird natürlich kein Selbstläufer. Es gibt weitere Favoriten wie Gregor Schlierenzauer, Roman Koudelka, Anders Fannemel und Simon Ammann. Das sind die Leute, die es zu schlagen gilt. Ich erwarte eine spannende und enge Tournee.

    Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?

    Bis September studiere ich an der Trainerakademie in Köln. Dann kann ich mir auch eine Tätigkeit als Trainer vorstellen.

    Das ist Martin Schmitt

    Der heute 36-Jährige startete 1996/97 erstmals bei der Tournee (Platz 35). Er war bis 2014 immer dabei, hat die Gesamtwertung aber nie gewonnen. Seine besten Platzierungen waren jeweils Platz drei in den Jahren 2000 und 2001. Anfang 2014 hat Schmitt seine Laufbahn beendet.

    Tournee-Termine 2014/2015

    1. Springen in Oberstdorf

    " Freitag, 26. Dezember, 19 Uhr, Präsentation der Springer im Nordic Park in Oberstdorf

    " Samstag, 27. Dezember, 14.30 Uhr Training, 16.30 Uhr Qualifikation

    " Sonntag, 28. Dezember, 16.30 Uhr, Wettkampf

    2. Springen in Garmisch-Parten.

    Donnerstag, 1. Januar, 14 Uhr

    3. Springen in Innsbruck

    Sonntag, 4. Januar, 14 Uhr

    4. Springen in Bischofshofen

    Dienstag, 6. Januar, 16.30 Uhr

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