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Serie "Schwarze Schafe": Fußball-Badboy Vinnie Jones: Sie nannten ihn "Die Axt"

Serie "Schwarze Schafe"

Fußball-Badboy Vinnie Jones: Sie nannten ihn "Die Axt"

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    Der ehemalige walisische Nationalspieler Vinnie Jones war als Spieler ein Raubein.
    Der ehemalige walisische Nationalspieler Vinnie Jones war als Spieler ein Raubein. Foto: dpa

    Sie rissen sich zusammen, an jenem 14. Mai 1988. Als Lady Diana vor dem Endspiel um den englischen FA-Cup im Londoner Wembleystadion die Spieler der beiden Finalisten traditionsgemäß persönlich begrüßte, gaben ihr die Spieler des FC Wimbledon artig die Hand. Darauf zu wetten, hätte zu jener Zeit nicht unbedingt einen sicheren Gewinn beschert. Nicht von ungefähr trug der FC Wimbledon den Beinamen "The Crazy Gang". Angeführt wurde sie von einem damals 23-jährigen Waliser namens Vinnie Jones, einem 1,88 Meter großen Muskelpaket, das aus zerrütteten Familienverhältnissen stammte und erst vier Jahre zuvor seine Fußballkarriere gestartet hatte.

    Damals in der fünften englischen Liga. Nach zwei Jahren beim Wealdstone FC wechselte er zu seiner ersten Profistation – nach Schweden in die niedrigste Profiklasse. Ein Jahr später, 1986, kehrte er auf die britische Insel zurück – und landete beim damaligen Zweitligisten FC Wimbledon. Dort regierte Trainer Dave Basset im Stile eines Militärausbilders. Seine Maxime lautete "Einer für alle, alle für einen". Vom edlen Auftreten der Musketiere hatten seine Mannen jedoch so gar nichts.

    Vinnie Jones spuckte auf das Anfield-Schild

    Vielmehr bearbeiteten sie ihre Gegner nicht nur während des Spiels körperlich bis über die Grenzen des Erlaubten, sondern schüchterten sie auch schon vor der Partie ein. "Let’s fucking kill them!", brüllte Jones vor den Spielen gerne im Kabinengang. Sein Trashtalk lässt so manche verbale Scharmützel von heute wie ein Gebetskreis unter Klosterschwestern aussehen. Liverpools Trainerlegende Kenny Dalglish musste sich beim ersten Aufeinandertreffen mit der "Crazy Gang" folgende Worte von Jones anhören: "Ich reiß’ dir den Kopf ab und scheiß dir in den Hals!" Und das, nachdem Jones er zuerst das legendäre Anfield-Schild bespuckt hatte.

    Für den Waliser war der FC Wimbledon so etwas wie ein Familienersatz. Den Vater mimte Dave Basset, der seine Spieler schon mal durch militärisches Sperrgebiet querfeldein laufen ließ, der Bruder sollte John Fashanu werden. Eine Kante von einem Stürmer, der seine Gegner nicht nur durch gefährliche Torschüsse einzuschüchtern wusste. Und auch neuen Spielern den Korpsgeist der Mannschaft ohne Umschweife eintrichterte: "Lass dir ein Rückgrat wachsen, sonst gehst du hier unter."

    Drei Sekunden bis zur Gelben Karte

    1986 stieg der FC Wimbledon in die erste Liga auf und lehrte die Beletage des englischen Fußballs das Fürchten. Allen voran Vinnie Jones, Beiname "The Axe". Er sammelte in seiner Karriere 13 Platzverweise, hält den Rekord für die schnellste Gelbe Karte (drei Sekunden nach Anpfiff) und wurde mit einem Foto berühmt, als er Paul Gascoigne beherzt in die Kronjuwelen greift.

    Jones war zudem ein Meister darin, sich schnell auch den letzten Funken Respekt zu verschaffen. So lief das FA-Cup-Finale 1988 gegen dem FC Liverpool gerade einmal etwas mehr als eine Minute, als Jones Liverpools Spielmacher Steve McMahon an der Mittellinie derart ummähte, dass er später selbst erstaunt war, dafür nur Gelb zu sehen. Doch die Grätsche zeigte ihre Wirkung: McMahon war ein Schatten seiner selbst, der FC Liverpool kam nicht ins Spiel und Wimbledons Lawrie Sanchez köpfte schließlich den 1:0-Siegtreffer für den Underdog.

    Es war der größte Erfolg von Vinnie Jones, der nach 386 Erstliga- und neun Länderspielen für Wales seine Fußballkarriere 1999 beendete. Fortan widmete er sich der Schauspielkunst. Jones erwies sich dabei als Naturtalent, spielte unter anderem neben Hollywoodgrößen wie Morgan Freeman, John Travolta, Hugh Jackman oder Nicolas Cage und Angelina Jolie. Passenderweise hatte er meist die Rolle des Bösewichts inne.

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