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Olympia 2018: Schock für Russland: IOC schließt russische Stars aus

Olympia 2018

Schock für Russland: IOC schließt russische Stars aus

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    Anton Schipulin hat noch keine Einladung zu den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang erhalten.
    Anton Schipulin hat noch keine Einladung zu den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang erhalten. Foto:  Robert F. Bukaty (dpa)

    Das Internationale Olympische Komitee hat einigen russischen Sporthelden die Tür zu den Winterspielen zugeschlagen und in Moskau für Entrüstung gesorgt.

    Ohne ein bisheriges Dopingvergehen wurden im Zuge der Einzelfallprüfung russische Wintersport-Stars wie Biathlet Anton Schipulin, Shorttracker Viktor Ahn oder Skilangläufer Sergej Ustjugow offenbar nicht für die am 9. Februar in Pyeongchang beginnenden Spiele eingeladen. Russland protestierte umgehend und forderte eine Erklärung, die das IOC aber vorerst verweigerte.

    Hintergrund der brisanten Causa ist die Entscheidung vom Dezember, wonach das Nationale Olympische Komitee Russlands im Zuge des mutmaßlich staatlich orchestrierten Sotschi-Dopingskandals für die Winterspiele gesperrt wurde. Nur nachweislich saubere russische Athleten dürfen unter neutraler Flagge und ohne Hymne in Südkorea starten. Eine unabhängige Prüfkommission ITA arbeitet an einer Liste, welche russischen Sportler eingeladen werden. Dabei wurden von einer ursprünglich 500 Athleten umfassenden Liste bereits 111 Sportler gestrichen.

    In der russischen Sportpolitik lösten die Nichtberücksichtigungen Unruhe aus. "Wir bedauern sehr, wenn tatsächlich so entschieden worden sein sollte", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. Die Frage müsse rasch mit dem IOC geklärt werden. Überlegungen zu einem Boykott der Spiele wies der Vizepräsident des russischen Nationalen Olympischen Komitees (ROC), Stanislaw Posdjnakow, aber zurück. "Zu einem Boykott wird es nicht kommen", sagte er der Agentur Interfax zufolge.

    Schwerer Schlag für Russland

    Doch das Fehlen der Stars ist ein schwerer Schlag für Russland. Schipulin, Staffelsieger bei den Winterspielen in Sotschi 2014, ist Kapitän der russischen Biathleten und gilt als Doping-Kritiker. Ustjugow, Doppel-Weltmeister von Lahti 2017, gilt als Mitfavorit in der Langlaufspur. Der eingebürgerte Ahn ist mit sechs Olympiasiegen eine Shorttrack-Legende. Diese drei seien nie in Doping verwickelt gewesen: "Die vielen Proben, die sie im Lauf ihrer Karriere abgegeben haben, belegen, dass sie saubere Athleten sind", sagte Posdjnakow. Dazu fehlen weitere Top-Stars wie Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Xenia Stolbowa und der Dritte der Eistanz-EM, Iwan Bukin.

    Das IOC wollte sich nicht zu einzelnen Fällen äußern, "um die Rechte der Beteiligten zu schützen". Die Liste solle gewährleisten, dass nur zweifelsfrei saubere Sportler eine Einladung erhalten, sagte die Leiterin der Testkommission, die französische Ex-Sportministerin Valerie Fourneyron. Das IOC stellte aber klar, dass es möglicherweise noch weitere Untersuchungen und Anti-Doping-Verfahren gegen eine Reihe von Athleten geben könnte. Erst im Dezember vergangenen Jahres war bekannt geworden, dass die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) brisante Doping-Testdaten aus dem Moskauer Kontrolllabor aus den Jahren 2012 bis 2015 erhalten habe.

    Die verdächtigen russischen Sportler fallen in zwei Kategorien. Bei einigen sieht das IOC die verbotene Leistungssteigerung als erwiesen an. Diesbezüglich wurden bereits 42 lebenslange Olympia-Sperren verhängt, die Fälle werden aktuell vor dem Internationalen Sportgerichtshof verhandelt. Bei anderen ist Doping nicht nachgewiesen; es gibt aber Hinweise, dass die Proben manipuliert worden sind. Dies könnte auch bei Ahn und Schipulin der Fall sein, berichtete die französische Zeitung "Le Monde" unter Berufung auf Ermittlerkreise.

    Endgültig will das IOC am Samstag über die Einladungen entscheiden. "Ein Olympia-Ausschluss von Viktor Ahn ist meiner Meinung nach die Spitze der Ungerechtigkeit, die in den vergangenen drei Monaten an den russischen Sportlern begangen worden ist", sagte der Präsident des russischen Eisschnelllaufverbandes, Alexej Krawzow.

    Der gebürtige Koreaner hatte 2006 in Turin dreimal Gold und einmal Bronze für Südkorea gewonnen, in Sotschi war ihm exakt dieselbe Ausbeute für Russland gelungen. Er rangiert damit an fünfter Stelle der erfolgreichsten Winter-Olympioniken. "Der russische Koreaner darf nicht nach Korea", schrieb die Zeitung "Sport-Express".

    Die Lücken auf der Liste treffen die Sportarten unterschiedlich. Beim Biathlon wurden nur die Nachwuchssportler Anton Babikow, Uljana Kaischewa und Tatjana Akimowa eingeladen - zu wenig, um eine Staffel zu laufen. Die Ausladung von Stolbowa trifft auch ihren Partner Fjodor Klimow, ohne Eistänzer Iwan Bukin kann seine Partnerin Alexandra Stepanowa kaum antreten.

    Aus dem Bobteam werden Anschieber Roman Koschelew und seine Kollegin Julia Schokuschewa fehlen, wie der russische Fachverband mitteilte. Die junge Rodlerin Viktoria Demtschenko ist nicht eingeladen. Beim Eishockey fehlen fünf Spieler. Bei Ski alpin und Snowboard wurden die russischen Nominierungen vom IOC dagegen akzeptiert.

    "Bei dieser Attacke auf unseren Sport führt Washington Regie", sagte der Vorsitzende des Sportausschusses im russischen Parlament, Michail Degtjarjow. Russland solle gedrängt werden, die Spiele in Pyeongchang zu boykottieren. Er forderte die Einberufung einer Olympischen Versammlung, des höchsten ROC-Gremiums. Moskau hat die Dopingvorwürfe stets zurückgewiesen und sieht sie als westliche Intrige. (dpa)

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