Philipp Lahm besitzt ein gesundes Selbstbewusstsein. Das ist förderlich, wenn die Herren Ronaldo oder Messi mit dem Ball auf einen zustürmen. Zur Steigerung des Lahm’schen Selbstbewusstseins trug bei, dass die Koryphäen regelmäßig den Ball an seinem ausgestreckten Bein verloren. Am Dienstagabend kam wieder mal einer dieser Weltklassestürmer auf ihn zu. Lahm wich nicht zurück, er lächelte sogar. Nun liegen die besten Zeiten Karl-Heinz Rummenigges einige Sommer zurück, dafür ist kaum ein Funktionär zugleich wendiger und zielgerichteter als er.
Lahm nahm für sein 500. Pflichtspiel im Bayern-Trikot am Samstag gegen Schalke (1:1) grinsend den Blumenstrauß aus den Händen des Vorstandsbosses entgegen. Dieser hätte guten Grund gehabt, das Bukett Lahm vor die Füße zu werfen, unterließ es aber. Nach 500 Partien ist es nicht ehrenrührig seinen Rücktritt zum Saisonende anzukündigen. Dass Lahm die Nachricht aber unmittelbar vor dem Spiel gegen Wolfsburg verbreiten ließ, gefiel Rummenigge überhaupt nicht.
Philipp Lahm tritt nach 500 Spielen zurück
Seit rund einem Jahr waren die Münchner mit Lahm im Austausch, um zu erörtern, wie der seine mittelfristige Zukunft sieht. Schnell wurde klar: nicht auf dem Fußballfeld. Aufseiten der Münchner wird inständig bedauert, dass der beste Außenverteidiger der Vereinsgeschichte seinen bis 2018 laufenden Vertrag nicht erfüllen will. Umso lieber hätten Rummenigge und Uli Hoeneß den 33-Jährigen in die sportliche Führung eingebunden. Lahm aber will nicht. Noch nicht. Er lehnt es ab, nach dieser Saison den Sportdirektoren-Posten bei den Bayern zu übernehmen.
Auch dafür haben die Bosse Verständnis, nicht aber für das mediale Solo Lahms. Bis Dienstag sei man davon ausgegangen, dass „es zu dieser Entscheidung eine gemeinsame Erklärung Philipp Lahms und des FC Bayern München geben wird“, ließ Rummenigge über eine Pressemitteilung verbreiten.
Kurz nach dem 1:0 gegen Wolfsburg hangelte sich Hoeneß durch TV-Interviews, in denen er wortreich nichts sagte. Lahm wiederum bestätigte um 23.15 Uhr den Journalisten, nach dieser Saison aufzuhören. Er übertölpelte die Bayern-Führung aus einer Position der Stärke. Darin hat er Erfahrung. Als es im Spätherbst 2009 so gar nicht bei den Münchnern lief, ging er in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung Rummenigge und Hoeneß frontal an. Er kritisierte unter anderem die fehlende Transfer-Strategie. Das brachte ihm neben einer Strafe von 50.000 Euro auch eine Profilschärfung ein. Ein Jahr später sägte er offen und erfolgreich während der Weltmeisterschaft am Kapitänsstuhl von Michael Ballack. Das brachte ihm das höchste fußballerische Würdenamt Deutschlands.
Wiederum ein Jahr später ließ er die Bild vorab aus seinem Buch „Der feine Unterschied“ zitieren. Auch das brachte ihm gewiss keinen Nachteil. Unterstützung erhielt er dabei von seinem Berater Roman Grill. Der ist in der Branche ob seines Verhandlungsgeschicks und einiger unorthodoxer Methoden gefürchtet. Vor dieser Saison ließ er seinen Klienten Markus Weinzierl so oft behaupten, er gehe nach Schalke – bis die Augsburger ihn schließlich entnervt ziehen ließen.
Rückkehr zum FC Bayern wäre für Lahm möglich
Die Karriere von Philipp Lahm
Philipp Lahm beendet seine Karriere beim FC Bayern im Sommer.
Gegen den VfL Wolfsburg absolvierte der Verteidiger sein 501. Pflichtspiel für die Bayern.
Mit den Münchenern wurde er unter anderem sieben Mal deutscher Meister und sechs Mal DFB-Pokalsieger.
Außerdem gewann er 2013 die Champions League.
Seinen größten Erfolg feierte Lahm als Kapitän der Nationalmannschaft mit dem Gewnn der WM 2014.
Anschließend beendete er seine Länderspiel-Karriere.
Lahm zeigte seinen Vorgesetzten also einmal mehr, dass er die Tasten der Medien-Klaviatur bedienen kann. Klug, selbstbewusst, Stallgeruch und ein Medienprofi – Lahm entspricht perfekt dem Anforderungsprofil eines Sportdirektors bei den Münchnern. Er ist Teilhaber mehrerer Firmen. Dort kann er sich in den kommenden Jahren noch geschäftlich erproben. Auch das wird kein Nachteil sein, sollte es ihn wieder zurück zum FC Bayern ziehen. Zumal Rummenigge sagt, dass „für Philipp die Türen beim FC Bayern München auch künftig offen stehen“.
Bis es so weit ist, gilt Max Eberl als aussichtsreichster Kandidat auf den vakanten Posten bei den Bayern. Der Gladbacher Manager holt schon jetzt ab und an den Rat von Uli Hoeneß ein.
Dass sein Vertrag noch bis 2020 läuft, dürfte die Bayern nicht von Abwerbeversuchen abhalten. Eberl war früher schon mal Angestellter des FC Bayern. Ein furchtloser Rechtsverteidiger.