Zumindest bleibt dem FC Augsburg erspart, lang anhaltenden Spott ertragen zu müssen. Schlicht, weil die Zeit dafür fehlt. Nach der Liga ist vor dem Pokal. Der blutleere Auftritt in Nürnberg rückt angesichts des Viertelfinales gegen RB Leipzig sogleich in den Hintergrund. Während das Interesse des TV-Publikums am FCA im Bundesligaalltag überschaubar ist, dürfen sich die Augsburger Profis am Dienstagabend einem Millionenpublikum zeigen (20.45 Uhr/ARD).
Augsburgs Trainer Manuel Baum und Sportgeschäftsführer Stefan Reuter wird einiges daran liegen, nach dem blamablen Auftritt gegen den Tabellenletzten einen anderen Eindruck zu vermitteln. Zudem stellt der Pokal für den FCA einen lukrativen Wettbewerb dar: Erreicht der Bundesligist das Halbfinale, summiert sich die TV-Prämie auf 5,1 Millionen Euro. Reuter hat als Aktiver sämtliche Titel geholt, war Weltmeister und Champions-League-Sieger. Was ihm indes fehlt, ist ein Pokalsieg. Vor dem Duell mit Leipzig formuliert er forsch: „Wir wollen den Pokal gewinnen.“ Dass dazu gegenüber dem 0:3 in Nürnberg eine gewaltige Leistungssteigerung nötig ist, weiß der 52-Jährige. „Mit so einer Leistung haben wir keine Chance.“
FCA-Trainer Baum: "Wir haben genug Zeit zum Regenerieren"
Letztlich müssen die FCA-Verantwortlichen abwägen, inwieweit größere Umbaumaßnahmen in der Startelf Sinn machen. Dass Stammkräfte wie Alfred Finnbogason, Michael Gregoritsch, Jeffrey Gouweleeuw oder Dong-Won Ji körperliche Fitness fehlt, war in Nürnberg nicht zu übersehen. Eine Pause im Pokal würde ihnen wohl guttun. Andererseits dürften genau diese Spieler ungemein um Wiedergutmachung bemüht sein. Ungewiss ist, ob Baum die angeschlagenen Jonathan Schmid und Reece Oxford einsetzt.
Ein Erfolgserlebnis im Pokal könnte vor dem Ligaheimspiel gegen die TSG Hoffenheim (Sonntag, 15.30 Uhr) Selbstvertrauen im Abstiegskampf einimpfen. Baum kündigt an, keine Rücksicht zu nehmen: „Es wird die Mannschaft auf dem Platz stehen, die zur Thematik passt. Wir haben genug Zeit zum Regenerieren.“
Vor neun Jahren stand der FCA erstmals in seiner Vereinshistorie im Pokalhalbfinale, als Zweitligist scheiterte er an Werder Bremen. Dass die Augsburger mit den Leipzigern mithalten können, bewiesen sie in der Liga. Zweimal trennten sich die Mannschaften torlos, das jüngste Aufeinandertreffen ist nicht einmal einen Monat her. Gut für die Zuschauer: Torlos wird die Partie diesmal nicht enden.
FCA-Mittelfeldspieler Rani Khedira, drei Jahre lang im RB-Trikot, übte nach dem jüngsten Rückschlag im Abstiegskampf deutliche Kritik an seinen Mitspielern. Wörtlich sagte der 25-Jährige: „Vielleicht braucht der eine oder andere einen Anschiss.“ Khedira hätte nichts gegen ein weiteres torloses Unentschieden. Unter den Eindrücken der Nürnberg-Niederlage würde er dies als positives Signal werten. „Wenn wir in die Verlängerung gehen, wäre das ein Erfolg“, betont Khedira.
RB-Trainer Rangnick kann Torjäger Poulsen einsetzen
Leipzigs Fußballprofessor Ralf Rangnick warnt vor der „Körperlichkeit“ der Augsburger, die Favoritenrolle wird der Tabellendritte indes nicht los. Vor allem, weil den Leipzigern diesmal ein wichtiger Angreifer zur Verfügung steht, der beim jüngsten 0:0 in Sachsen fehlte. Yussuf Poulsen schickte einen Dreierpack gegen Hertha BSC als Warnung gen Augsburg. Der 24-jährige Däne, der im September Vater wird, befindet sich in Topform und hat bereits 15 Bundesligatreffer erzielt.
Gegen tief stehende Gegner fanden die Leipziger im Saisonverlauf mitunter selten Wege, ihre schnellen Angreifer einzusetzen. Wenig verwunderlich wäre daher, würden die Augsburger ein weiteres Mal auf engmaschige Abwehrreihen vertrauen, um den Leipzigern Räume zu verwehren. Dass die Strategie sich daran orientiert, verrät FCA-Trainer Baum indirekt: „Es kann ja sein, dass es über das Elfmeterschießen geht.“
Dafür geübt haben die Augsburger bereits.
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.