In welchem gottverdammten Buch steht eigentlich geschrieben, dass man seinen Oberkörper entblößen muss? Wo? Ich hab’s noch nirgendwo gelesen. Ich bin nicht prüde. Wirklich nicht. Ich will einfach nur wissen, wie man auf diese hirnverbrannte Idee kommen kann. Trikot ausziehen, in der Luft schwenken und dann den Schiedsrichter ungläubig anstarren, weil er Gelb zeigt.
Jetzt kann Jupp Heynckes zeigen, was er wirklich kann. Die Bayern auf Platz eins in der Liga zu führen, würde auch der Hund von Uli Hoeneß schaffen. Aber Heynckes hat schon angekündigt, daran arbeiten zu wollen. Hat gesagt, man wolle daran feilen, was in der Vorrunde zu kurz gekommen ist. Stichwort: Standardsituation. Otto Normalkicker versteht darunter möglicherweise Ecken, Freistöße, Bierbestellung an der Theke.
Nicht so Heynckes. Für einen Spieler des FC Bayern gehört es zum fixen Repertoire, ein Tor gebührend zu feiern. Praktisch: Standardsituation. In den vergangenen Jahren hat man gesehen, was herauskommt, wenn man diese elementare Situation der begrenzten Kreativität der spielenden Akteure überlässt. Muss ja keine ausgefeilte Choreografie sein. Nur diesen Schmarrn sollten sie halt bitte bleiben lassen. Wann hat das überhaupt angefangen? Welcher Exhibitionist kam auf diese schwachsinnige Idee? Was sagt das über den Menschen aus? Verkorkste Jugend?
Beschwerde bei einer Gelben Karte? Absoluter Schwachsinn
Kulturgeschichtlich lässt sich kein Ansatzpunkt finden. Kein Odysseus, der sich die Stola vom Leib reißt, als er sein Weib Penelope wiedersieht. Kein Lancelot, der sich der Rüstung voller Rührung entledigt, als er in die Auswahl König Arthurs berufen wird. Wie also kam es dazu, dass sich mittlerweile mittelprächtige Mittelfeldgrätscher voll tief empfundener Freude ihr Oberteil vom Leib reißen? Und warum beschweren sie sich auch noch, wenn sie dafür mit der Gelben Karte bedacht werden? Zumal kein durchschnittlicher Zuschauer (männlich, leicht angefettet) Interesse daran hat, optisch auf die Versäumnisse der Vergangenheit (kein Sport, viel Schweinebraten) aufmerksam gemacht zu werden.
Punkt 2 Was soll der Schmarrn, Tore gar nicht zu feiern? Mit Verweis auf den gegnerischen Verein, in dem man im vergangenen Jahrtausend ein halbes Jahr für die E3 gespielt hat, wird der Torjubel mit Grabesmiene begangen. Respekt verbietet Freude? Ach, hör doch auf. Eine Woche später dann wieder: eins, zwei, drei – Oberkörper frei. Ist das dann im Gegenzug eigentlich respektlos? Es gibt viel zu tun.
Viel Spaß im Trainingslager.