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Randbemerkung: Martin Kaymer, (k)ein zweiter Boris Becker

Randbemerkung

Martin Kaymer, (k)ein zweiter Boris Becker

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    Martin Kaymer, Deutschlands Vorzeige-Golfer.
    Martin Kaymer, Deutschlands Vorzeige-Golfer. Foto: dpa

    Ist Martin Kaymer unser neuer Boris Becker? Gibt es jetzt bald Tausende Kinder, die die Golfplätze stürmen, Handicap 0 anpeilen und Profi werden wollen? Kann der junge Deutsche einen solchen Rummel auslösen, dass die Mitgliederzahlen im Deutschen Golfverband einmal mehr in die Höhe schnellen? Die Befindlichkeiten golfspielender und nicht golfspielender Experten gehen da (auch in unserer Redaktion) weit auseinander.

    Die einen sind überzeugt davon, dass Kaymers sensationeller Erfolg im deutschen Golf einen ähnlichen Boom lostreten wird wie einst im Tennis der erst 17-jährige Boris Becker nach seinem Wimbledon-Coup. Die anderen glauben, dass Kaymers Erfolg auch nicht annähernd eine Hysterie wie die der Tennisspieler in den 80er Jahren heraufbeschwören kann.

    Die entscheidenden Argumente: Die großen Golf-Turniere in den USA finden in Europa zu nachtschlafender Zeit statt. Finalrunden bis 2 Uhr morgens verlangen selbst hartgesottenen Golffans einiges ab. Da die meisten großen Turniere auch nur im Bezahlsender oder über Internet zu empfangen sind, kann eine breite Popularität wie die von Boris Becker in Deutschland gar nicht entstehen.

    Das klingt alles einleuchtend. Doch das Erfolgsmodell Kaymer und sein Bekanntheitsgrad beweisen das Gegenteil. Kaymer zeigt uns gerade, dass ein Golfer auch heute einen ähnlichen Kultstatus einnehmen kann wie vor Jahren sein Vorgänger Bernhard Langer. Doch damals galt Golf noch als elitäre Freizeitbeschäftigung für Wohlhabende. Die breite Bevölkerung konnte die großartigen sportlichen Leistungen kaum nachvollziehen. Heute wissen zahlreiche Amateure aufgrund ihres eigenen Scheiterns auf dem Platz das Talent und das Können eines Martin Kaymer viel stärker zu würdigen.

    Selbst außerhalb der Szene ist sein Name ein Begriff. Sicher nicht, weil er in Abu Dhabi oder München ein internationales Turnier gewonnen hat, sondern weil er zum Star aufgestiegen ist. Eine Identifikationsfigur für eine junge Generation von Sportlern, die sich nicht für Fußball, sondern für Golf interessiert. Kaymer hat es mit seinen Tugenden bis nach ganz oben geschafft. Für alle, die ihm selbst einmal persönlich begegnet sind, war dieser Erfolg nur eine Frage der Zeit. Sein konzentriertes Spiel, sein diszipliniertes Training, sein freundliches Auftreten, sein gewissenhaftes Beantworten von Fragen, seine Bodenständigkeit und sein sympathisches Schwiegersohn-Image haben ihn und das deutsche Golf so weit gebracht. Deshalb wünschen wir ihm gar nicht, dass er Boris Becker wird, sondern dass er Martin Kaymer bleibt. Andrea Bogenreuther

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