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Randbemerkung: Fall Pechstein: Wer darf richten?

Randbemerkung

Fall Pechstein: Wer darf richten?

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    Wer darf richten? Im Fall von Eiskunstläuferin Claudia Pechstein hat der Bundesgerichtshof nun ein Urteil gefällt.
    Wer darf richten? Im Fall von Eiskunstläuferin Claudia Pechstein hat der Bundesgerichtshof nun ein Urteil gefällt. Foto: Uli Deck (dpa)

    Für Claudia Pechstein ging es um viel Geld. Fünf Millionen Euro, um genau zu sein. So viel wollte sie als Schadensersatz für zwei Jahre Untätigkeit, denn so lange war sie 2009 wegen auffälliger Blutwerte gesperrt worden. Werte, die ein klares Indiz für Doping sind. Pechstein allerdings sieht sich als Opfer. Die abnormalen Blutwerte habe sie von ihrem Vater geerbt. Mehrere Gutachter bestätigten ihre Version. Sehr viel deutet darauf hin, dass im Fall Pechstein tatsächlich ein Fehlurteil gefällt wurde.

    Deshalb wollte die Sportlerin erzwingen, dass ihr Fall vor einem ordentlichen Gericht neu aufgerollt wird. Vergeblich. Gestern hat der Bundesgerichtshof diesem Ansinnen einen Riegel vorgeschoben.

    Das bedeutet zweierlei. Erstens sind die angestrebten fünf Millionen Euro für Pechstein in weite Ferne gerückt. Und zweitens bleibt dem Sport eine grundlegende Veränderung verwehrt. Alles bleibt wie es ist. All diejenigen, die Veränderungen skeptisch gegenüber stehen, dürfen sich glücklich schätzen. Für alle anderen hat das Urteil mindestens einen faden Beigeschmack.

    Fall Pechstein: Klage-Flut bleibt jetzt aus

    Eine andere Möglichkeit haben sie nicht. Der Knackpunkt daran ist, dass die Sportgerichtsbarkeit von den Verbänden gelenkt wird. Die einen Funktionäre entscheiden, welche anderen Funktionäre Sportrichter werden. Wer an deren Neutralität zweifelt – was nachvollziehbar ist – hat auch künftig Pech. Jeder mag von den egozentrischen Pechstein-Auftritten halten was er will. Aber unabhängig von ihrer Person hätte ein anderslautendes Urteil längst überfällige Reformen in Gang gesetzt. Natürlich unterschreiben Sportler eine Athletenvereinbarung, in der sie sich „freiwillig“ dem Willen der Sportgerichte unterwerfen. Denn wer nicht unterschreibt, darf auch nicht für Deutschland starten. Es soll Menschen geben, die solch ein Prozedere als Erpressung bezeichnen. Eine allseits anerkannte Basis für die Sportgerichtsbarkeit ist es auf jeden Fall nicht.

    Vermutlich hatten die Richter am Bundesgerichtshof im Hinterkopf, dass ein Urteil pro Pechstein eine Klage-Flut nach sich gezogen hätte. Plötzlich hätte jeder verurteilte Sportler vor einem ordentlichen Gericht klagen können. Urteile der Sportrichter hätten nur noch kurze Halbwertzeit und empfehlenden Charakter gehabt. Angesichts dieses Szenarios hätte sich der Sport tatsächlich grundlegende Gedanken über seine Gerichte machen müssen. Das ist jetzt hinfällig. Alles bleibt wie es ist: fragwürdig.

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