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Randbemerkung: Aus Holland kommt nicht nur Käse

Randbemerkung

Aus Holland kommt nicht nur Käse

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    Frau Antje bringt Käse aus Holland.
    Frau Antje bringt Käse aus Holland. Foto: wk_gr

    Zunächst ist an dieser Stelle eine Entschuldigung fällig. Früher dachten wir immer, in Holland sind alle Menschen bekifft. Das stimmt natürlich nicht. Aber schuld an dieser Meinung war wahrscheinlich Frau Antje. Sie war die erste Holländerin, mit der wir Kontakt hatten, und die machte auf uns einen bizarren Eindruck. Anfang der 60er Jahre pries sie uns in der Werbung singend "Käse aus Holland" an. Die Kleidung von Frau Antje war furchterregend: Weiße Spitzhaube, meist blaue Tracht und gelbe Holzschuhe. Im Korb hatte sie einen überdimensionalen Käse. Wenn man als Kind was angestellt hatte, war die Angst groß, dass uns Frau Antje vom Fernseher heraus mit ihrem Käse erschlägt.

    Mittlerweile haben wir festgestellt, dass die Niederländer - von wegen bekifft - ganz liebe Menschen sind. Ohne Holland ging in Deutschland irgendwann gar nichts mehr. Top-Bands wie "Golden Earring" oder "Shocking Blue" standen ebenso auf der Matte wie die Fernseh-Showmaster Lou van Burg, Rudi Carrell oder später Linda de Mol. Auch die Ente "Alfred Quak" von Herman van Veen ist zum Niederknien süß. Dafür haben wir den Holländern auch die Schlagersänger Vader Abraham ("Das Lied der Schlümpfe") und Nico Haak ("Schmidtchen Schleicher") verziehen.

    Nur im Fußball, da waren uns die Holländer länger suspekt als Frau Antje. Die große Liebe wollte sich einfach nicht einstellen. Um ehrlich zu sein, mochten wir den holländischen Fußball wie Fußpilz und Haarausfall. Gründe dafür gab es viele. Einer davon war, dass uns die Holländer auch nie mochten. Ex-Nationalspieler Ronald Koeman machte das einmal deutlich, als er mit einem deutschen Trikot so hantierte, als wolle er sich damit am liebsten das Hinterteil abwischen. Auch die Spuck-Attacke von Frank Rijkaard an Rudi Völler hat nicht zur Fußball-Völkerverständigung beigetragen. Deutschland fuhr am liebsten ohne Holland zur WM.

    Das ist Schnee von gestern. Wir haben Holland auch im Fußball plötzlich lieb. Der holländische Bayern-Trainer Louis van Gaal ist seit seiner Meisterrede in Deutschland eine Kultfigur. Vor Arjen Robben verneigte sich die gesamte Liga. Beim WM-Finale in Südafrika haben angeblich mehr Deutsche den Holländern die Daumen gedrückt als den Spaniern. Das ist schon fast sensationell.

    Eine der hollandverrücktesten Städte der Republik ist Augsburg. In Jos Luhukay und Rob Reekers hat der Zweitligist FC Augsburg nicht nur ein holländisches Trainer-Duo. Gestern verpflichtete der Verein in Kees Kwakman (auch ein putziger Name) seinen vierten Holland-Profi. Beschweren tut sich darüber keiner. Schließlich hat der FCA in dieser Saison alle drei Pflichtspiele (einschließlich DFB-Pokal) gewonnen. Also her mit den Holländern. Auch in Augsburg weiß man: Nicht alles, was aus Holland kommt, ist Käse. Wolfgang Langner

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