Es ist eine ungewohnte Situation für Marco Brenner. Rund 100 Siege konnte der junge Radrennfahrer bisher feiern. Meistens sogar gegen ältere Konkurrenten. Der Augsburger, der vor wenigen Tagen seinen 18. Geburtstag feierte, gilt als das hoffnungsvollste Talent, das der deutsche Radsport derzeit zu bieten hat. Im Juni unterschrieb er einen Profivertrag beim deutschen Team Sunweg für die kommenden vier Jahre. Die U23-Kategorie, über die die meisten Nachwuchs-Profis an die großen Rennen herangeführt werden, überspringt er damit.
Es schien, als würde Brenner, dessen Spezialität das Einzelzeitfahren ist, weiter im ICE-Tempo durch die Radsportwelt rasen. Doch in den letzten Wochen musste der erfolgsverwöhnte Augsburger einige Rückschläge einstecken.
Marco Brenner ist "nur" Zweiter im Einzelzeitfahren bei der Rad-EM
So wurde er bei der U19-Europameisterschaft als großer Favorit im Einzelzeitfahren "nur" Zweiter, weil ihm während des Rennens die Zwischenzeiten des späteren Siegers nicht gemeldet wurden und er sich mit großem Vorsprung unterwegs sah. Als er von seinem Konkurrenten erfuhr, reichte seine Aufholjagd nicht mehr ganz zum Sieg. Auch mit seinem vierten Platz beim Straßenrennen war er nicht so zufrieden. Mit der gleichen Platzierung musste er sich nun auch bei dem erstklassig besetzten viertägigen Junioren-Etappenrennen "Grand Prix Rüebliland" im Schweizer Kanton Aargau begnügen. Viele U19-Nationalmannschaften waren am Start, da in Corona-Zeiten die Zahl der Wettkämpfe deutlich schrumpfte. "Die Platzierung ist nicht schlecht, aber ich bin jetzt nicht so richtig zufrieden damit", sagt Brenner.
Zwar gewann er das Einzelzeitfahren im Trikot der deutschen Nationalmannschaft, doch genügte ihm die kurze Distanz von 8,8 Kilometer nicht, um den auf der Startetappe eingehandelten Rückstand von einer Minute und fünf Sekunden auf den späteren Sieger Andrii Ponomar deutlich zu verkürzen. Der Ukrainer hatte die erste Etappe als Solist gewonnen und zehrte von seinem Vorsprung bis zum Ende. Dabei hatte Brenner auf der letzten Etappe gehofft, den Führenden einzuholen. Allerdings fuhr das deutsche Team taktisch unklug, und so blieb Brenner mit 52 Sekunden Rückstand am Ende der vierte Gesamtrang.
In der Corona-Pandemie fehlt den Sportlern der Wettkampfbetrieb
"Ich habe das ganze Jahr über schon das Gefühl, nicht so richtig in Form zu kommen", rätselt Brenner über die für ihn so ungewohnten Rückschläge. Doch das Rennjahr ist für ihn auch mehr als ungewöhnlich. Bis vor kurzem durften die deutschen Radsportler aufgrund der Corona-Epidemie keine Rennen fahren, während die Konkurrenz schon früher wieder in den Rennbetrieb einsteigen konnte. "Die Wettkämpfe fehlen mir einfach. Das kann man mit Training alleine nicht kompensieren", sagt Brenner.
Zudem ist er, seit er seinen Profivertrag unterschrieben hat, mehr in den Fokus seiner Konkurrenten geraten. "Früher war ich nicht so auf dem Radar der anderen, jetzt habe ich nicht mehr so viele Freiräume", sagt Brenner. Daran müsse er sich erst gewöhnen.
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