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Radsport: Marcel Kittel über sein Buch: "Meine Mama hat bei jeder Seite geheult"

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Marcel Kittel über sein Buch: "Meine Mama hat bei jeder Seite geheult"

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    Ex-Radstar Marcel Kittel hat ein Buch über seine Karriere geschrieben.
    Ex-Radstar Marcel Kittel hat ein Buch über seine Karriere geschrieben. Foto: Patrick Reichardt, dpa

    Marcel Kittel war einer der besten Sprinter der Welt. Er gewann 14 Etappen der Tour de France und ist damit deutscher Rekordhalter. Vor zwei Jahren beendete der 33-Jährige seine Karriere. Der Radsport hat ihn aber nicht losgelassen. Jetzt hat Kittel ein Buch (Piper, 304 Seiten, 22 Euro) über seine Karriere geschrieben.

    Was hat Sie dazu bewogen, Ihre Zeit als Radprofi in einem Buch aufzuschreiben?

    Marcel Kittel: Ich hatte früher immer aus Spaß gesagt, dass ich ein Buch schreibe, wenn ich aufhöre. Weil man das vielleicht ja so macht, wenn man einen Lebensabschnitt beendet. Aber eigentlich hatte ich ein Buch nicht als Ziel. Dann gab es aber ein paar Anfragen in die Richtung und ich dachte mir, dass es jetzt wohl ernst wird. Ich fand es einerseits sehr schön für mich persönlich, die Karriere noch einmal zusammenzufassen und abzuschließen. Zudem habe ich viel erlebt und eine Karriere gehabt, die nicht der perfekte Weg war. Und zu einem gewissen Grad eigensinnig war, auch in dem Entschluss, aufzuhören. Das hatte natürlich seine Gründe und die wollte ich in dem Buch noch einmal beleuchten. Es hat Spaß gemacht. Es war ein schöner und herausfordernder Prozess.

    Wie viel Arbeit steckt in dem Buch?

    Kittel: Das ist schon ein Riesenaufwand. Ich bin sehr froh, dass ich Stephan Klemm als Co-Autor hatte. Er hat mir, um im Sport zu bleiben, den Sprint angefahren. Weil er Erfahrung mitbringt und mir vor allem bei der Struktur geholfen hat.

    Ehemalige Radprofis haben in der Vergangenheit schon häufiger Bücher geschrieben. Dominik Nerz zum Beispiel über die Härten des Radsports oder Tyler Hamilton über Doping. Beide zeichnen ein eher dunkles Bild. Was ist die Kernaussage Ihres Buches?

    Kittel: Wenn ich auf meine Karriere zurückschaue, bin ich schon stolz und ich spüre große Freude, dass ich das alles so machen konnte. Bei allen Erfolgen wird es aber auch um meine zwei Krisenjahre gehen. In gewissen Phasen geht dann eben auch die Freude verloren. Ich habe viel über diesen Prozess geschrieben, der mich auch als Mensch beschäftigt hat. Ich bin da sehr ehrlich, es ist sehr persönlich, unter anderem mit Tagebucheinträgen aus diesen Zeiten. Was ich mir am meisten wünschen würde, ist, dass das Leute auch auf sich übertragen können. Denn das sind keine Ausnahmesituationen, die nur Top-Sportlern vorbehalten sind. Es kann jeden treffen. Im Radsport ist es im Moment ja ein großes Thema, weil sich Sportler wie Lennart Kämna eine Auszeit nehmen. Gerade der Radsport ist extrem fordernd.

    Also auch eine Art Plädoyer für mehr Achtsamkeit im Umgang mit sich selbst?

    Kittel: Ja, auf jeden Fall. Gerade im Berufssport ist es ein Fehler, das persönliche Glück nur in den Erfolgen zu suchen. Dazu muss auch das Drumherum passen.

    Wie gehen Sie damit um, dass jetzt wildfremde Menschen lesen, was in Ihrem Innersten vorgegangen ist?

    Kittel: Das hat in dem ganzen Prozess schon eine Rolle gespielt. Meine Mama hat das Buch gelesen und danach gesagt, sie hat bei jeder Seite geheult. Weil sie auch nicht wusste, was in mir vorgegangen ist. Aber für mich ist das alles die Vergangenheit. Natürlich sind das Emotionen, die jetzt auch noch da sind – aber nicht mehr in der Stärke. Ich habe den nächsten Schritt gemacht.

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