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Radsport: Kein Dopingsturm, aber auch kein Frieden

Radsport

Kein Dopingsturm, aber auch kein Frieden

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    Kein Doping-Nachbeben 2008, aber auch kein Frieden
    Kein Doping-Nachbeben 2008, aber auch kein Frieden Foto: DPA

    Zwar verkündete Pierre Bordry, Chef der nationalen Anti-Doping-Agentur AFLD, am 7. Oktober: "Die 17 Nachkontrollen waren negativ." Aber so richtig zufrieden war der Ober-Kontrolleur bei seiner Pressekonferenz in Paris nicht. Zu sehr stört sich Bordry am UCI-Testprogramm bei der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt, bei der den Fahndern kein einziger Doping-Sünder ins Netz gegangen war. "Das war nicht alles so, wie es sein sollte", kritisierte der

    Der frühere Gerolsteiner-Teamchef Hans-Michael Holczer nahm die Nachricht, dass keine weiteren Doping-Fälle für die Tour 2008 zu vermelden sind, keineswegs euphorisch auf. "Mich erstaunt das nicht", sagte Holczer der Deutschen Presse-Agentur dpa. Zugleich deutete der Schwabe an, dem Frieden nicht so richtig zu trauen. Nachträgliche Doping-Fälle hätten "einen riesigen juristischen Rattenschwanz hinter sich hergezogen. Den scheut man", sagte Holczer, dessen frühere Profis Stefan Schumacher, der Doping bis heute bestreitet, und Bernhard Kohl in Nachtests zur Tour 2008 positiv auf das EPO-Präparat CERA getestet worden waren.

    Schumachers Anwalt Michael Lehner kritisierte die AFLD nach dem lauen "Pressewind" scharf. Schumacher fühle sich mehr denn je als "Opfer einer AFLD-Politik" und als "Versuchskaninchen", das auf Grundlage eines "unsicheren Ergebnisses" gesperrt worden sei. Das zum 1. Juli 2009 zertifizierte CERA-Testverfahren sei im Oktober 2008, als Schumacher positiv getestet worden war, nicht zulässig gewesen. Via Lehner forderte der Nürtinger die AFLD auf, "die ihm zugeordneten falsch-positiven Analyseergebnisse zurückzuziehen".

    Auch den Molekularbiologen Werner Franke überzeugte die Kunde aus Paris nicht, wenn auch aus ganz anderen Gründen. "Mit den unzulänglichen Testverfahren, die angewendet wurden, kann nichts herauskommen", monierte der Anti-Doping-Kämpfer.

    Selbst UCI-Präsident Pat McQuaid, der für gewöhnlich derartige Meldungen feiert und dem krisengeplagten Radsport dann attestiert, auf dem richtigen Weg zu sein, verspürte keinerlei Genugtuung. Im Gegenteil. Am Rande des IOC-Kongresses in Kopenhagen wetterte der Ire gegen seinen Gegenspieler Bordry und dessen Pariser "PR-Aktion". "Ich bin nicht erleichtert über die Ergebnisse, denn das Verhalten der AFLD und von Herrn Bordry war absolut inakzeptabel", schimpfte McQuaid. Bordry hätte sich mit der UCI zusammensetzen müssen, "bevor er an die Öffentlichkeit geht und eine negative Stimmung auslöst".

    Auch wenn Bordry nicht mit neuen Doping-Fällen zur Tour 2008 aufwartete, so war zumindest seine Mängelliste für die diesjährige "Große Schleife" lang. McQuaids Erzfeind bemängelte eine zu große Nähe der UCI-Kontrolleure zu den Fahrern, Zeitverzögerungen bei den Tests, einen schlechten Umgang mit den Proben und eine bevorzugte Behandlung des Astana-Teams um Gesamtsieger Alberto Contador und Superstar Lance Armstrong. Er verstehe nicht, warum die Tour-Verantwortlichen nicht das machen, wozu sie sich verpflichtet hätten, sagte Bordry, den die UCI künftig wohl nicht mehr ins Testprogramm bei der Tour einbeziehen wird. "So wie sie sich im Moment verhalten, werden wir mit ihnen nicht weiterarbeiten", kündigte McQuaid an.

    Auch ohne weitere Positiv-Befunde geht die Frankreich-Rundfahrt 2008 als Skandal-Tour in die Radsport-Geschichte ein. Insgesamt wurden sieben Profis positiv getestet, sechs davon auf das Blutdopingmittel EPO oder das verfeinerte Präparat CERA. Nach der Doping-Beichte des Österreichers Kohl entschied sich die AFLD, die Proben einiger Fahrer von 2008 nachträglich zu testen. Von 17 Profis seien erneut Blut- und Urinproben untersucht worden, sagte Bordry, ohne Namen zu nennen.

    Für weitere Tests hätten die Mittel gefehlt. "Unser Ziel ist es nicht, etwas zu finden", betonte der Franzose, der auch der Tour 2009 kein sauberes Zeugnis ausstellen will. Denn die AFLD hält es für möglich, dass neue, noch nicht nachweisbare Mittel zum Einsatz gekommen sind. (dpa)

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