Eufemiano Fuentes ist Arzt – seit 2016 darf er sich wieder so nennen. Er ist nicht irgendein Arzt, sondern einer der bekanntesten Sportmediziner der Welt. Seine Berühmtheit erlangte Fuentes allerdings in erster Linie durch seine Skrupellosigkeit. Er gilt als der Doping-Arzt schlechthin – zu seinen Kunden zählten unter anderem Jan Ullrich, Tour-de-France-Sieger Alberto Contador und zahlreiche weitere ehemalige Weltklasse-Radsportler.
Fuentes' Karriere als Sportmediziner begann bereits zweifelhaft
2016 fand die „Operación Puerto“, wie der Skandal um Fuentes genannt wird, ihr vorläufiges Ende. Ein Madrider Berufungsgericht sprach den Arzt aus Gran Canaria frei. Damit kassierten die Juristen ein Urteil aus dem Jahr 2013, in dem Fuentes zu einem Jahr Haft und einem vierjährigen Berufsverbot als Sportarzt verurteilt worden war. Doch wie kam es überhaupt so weit?
Fuentes’ Geschichte ist von Anfang eine, die Zweifel aufwirft. Nach seinem Studium an der Universität in Nordspanien betreute er 1984 die spanische Olympiamannschaft bei den Sommerspielen in Los Angeles. Seine Verlobte und spätere Ehefrau Cristina Pérez stellte 1988 den spanischen Rekord über 400 Meter Hürden auf. Kurz darauf wurde sie positiv auf Anabolika getestet, die Dopingprobe allerdings für ungültig erklärt. Am Ende der Affäre stand das Karriereende von Fuentes’ Partnerin. Auch der Sportarzt verabschiedete sich aus der Leichtathletik und widmete sich fortan dem Radsport.
2006 wurde Doping-Arzt Fuentes festgenommen
Bis zur Auflösung des Teams im Jahr 2007 war Fuentes Mannschaftsarzt im Rennstall Liberty Seguros-Würth. Gegen Ende dieser Zeit deckte eine Anti-Drogen-Einheit der Guardia Civil dessen Machenschaften nach monatelanger Observation auf. Von der Tour de France 2006 wurden 58 Fahrer ausgeschlossen, darunter auch Alberto Contador. In Deutschland stand vor allem Jan Ullrich im Zentrum des medialen Interesses. Er war einer der Namen auf einer Liste mit 38 Radsportlern, die angeblich mit Fuentes zusammengearbeitet hatten. Der Mediziner soll europaweit Profiradsportler unter anderem mit Eigenblut gedopt haben. Weitere angebliche Kunden: Ivan Basso, Roberto Heras, Tyler Hamilton, Joseba Beloki und Alberto Contador.
Bei seiner Festnahme am 23. Mai 2006 verfügte Fuentes über ein Dutzend Handys. Die Beweislast gegen ihn – erdrückend. In einer Madrider Wohnung fand die Guardia Civil hunderte von Blutplasmakonserven sowie Erythropoetin (EPO), Wachstumshormone und Anabolika. Fuentes selbst beschrieb sein Vorgehen als Anwendung „biologischer Methoden, um die Erholungszeit zu verkürzen.“
Seit 2016 ist Fuentes wieder als Arzt zugelassen
Tatsächlich funktionierte die Methode Fuentes wohl so: Für viel Geld erwarb der Arzt eine Zentrifuge und Apparaturen, die es erlaubten, Blut in einem Spezialverfahren einzufrieren. Fuentes beschriftete die Blutbeutel, allerdings nicht mit den Namen von Sportlern, sondern mit Code-Bezeichnungen, die die Ermittler erst nach und nach dechiffrieren konnten. „Mir geht es darum, die Gesundheit meiner Patienten zu schützen“, rechtfertigte Fuentes sich damals. „Der Hochleistungssport ist nicht gesund, denn er überfordert den menschlichen Körper. Man muss zu Medikamenten greifen, um angerichtete Schäden zu beheben.“ Fuentes gab nie Namen preis – das sei ein Berufsgeheimnis.
Nachdem die Ermittlungen gegen Fuentes 2007 eingestellt wurden – seine Handlungen waren nach Ansicht der Behörden nämlich vor Inkrafttreten des Anti-Doping-Gesetzes in Spanien nicht strafbar gewesen – gab ein Gericht dem Einspruch verschiedener Sportverbände statt und billigte die Fortsetzung der Untersuchungen. Im Oktober 2008 folgte die zweite Einstellung.
2013 kam es wie erwähnt doch noch zur Verurteilung von Fuentes. Nach dem Freispruch von 2016 ist er heute auf dem Papier aber wieder ein ganz normaler Arzt – falls er das je gewesen ist.
Dieser Artikel ist Teil der Serie "Schwarze Schafe des Sports". Sie erscheint hier in loser Abfolge.
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