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Porträt: Warum Aufsteiger Julian Weigl früher ein schlechtes Image hatte

Porträt

Warum Aufsteiger Julian Weigl früher ein schlechtes Image hatte

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    Julian Weigl steht im vorläufigen EM-Kader. Vor einem Jahr hätte das kaum jemand gedacht.
    Julian Weigl steht im vorläufigen EM-Kader. Vor einem Jahr hätte das kaum jemand gedacht. Foto: Peter Powell, dpa

    Als Julian Weigl nach dem verlorenen DFB-Pokalendspiel im Bauch des Berliner Olympiastadions den Journalisten gegenübertritt, wirkt er aufgeräumt. Kaum abgekämpft, die dunkelbraunen Haare geschniegelt und gestriegelt. Nichts deutet darauf hin, dass er soeben ein denkwürdiges Fußballspiel bestritten hat. Höchst emotional geführt, nervenaufreibend.

    Weigl hat sich in seinem ersten Finale nicht anstecken lassen von der hitzigen Atmosphäre. Als Ribéry und Castro aneinandergerieten, hielt er sich fern. Weil Rudelbildung nicht seine Art ist. Erstaunlich abgeklärt, unaufgeregt und überlegt agiert er mit seinen 20 Jahren im Zentrum des Mittelfelds. Weigls Ex-Trainer Bierofka verglich ihn bei 1860 München einst mit einem 35-Jährigen – seines reifen Auftretens wegen. Weigl war da 18.

    Bei 1860 war Weigl kein uneingeschränkter Stammspieler

    Als sich Borussia Dortmund im Sommer vergangenen Jahres die Dienste Weigls sicherte, verwunderte dies. Doch Trainer Thomas Tuchel hatte einen Plan. In seinem Spielsystem geht es um Ballbesitz, um Passspiel, um Kontrolle. Tuchel setzte fortan im Zentrum auf den 1,87 großen und rund 70 Kilogramm leichten Weigl, der von sich sagt, er könne alles essen, ohne zuzunehmen.

    Weil im Abstiegskampf der 2. Liga Körperlichkeit gefragt war, war Weigl bei 1860 München nicht uneingeschränkter Stammspieler, lief eher mit als aufzufallen. Im Nachhinein wirken die 2,5 Millionen Euro Ablöse, die der BVB investierte, wie ein Schnäppchen. In Dortmund machte sich Weigl innerhalb kürzester Zeit unverzichtbar, sogar der FC Barcelona soll ihn beobachten. Zum Spaß sei er nicht nach

    In den Jugend leistete sich Weigl einiges

    Weigl gilt als Musterprofi. Immer war das nicht so. Bei den „Löwen“ leistete er sich ein Missgeschick. Zwei Wochen nach der Ernennung setzte ihn der Verein als Kapitän ab, da Weigl bei einer nächtlichen Taxifahrt über 1860 gelästert haben soll. Der Taxifahrer, glühender Löwen-Anhänger, petzte bei der Vereinsführung. Weigls Image war angekratzt. Oder bestätigt. Als Kind und Jugendlicher leistete er sich manchen Schabernack, Trainer strafversetzten ihn dafür gelegentlich auf die Ersatzbank.

    Dortmunds Trainer Tuchel verzichtet auf Weigl nur, will er ihn schonen. Nicht nur sportlich ist Tuchel begeistert, bezeichnet Weigl als wohlerzogen, als offen und herzlich.

    Abseits des Rasens gilt Weigl als bodenständiger Typ. Freundin Sarah Richmond ist mit ins Ruhrgebiet gezogen, sich selbst sieht der gebürtige Bad Aiblinger als Familienmensch. Den breiten oberbayerischen Dialekt hat er längst abgestreift, in Interviews deutet nichts auf seine Wurzeln hin. Statt einen Kulturschock zu erleiden, fand er sich erstaunlich schnell in seiner Wahlheimat zurecht.

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