Es gab Zeiten, in denen wurde die Fußball-Bundestrainerin auf der Straße kaum erkannt. Dabei ist Silvia Neid seit 2005 die höchst erfolgreiche Chefin der deutschen ZDF ändert Spot zur Frauenfußball-EM. Diese Wissenslücke dürfte sich in weiten Teilen der Bevölkerung geschlossen haben, seit Neids Mannschaft als Titelverteidiger bei der WM 2011 in Deutschland massiv ins Licht der Öffentlichkeit gerückt ist. Doch ausgerechnet im eigenen Land scheiterten die erfolgsverwöhnte Trainerin und ihr Team. Die Gastgeber schieden im Viertelfinale aus, weshalb nun bei der Europameisterschaft in Schweden das ramponierte Image wieder aufpoliert werden soll (letztes Vorrundenspiel gegen Norwegen Mittwoch, 18 Uhr/ARD).
Kaffeeservice für die Europameisterschaft
Silvia Neid, die selbst 111 Spiele im Nationaltrikot bestritt, gehörte 1989 noch zu jenen Spielerinnen, die vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) für den Gewinn des Europameistertitels ein Kaffeeservice überreicht bekamen. 24 Jahre später trainiert sie eine Nationalmannschaft, die, was Prämien und Professionalität betrifft, auf der Höhe der Zeit angekommen ist.
Diese Entwicklung hat die im nordbadischen Walldürn geborene Neid immer akribisch vorangetrieben. „Mein Job ist es, leistungsorientiert zu denken“, sagte die 49-jährige Blondine einmal in ihrer freundlich-reservierten Art, die so gar nicht darauf schließen lässt, dass sie Kritiker auch mal messerscharf abkanzeln kann. Mit den Erfolgen als Trainerin – Weltmeister, Europameister, Olympia-Bronze und Algarve-Cup-Sieg – hat sie die Fußballerinnen aus der Mauerblümchen-Ecke herausgeholt.
Druck und Erwartungshaltung werden immer größer
Doch mittlerweile hat es den Anschein, als ginge Neid der neue Trubel mit Fotos, Pressekonferenzen, Autogrammwünschen und Interviews etwas zu weit. Als hätte sie nichts dagegen, mit ihrem Team wieder ein bisschen mehr in das einstige Niemandsland abzutauchen. Der Druck und die öffentliche Erwartungshaltung werden immer größer.
Doch der DFB baut fest auf seine Frontfrau Neid. Vor der WM 2011 hat man den Vertrag mit der gelernten Fleischereifachverkäuferin bis 2016 verlängert. Neid lebt und arbeitet für den Fußball, ihr Privatleben hält sie eisern unter Verschluss. Weder Mann noch Frau wurden je an ihrer Seite gesehen, öffentlich tritt Neid stets allein auf.
Kritik an Silvia Neid
Kritik an ihrer Arbeit wurde bisher selten laut. Auch das hat sich geändert. Bernd Schröder, Trainer des Bundesligisten Turbine Potsdam, hat Neid auf dem Kieker. „Sie gehört ausgetauscht“, wettert er nach jedem schlechten Ergebnis. Patzt die Nationalelf bei der EM, dürfte Neid nicht mehr ganz so unangreifbar sein wie in den vergangenen Jahren.