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Philipp Lahm: Hat der "kleine Capitano" das Zeug zum Anführer?

Philipp Lahm

Hat der "kleine Capitano" das Zeug zum Anführer?

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    Philipp Lahm passt nicht in das klassische Bild eines Fußball-Kapitäns. Trotzdem rückt der Spieler weiter ins Zentrum des Spiels der Nationalmannschaft.
    Philipp Lahm passt nicht in das klassische Bild eines Fußball-Kapitäns. Trotzdem rückt der Spieler weiter ins Zentrum des Spiels der Nationalmannschaft. Foto: Marcus Brandt (dpa)

    In der Geschichte der Menschheit waren Anführer meist groß, stark, schlau, redegewandt oder charismatisch. Im besten Fall waren sie alles zusammen. Sie sind vorausgegangen, wenn der Wind von vorne kam, der Gegner die Übermacht gewann und große Entscheidungen zu treffen waren.

    Die Frage, die sich für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft und ihren Plan, in Brasilien Weltmeister zu werden, daraus ergibt: Kann Philipp Lahm ihr Anführer sein, und wenn er es kann, benötigt ihn die Mannschaft in diesem Amt überhaupt, wo doch jedes halbwegs fortschrittliche Unternehmen flache Hierarchien predigt?

    Lahm wurde als Nachfolger von Ballack zum "Capitano"

    Zunächst einmal ist Lahm Kapitän, was ihm allerdings nur bei der Seitenwahl eine herausgehobene Stellung verschafft.

    Wie er dagegen überhaupt in das Amt gekommen ist, beantwortet zumindest den ersten Teil der Frage. Die Kapitänsbinde war ihm 2010 zugefallen. Damals war Michael Ballack Spielführer gewesen. Ein mächtiger Anführer, der nie die Frage aufkommen ließ, ob die Mannschaft einen Boss auf dem Feld benötigt oder nicht. Einer mit Ehrentitel sogar: „Capitano“. Doch der Capitano fehlt in Südafrika wegen einer Verletzung.

    Lahm, sein Vertreter, übernahm das Amt, stellte noch während der WM klar, dass er freiwillig nicht mehr abtreten werde. Hätte man dem kleinen Philipp nicht zugetraut. Andererseits ist die Menschheitsgeschichte voll von Anführern, die sich an die Spitze geputscht haben.

    Philipp Lahm setzte sich gegen andere Kandidaten durch

    Ballack kam nicht mehr zurück und Lahm blieb Kapitän. Joachim Löw hatte den Kleinen gewähren lassen, das Machtvakuum zu schließen. Es hatte auch andere Kandidaten gegeben: den Erfahrensten, Miroslav Klose. Aber Klose litt unter einer Formschwäche. Und Bastian Schweinsteiger, auf dem Spielfeld ein echter Leitwolf, fehlen jenseits der Außenlinien die emotionale Balance und das sprachliche Geschick.

    Lahm hat von beidem reichlich. Der 30-Jährige wäre an jedem Gymnasium Schülersprecher. Nicht, dass er sich in eine solche Rolle drängen würde. Ist sie aber frei, greift er gerne zu. In der Nationalelf ist er ein kleiner Capitano am Ende einer flachen Hierarchie.

    So war das schon vor vier Jahren bei der WM in Südafrika, so ist das auch jetzt in Brasilien. Die deutsche Mannschaft spielt ohne mächtigen Leitwolf, weshalb nicht immer klar ist, wer wann vorangeht und ob es überhaupt an jedem Tag eines Anführers bedarf.

    Bastian Schweinsteiger ist der "aggressive leader"

    Das macht sie für den Gegner schwerer ausrechenbar, als wenn von vorneherein klar ist, wer der Chef ist, den es zu stürzen gilt. Kommt der Wind kräftig von vorne, zumal im Spiel, gibt Schweinsteiger den besten Boss ab, was ihm vor vier Jahren das Prädikat des „aggressive leader“ eingetragen hat. Ob der 29-Jährige nach Verletzungsproblemen in Brasilien allerdings dazu körperlich in der Lage ist, weiß niemand.

    Ähnlich liegt der Fall bei den anderen Alphatieren im Team, Samy Khedira und Miroslav Klose. Letzterer darf als Mannschaftsältester, allein kraft seiner 36 Jahre, eine Führungsrolle beanspruchen. Ob er sie tatsächlich auch auf dem Platz spielen darf, ist noch offen, weshalb am Ende doch wieder alles auf den Kapitän zuläuft.

    Philipp Lahm rechnet mit einer Position im Mittelfeld

    Dass Lahm beim FC Bayern, wo er 2011 Mark van Bommel als Spielführer abgelöst hatte, ins Mittelfeld vorgerückt ist, hat seine Rolle erweitert. Nach Lage der Dinge wird er auch in Brasilien im Zentrum des Spiels stehen.

    Hinweise dafür, so Lahm, habe der Abschlusstest gegen Armenien geliefert. Hier agierte der Kapitän ebenfalls im Mittelfeld. „Wenn man im letzten Spiel vor einer WM auf einer bestimmten Position spielt, geht man davon aus, dass man auf dieser Position auch eingesetzt wird.“

    Eine Aussage, die für den Bundestrainer auch als Bewerbung zu verstehen ist. Lahm will nicht mehr als Außenverteidiger am Rande des Spiels stehen. Er will die Mitte, Einfluss haben, gestalten und vorneweg gehen. Ein Spielführer – wenn es sein muss auch ein Anführer.

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