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Pechstein und Co: Alte Eisen im olympischen Feuer

Pechstein und Co

Alte Eisen im olympischen Feuer

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    Eisschnellläuferin Claudia Pechstein gehört auch mit Mitte 40 noch zu den deutschen Medaillenhoffnungen.
    Eisschnellläuferin Claudia Pechstein gehört auch mit Mitte 40 noch zu den deutschen Medaillenhoffnungen. Foto: Jerry Lampen, dpa

    Diese Geschichte beginnt mit einer Enttäuschung. Die des Ole Einar Björndalen. Der erfolgreichste Biathlet aller Zeiten hat es nicht in die norwegische Mannschaft für Pyeongchang geschafft. Andere waren besser. Ein ungewohntes Gefühl für den 44-Jährigen, den sie einst den Kannibalen nannten, weil sein Erfolgshunger schier unersättlich war. Die Winterspiele im fernen Asien hätten der Schlussakt einer großartigen Karriere werden sollen.

    Ole Einar Björndalen: Vom Kannibalen zum Animateur

    So aber wird der achtmalige Olympiasieger dort nur am Rande der Loipe zu sehen sein. Der weißrussische Biathlon-Verband hat ihn in sein Trainerteam für Südkorea berufen. Björndalens Gattin Daria Domratschewa ist Weißrussin und Mutter der gemeinsamen Tochter Xenia. Sie solle sich wohlfühlen in Pyeongchang, sagte Generalsekretär Anatoly Stromsky vom nationalen Biathlonverband. Vom Kannibalen zum Animateur. Schwer vorstellbar, dass Björndalen in seiner neuen Rolle aufgehen wird.

    Der Norweger Ole Einar Björndalen wurde von seinem Land nicht nominiert.
    Der Norweger Ole Einar Björndalen wurde von seinem Land nicht nominiert. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Weit erfreulicher verliefen die vergangenen Wochen für Claudia Pechstein. Sie hat geschafft, was ihr kaum einer noch zugetraut hatte. Im Spätherbst ihrer Karriere qualifizierte sich die bald 46-Jährige für ihre siebten Olympischen Winterspiele. Keine andere deutsche Sportlerin war erfolgreicher als die Eisschnellläuferin. Fünfmal Gold, zweimal Silber und zweimal Bronze hat sie schon gewonnen. Angesichts ihrer Vorleistungen in dieser Saison ist nicht ausgeschlossen, dass in Pyeongchang weiteres Edelmetall dazukommt. Ihr Motto: „Ich gehe in jedes Rennen mit dem Bewusstsein, dass mein letzter Sieg oder meine letzte Treppchen-Platzierung schon hinter mir liegen könnten.“

    Sicher ist, dass hinter Pechstein einer der größten Dopingskandale der deutschen Sportgeschichte liegt. Sie war wegen abnormaler Blutwerte gesperrt worden, hatte dies aber mit einer vererbten Anomalie begründet. Mehrere Experten halten diese Erklärung für plausibel. Trotzdem musste sie eine zweijährige Sperre absitzen und wurde von der Internationalen Eislauf-Union (ISU) nie offiziell rehabilitiert. Der Grund ist einfach: Pechstein hat die ISU auf Schadenersatz in Millionenhöhe verklagt und marschiert durch die Instanzen.

    Claudia Pechstein polarisiert

    Pechstein polarisiert aber auch über ihre Dopingsperre hinaus. Für Ärger sorgte unter anderem, dass ihr Lebensgefährte Matthias Große eine der limitierten und dadurch höchst begehrten Akkreditierungen für Pyeongchang erhalten hat – als Pechsteins Mentaltrainer. Schon in Sotschi vor vier Jahren hatte er an der Seite seiner Freundin gestanden, die ihn „meinen Bodyguard“ nennt. Das dürfte seine Funktion ohnehin am besten beschreiben, denn mit Mentalcoaching hat der ehemalige Berufssoldat und Unternehmer wenig zu tun. Die Süddeutsche Zeitung berichtete, dass sich andere Sportler durch Großes Anwesenheit schon gestört, einige sogar eingeschüchtert gefühlt hätten. Auch zwei Vertreter des Sportausschusses des Deutschen Bundestages hätten Anrufe Großes als bedrohend empfunden. Große habe das aber bestritten. Er habe nur klare Ansagen gemacht (lesen Sie auch das Interview mit Claudia Pechstein).

    Noriaki Kasai siegte schon, als die Berliner Mauer noch stand

    Frei von Misstönen ist die Vita des Noriaki Kasai. Der japanische Skispringer genießt Legendenstatus weit über seine Sportart hinaus. Im Juni dieses Jahres wird er 46. Als er 1988 zum ersten Mal im Weltcup von einer Schanze sprang, stand die Berliner Mauer noch. In Sotschi vor vier Jahren gewann er zwei Medaillen. 2015 wurde er der älteste Skisprung-Weltmeister aller Zeiten.

    Zuletzt allerdings sprang der schweigsame Japaner meist hinterher. Einziger Lichtblick war das Skifliegen im österreichischen Tauplitz, wo er Fünfter wurde. Bei den Fans ist er unabhängig von Ergebnissen extrem beliebt. Wo er auftaucht, muss er Autogramme schreiben und in Handykameras lächeln. Interviews dagegen gibt er nur selten. Das liegt auch daran, dass er nur wenig Englisch spricht und auf einen Dolmetscher angewiesen ist. Wenn Kasai dann aber doch einmal spricht, gibt er sich bescheiden: „Ich mache eigentlich auch nichts Besonderes, was Training oder Ernährung angeht. Ich denke, es ist mir einfach in die Wiege gelegt worden.“

    Vom ältesten Olympioniken aller Zeiten trennen den Japaner noch 13 Jahre. Carl August Kronlund stand 1924 in der Curling-Mannschaft Schwedens und gewann die Silbermedaille. Er war damals 58 Jahre und 155 Tage alt. Ob Kasai in diesem Alter noch springen wird, ist mindestens fraglich. Er selbst sieht momentan aber noch keinen Grund, seiner Karriere eine Grenze zu setzen. Ganz im Gegenteil.  Sollte seine Heimatstadt Sapporo den Zuschlag als Gastgeber der Winterspiele 2026 bekommen, „dann will ich dort starten“.

    Skispringer Noriaki Kasai denkt noch nicht ans Aufhören.
    Skispringer Noriaki Kasai denkt noch nicht ans Aufhören. Foto: Barbara Gindl, dpa
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