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Olympia: Karate verspricht besonderes Olympia-Flair

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Karate verspricht besonderes Olympia-Flair

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    Die Kampfkunst Karate gilt als japanischer Exportschlager.
    Die Kampfkunst Karate gilt als japanischer Exportschlager. Foto: dpa (Symbolbild)

    Karate gehört bei diesen Olympischen Spielen erstmals zum Olympischen Wettkampfprogramm. Offizielle bezeichnen den Kampfsport gern als japanische Erfindung. Aber das ist nicht ganz richtig. „Kämpfen ist immer erst die letzte Lösung!“, mahnt Mister Miyagi seinen Schüler Daniel LaRusso. Der pubertierende Junge hat die ersten Schläge und Tritte erlernt, sei aber noch lange nicht weit genug, um sich gegen seine Widersacher in der Schule zu wehren. Und geht es nach Mister Miyagi, dann sollte Daniel die Dinge, die ihm sein hilfsbereiter Lehrer beibringt, sowieso nur im Notfall in Verteidigung anwenden. Dies ist die wohl wichtigste Botschaft von „Karate Kid“, einer Filmreihe aus den 1980ern, die eine Kampftechnik weltweit popularisieren sollte.

    „Karate Kid“ ist einer von mehreren Gründen, weshalb heute rund 100 Millionen Menschen in gut 190 Ländern diesen Kampfsport betreiben. Der hohe Internationalisierungsgrad ist wiederum ein wichtiges Kriterium, warum Karate bei den Spielen von Tokio erstmals zu den olympischen Disziplinen zählt. Wobei in Konkurrenz zu anderen Sportarten, die ebenfalls olympisch werden wollten, auch der Austragungsort der aktuell laufenden Spiele geholfen hat: Tokio ist die Hauptstadt von Japan, auf dessen Staatsgebiet Karate einst entstanden ist.

    Judo-Geschichte reicht einige Jahrhunderte zurück

    Die Aufnahme einer Disziplin ins olympische Programm in jenem Land zu feiern, wo sie herkommt, verleiht der ganzen Veranstaltung ein besonderes Flair. So wird in Japan seit Wochen immer mal wieder darauf hingewiesen, dass in der bekannten Tokioter Kampfsporthalle Budokan von Donnerstag bis Samstag die ersten Olympiamedaillen der jahrhundertealten Karategeschichte vergeben werden. Um diesem Ereignis die entsprechende Bedeutung zu verleihen, hat die japanische Regierung die Technik noch kurz vor Olympiabeginn als „japanische Kampfkunst“ vorgestellt. Auch japanische Zeitungen nutzen diese Formulierung gern.

    Wobei bekannt ist, dass dies eigentlich nicht stimmt. Karate wurde im 14. Jahrhundert auf der Inselgruppe Okinawa entwickelt, die geografisch näher an Taiwan liegt als an der japanischen Hauptinsel Honshu. Heute gehört Okinawa zwar zum japanischen Staatsgebiet. Allerdings war dies in der Ursprungszeit der Kampftechnik noch nicht der Fall. In Okinawa legen viele Karateka, die den alten Stil pflegen, darauf großen Wert. Denn mit der formalen Kolonisierung durch Japan im 19. Jahrhundert verlor die Inselgruppe, die sich einst Ryukyu-Königreich genannt hatte, große Teile ihrer Kultur, darunter auch weitgehend den Gebrauch ihrer Sprache.

    Karate bedeutet: leere Hand

    Karate, was sich mit „leere Hand“ übersetzt, gehört zu den Dingen aus Okinawa, die den japanischen Imperialismus überlebt haben. Die Technik mit den harten Tritten und Schlägen, die zur Verteidigung gegen bewaffnete Feinde diente, wurde sogar zum Exportprodukt. Als es im 20. Jahrhundert mehrere Menschen von Okinawa auf die Hauptinsel Honshu zog, popularisierte sich Karate zuerst in ganz Japan, wo sich verschiedene Stile entwickelten. Nach dem Zweiten Weltkrieg verbreiteten dann zuerst japanische Auswanderer die Kampfkunst. Später taten dies auch Soldaten, die von den nach dem Krieg in Okinawa errichteten US-Militärbasen heimkehrten.

    Wer heute irgendwo auf der Welt Karate lernt, dürfte über die Herkunft zumindest in Grundzügen Bescheid wissen. Auch der Film Karate Kid gibt dazu Hinweise. Miyagi, der Name des Lehrers, ist zum Beispiel typisch okinawanisch. In Japan ist dies heute weniger Konsens. Laut der Präfektur Okinawa erkennt nur ein gutes Drittel der japanischen Bevölkerung den Ursprung von Karate als okinawanisch an. Auch die Tokioter Olympiaveranstalter haben sich in dieser Sache kaum bemüht. Als sich Japans Hauptstadt noch um das Austragungsrecht bemühte, sagte der damalige Vorsitzende des Bewerbungskomitees, Tsunekazu Takeda: „Wie Sie wissen, begann Karate in Japan.“

    Wettkämpfe sollten in Fukushima stattfinden

    Auf die Frage, ob die Tokioter Spiele irgendwas tun würden, um das okinawanische Erbe zu erwähnen oder zu würdigen, nannte Takeda damals keine Pläne. Die Wettbewerbe im Karate etwa in Okinawa auszutragen, hatte man von Anfang an nicht vor. Dagegen wollten die Organisatoren schon früh einige Spiele im Softball und Baseball in Fukushima-Stadt steigen lassen. Der Grund: Zehn Jahre nach einer verheerenden Natur- und Atomkatastrophe sollte Olympia vor Ort den Wiederaufbau der Region symbolisieren. Dabei liegt Fukushima-Stadt 60 Kilometer von der beschädigten Küstengegend entfernt und war ohnehin nie beschädigt.

    Menschen in Okinawa fühlen sich ausgenutzt

    Wettkämpfe in Fukushima dienten einer gewollten Botschaft, Wettkämpfe in Okinawa eher nicht. Denn dort wäre man nicht nur auf Kritiker der Zentralregierung gestoßen, von der sich viele Menschen ausgenutzt fühlen. Für den Friedensvertrag Ende des Zweiten Weltkriegs überließ Japan den siegreichen USA zunächst die Kontrolle über Okinawa. Als die Präfektur dann 1972 an Japan zurückgegeben wurde, blieben die Militärstützpunkte aber vor Ort. Heute gehört Okinawa zu den ärmsten Regionen Japans. Wer weniger politisch denkt und mehr kulturell, kommt auch bei Karate auf einige Kritikpunkte. Beim Besuch in einem traditionellen Trainingsstall in Okinawas Hauptstadt Nara wird einem eines gleich am Anfang erklärt: „Karate ist eigentlich kein Sport.“ Es handle sich um eine Kampfkunst, die nur physisch und philosophisch zu begreifen sei. Und weil der physische Kampf erst am Schluss stehe, so hört man es immer wieder, sei der olympische Wettkampfgedanke ein Widerspruch zum traditionellen Karate.

    Auch mit diesem Gedanken bemüht sich die Präfektur Okinawa um die Aufnahme der alten Kampfkunst ins Unesco-Weltkulturerbe. An dieser Initiative hat sich das Tokioter Organisationskomitee der Olympischen Spiele nicht beteiligt.

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