Für Japan sollten die Spiele auch als Internationalisierungsschub dienen. Ohne Zuschauer aus dem Ausland wird das nicht leichter. Aber diverse japanische Athleten könnten trotzdem etwas bewirken.
Olympische Spiele sind viel mehr als nur die größte Sportveranstaltung der Welt. Das betonen jedenfalls das IOC und das lokale Organisationskomitee jedes Mal. Damit auch Sportmuffel empfinden können, was es heißt, "Feuer und Flamme" zu sein, denken sich die Veranstalter im Vorfeld der Spiele möglichst große Ideale aus, die sie dann zum Motto der Spiele erklären.
Ein Motto von Olympia 2021 lautet: "Einheit in Vielfalt"
In Tokio lauten die Devisen: "Sein persönliches Bestes erreichen", "Etwas Bleibendes für die Zukunft schaffen" und "Einheit in Vielfalt." Während das erste Motto die Zuschauer zu persönlichem Ehrgeiz inspirieren soll, betont das zweite, dass die eigens für Olympia errichteten Spielstätten auch in Zukunft noch stehen werden. Besonders interessant – und heikel – aber ist das dritte Motto.
"Einheit in Vielfalt" erläutern die Organisatoren auf ihrer Website so: "Respekt und Akzeptanz der Unterschiede in Sachen Ethnizität, Farbe, Geschlecht, sexueller Orientierung, Sprache, Religion, politischer oder anderer Meinung, nationaler oder sozialer Herkunft, Besitz, Geburt, Status sowie des Niveaus der Fähigkeiten ermöglicht, dass der Frieden erhalten bleibt und die Gesellschaft weiter blüht." Hierfür wolle "Tokyo 2020" fruchtbaren Boden bieten.
Ein herkömmliches Selbstbild Japans ist das der "homogenen Gesellschaft"
Zunächst klingt das wie die typisch hochtrabenden Versprechen, die der Profisport immer wieder gibt, um sich über das Spiel hinaus Relevanz zu verschaffen. Im Kontext Japans aber liest sich der lange Satz wie eine Mahnung. "Einheit in Vielfalt" ist bisher nämlich kein Leitspruch, der im ostasiatischen Land besonders gelebt wird. Ein herkömmliches Selbstbild Japans ist das der "homogenen Gesellschaft", in der eher Gemeinsamkeiten betont werden.
Zudem ist Japan restriktiv in Bezug auf Einwanderung. Kaum zwei Prozent der Bevölkerung hat einen ausländischen Pass. Die Olympischen Spiele sollen einen Blick auf die Welt anbieten, der Diversität als etwas Positives sieht. Inmitten der Pandemie wird das schwierig, da ausländische Besucher nicht ins Land dürfen. Aber einen Diversifizierungsschub könnte "Tokyo 2020" dennoch bringen: durch japanische Sportler, die nicht typisch japanisch aussehen.
Medaillenhoffnung Naomi Osaka spricht besser Englisch als Deutsch
Tatsächlich gehören diverse Athleten mit Migrationshintergrund zu den vielversprechendsten, die für die Gastgebernation an den Start gehen werden. Allen voran die Tennisspielerin Naomi Osaka, Tochter einer japanischen Mutter und eines haitianischen Vaters, die zudem in den USA aufwuchs und besser Englisch spricht als Japanisch. Andere Aspiranten aber geben ihre Interviews auf Japanisch.
Da wäre etwa der 22-jährige halbghanaische Sprinter Abdul Hakim Sani Brown, der für Japan schon U18-Weltmeister über 100 Meter wurde. Selbst in der Nationalsportart Judo zählt mit Mashu Baker ein Halbamerikaner zu Japans Medaillenhoffnungen. Sie alle könnten zu Nationalhelden werden. Skeptiker warnen aber vor Optimismus: Diejenigen in Japan, die weiterhin die Homogenitätserzählung mögen, dürften sich nur durch Siege überzeugen lassen.
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