Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten

Olympia 2021: Doping-Spiele von Tokio? Weniger Tests wegen Corona

Olympia 2021

Doping-Spiele von Tokio? Weniger Tests wegen Corona

    • |
    Norwegens Karsten Warholm lief einen Fabel-Weltrekord über 400 m Hürden.
    Norwegens Karsten Warholm lief einen Fabel-Weltrekord über 400 m Hürden. Foto: Vegard Groett, Witters

    Das zähe Ringen um Glaubwürdigkeit gehört auch in Tokio zum Tagesgeschäft. Die Kontrollorgane beteuern nahezu täglich, sie täten alles dafür, Dopingsündern auf die Schliche zu kommen. Rund 3500 Kontrollen hat die Internationale Test-Agentur seit der Eröffnungsfeier während der Olympischen Spiele in Tokio vorgenommen.

    Für Experten ist das aber zum Teil nur Augenwischerei. Denn jeder wisse, dass während der Spiele massiv getestet werde. Sich hier erwischen zu lassen ist schlicht dumm. Viel wichtiger seien Kontrollen während des Trainings in den Monaten zuvor. In diesem Zeitraum allerdings hätten die weltweiten Corona-Einschränkungen dafür gesorgt, dass teilweise überhaupt nicht mehr kontrolliert wurde.

    Viele Weltrekorde bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio

    Also bleiben Zweifel. Auch weil einige der bisher gezeigten Leistungen einen staunend zurücklassen. Exemplarisch sei das Finale über 400 Meter Hürden der Männer genannt. Der norwegische Olympiasieger Karsten Warholm verbesserte seinen eigenen Weltrekord um 74 Hundertstel auf jetzt 45,94 Sekunden. Eine vergleichbare Steigerung hatte es auf dieser Strecke zuletzt 1968 gegeben. Damals wurde noch mit der Hand gestoppt.

    Im gleichen Rennen blieben neben Warholm Raj Benjamin (USA) und Alison dos Santos (Brasilien) ebenfalls unter der alten Bestmarke. Oder aber die 200 Meter der Frauen. Dort schien vor dem Finale tatsächlich der als unantastbar geltende Weltrekord der US-Amerikanerin Florence Griffith-Joyner in Gefahr. Elaine Thompson-Herah aus Jamaika wurde in 21,53 Sekunden Olympiasiegerin und verpasste eine der umstrittensten Bestmarken der Leichtathletik um 19 Hundertstel.

    Griffith-Joyner war ihre Rekorde über 100 und 200 Meter im Jahr 1988 gelaufen. Seitdem werden die Zeiten von massiven Dopinggerüchten umwabert, auch wenn die Sprinterin offiziell nie positiv getestet worden war. Griffith-Joyner starb 1998 im Alter von 38 Jahren unter nie ganz geklärten Umständen.

    Nicht Doping sondern Technik soll der Grund für die Spitzenleistungen sein

    Das sind nur zwei Schlaglichter auf das Geschehen in Tokio, die zumindest leichte Zweifel am Zustandekommen mancher Leistungen wecken. Als Gründe für die teils fantastischen Ergebnisse in der Leichtathletik wird unter anderem die federnde Tartanbahn des Olympiastadions angeführt. Diese gebe dem Läufer einen Teil der Energie wieder zurück. Zudem sind neuartige Spikes mit eingebauter Carbonplatte auf dem Markt, die ebenfalls einen federnden Effekt haben. Sie sollen dem Läufer beim Aufsetzen des Fußes deutlich mehr Energie zurückgeben als Schuhe ohne Carbonplatte.

    Trotzdem bleibt auch immer der Verdacht, dass es nicht mit rechten Dingen zugegangen sein könnte. Fast als wollte das IOC die Handlungsfähigkeit seiner Kontrollorgane demonstrieren, wurde in Tokio die nigerianische Weltklasse-Sprinterin und Weitspringerin Blessing Okagbare positiv auf ein Wachstumshormon getestet.

    Russland wegen Doping vom Sportgerichtshof gesperrt

    Okagbare hatte sich am vergangenen Freitag für das olympische Halbfinale über 100 Meter qualifiziert, wurde dann aber aus der Startliste gelöscht. Afrikas Leichtathletik-Star war am 19. Juli einer Trainingskontrolle unterzogen worden. Ironie des Schicksals: Bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking hatte Okagbare die Bronzemedaille im Weitsprung hinter Maurren Higa Maggi (Brasilien) und Tatjana Lebedewa gewonnen. Da die Russin aber 2017 bei einer Nach-Kontrolle des Dopings überführt worden war, wurde ihr die Silbermedaille zugesprochen.

    Blessing Okagbare aus Nigeria wurde wegen eines positiven Doping-Tests suspendiert.
    Blessing Okagbare aus Nigeria wurde wegen eines positiven Doping-Tests suspendiert. Foto: Martin Meissner, dpa

    Doping ist auch der Grund, warum Sportlerinnen und Sportler aus Russland in Tokio als Athleten des Russischen Olympischen Komitee (ROC) antreten. Die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) hatte die russische Mannschaft wegen jahrelangen staatlich organisierten Dopings für vier Jahre von den wichtigsten Sportereignissen der Welt ausgeschlossen. Ende 2020 halbierte der Internationale Sportgerichtshof Cas die Sperre.

    Russische Hymne darf bei Olympia nicht erklingen

    Besonders ausgedünnt ist das russische Leichtathletik-Team, da der Verband als Gesamtheit suspendiert bleibt und nur Einzelsportler eine individuelle Starterlaubnis beantragen konnten. Die russische Hymne darf bei Olympia nicht gespielt, die Flagge nicht verwendet werden. Bei russischen Siegen erklingt Tschaikowskis erstes Klavierkonzert.

    Offiziell gibt es gar keine russische Mannschaft bei den Sommerspielen in Japan.
    Offiziell gibt es gar keine russische Mannschaft bei den Sommerspielen in Japan. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Nicht alle sind mit dieser Lösung zufrieden. Nach dem Finale über 200 Meter Rücken hatte der amerikanische Silbermedaillen-Gewinner Ryan Murphy ganz allgemein Zweifel an der Sauberkeit in seinem Sport geäußert. „Wenn mir so eine Frage gestellt wird, habe ich ungefähr 15 Gedanken“, sagte der 26-Jährige zum Thema Doping. „13 davon würden mich in große Schwierigkeiten bringen.“ Und: „Es ist das ganze Jahr über eine große mentale Belastung für mich zu wissen, dass ich in einem Rennen schwimme, das wahrscheinlich nicht sauber ist, und das ist es auch.“ Gold hatte der Russe Jewgeni Rylow gewonnen. Über die halbe Distanz hatte Murphy Bronze hinter Rylow und dessen Landsmann Kliment Kolesnikow geholt.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden