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Olympia 2008: Peking: Wenn pinkeln politisch wird

Olympia 2008

Peking: Wenn pinkeln politisch wird

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    Die deutschen Kanuten Felix Michel (r) und Sebastian Piersig trainieren in Peking im Olympia-Park Shunyi auf der olympischen Kanu-Slalom-Strecke.
    Die deutschen Kanuten Felix Michel (r) und Sebastian Piersig trainieren in Peking im Olympia-Park Shunyi auf der olympischen Kanu-Slalom-Strecke.

    Von Peter Deininger Peking. Ein kleines Bedürfnis kann manchmal zu einem großen Problem werden - vor allem in China. Als der Schweizer Trainer der britischen Kanuslalom-Spezialisten an der Wildwasserstrecke in Shunyi auf die Schnelle keine Toilette fand, dachte er nicht daran, dass ein bisschen Pinkeln hochpolitisch werden könnte.

    "Die Chinesen hielten die Szene im Bild fest und reichten das Videomaterial samt einer offiziellen Protestnote an das Nationale olympische Komitee Großbritanniens weiter", erzählt Jens Kahl, der Sportdirektor des Deutschen Kanuverbandes (DKV). Aufpasser ist in Peking ein krisensicherer Job.

    Physiotherapeut Richard Bayerle versucht meistens vergeblich die heute-Nachrichten des ZDF im Internet aufzurufen. "Zum Glück habe ich mit der Internetseite der Augsburger Allgemeinen keine Probleme", sagte er. Der Betreuer wird aber in China das Gefühl nicht los, dass sich einige Leute mehr als üblich für ihn interessieren. Die drei Herren am Platz des Himmlischen Friedens, die sich "so betont unauffällig gegenseitig fotografierten", waren Bayerle nicht so ganz geheuer. Deshalb wird der Augsburger wohl auch von seiner Gewohnheit abweichen, nach dem Ende der Kanuwettbewerbe ein kleines Souvenir mitgehen zu lassen. Die Staatsmacht Chinas flößt Respekt ein.

    Peking hat für die Augsburger Mannschaft aber auch schöne Seiten - wie das olympische Dorf. "Vor vier Jahren in Athen haben sie erst den Rollrasen ausgelegt, als wir schon eingezogen sind, hier wurde die Anlage samt der Rosenpracht von einem Gartenarchitekten konzipiert. Das wird hinterher eine schöne Wohnanlage für die Bevölkerung", ist sich Bayerle sicher. Dem stimmt auch Canadierfahrer Christos Tsakmakis zu. "Das Dorf ist schöner als in

    Gestern Vormittag beim Training hielt sich die Begeisterung auf dem spektakulären Kurs knapp 40 Kilometer vom Zentrum Pekings vor allem bei Kajak-Weltmeisterin Jennifer Bongardt in Grenzen. "Angenervt" beschrieb sie ihre Gemütsverfassung nach der einstündigen Einheit. Es klappt nicht nach Wunsch, deshalb stellt sie sogar das System ein wenig in Frage. "Ich würde gern mehr Techniktraining als Zeitläufe machen, um die Fehler zu beseitigen", moniert sie und gibt zu, dass sie vergangene Nacht lange wach gelegen ist und über den Wettkampf nachgedacht hat. Dabei hat sie noch eine Woche Zeit bis sie dran ist. Deshalb bemüht sie sich um Ablenkung. Sie ruft Freund Dominik sowie Heimtrainer Klaus Pohlen in Augsburg an oder lässt sich eine chinesische Briefmarke mit ihrem persönlichen Konterfei anfertigen.

    Nur kein Stress heißt ihre Devise in der Freizeit, deshalb verzichtet sie auf Ausflüge. Im olympischen Dorf zeigen die Kanuten beim Monopoly Teamgeist oder sie fahren am Simulator virtuelle Autorennen. "Meistens gewinnt unser Sportwissenschaftler Michael Keim", sagt Sebastian Piersig. Er kann es verschmerzen, ihm sind Erfolgserlebnisse nächste Woche im Canadier-Zweier mit Felix Michel wichtiger.

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