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Oberstdorf: Trotz Corona: Kann die Ski-WM 2021 wie geplant im Allgäu stattfinden?

Oberstdorf

Trotz Corona: Kann die Ski-WM 2021 wie geplant im Allgäu stattfinden?

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    Die Veranstalter halten trotz der Corona-Beschränkungen daran fest, die WM in Oberstdorf planmäßig im Februar nächsten Jahres durchzuziehen. Die Schanzenanlage am Schattenberg wird dafür Stück für Stück mit Matten belegt.
    Die Veranstalter halten trotz der Corona-Beschränkungen daran fest, die WM in Oberstdorf planmäßig im Februar nächsten Jahres durchzuziehen. Die Schanzenanlage am Schattenberg wird dafür Stück für Stück mit Matten belegt. Foto: Ralf Lienert

    Die Countdown-Uhr auf dem Vorplatz des Oberstdorfer Bahnhofes tickt unaufhörlich. 228 Tage sind es noch, bevor am Mittwoch, 24. Februar 2021, die Nordische Ski-WM mit der Eröffnungsfeier beginnt. 23 Medaillenentscheidungen werden in den Disziplinen Langlauf, Skispringen und Nordische Kombination an elf Tagen auf dem Programm stehen. Die Frage, die Organisatoren, Sportler und Fans momentan gleichermaßen beschäftigt: Kann die WM in Zeiten von Corona wirklich stattfinden? Wir klären diese und viele weitere Fragen und skizzieren, warum die Vorbereitungen wegen Covid-19 für alle Beteiligten immer mehr zum Puzzlespiel werden.

    Findet die Ski-WM in Oberstdorf wie geplant statt?

    "Ja, definitiv", sagt Moritz Beckers-Schwarz, einer der Geschäftsführer der Nordischen Ski-WM GmbH. Als einen weiteren Meilenstein Richtung WM bezeichnet er das Versenden der offiziellen Einladung an die Athleten und nationalen Skiverbände. 51 Seiten umfasst die Broschüre. Das Wort Corona oder ein paar erklärende Sätze zur derzeitigen Pandemie findet man in den Einladungen von Fis-Präsident Gian-Franco Kasper und DSV-Präsident Franz Steinle nicht. Die Oberstdorfer rechnen mit bis zu 1500 Teilnehmern aus 65 bis 68 Länder. Und sie hatten – vor Corona – mit einer ähnlichen Zuschauerzahl gerechnet wie bei den Titelkämpfen 2005; nämlich etwa 350.000. Ob die Zahl der Zuschauer in den Stadien aus Hygienegründen reduziert werden muss, sei eine Entscheidung der Behörden oder der bayerischen Staatsregierung. "Momentan planen wir mit der Kapazität von 100 Prozent", so Beckers-Schwarz.

    Gibt es ein fixes Datum, wann die Oberstdorfer oder der Internationale Skiverband eine endgültige Entscheidung treffen?

    "Nein, das gibt es nicht", klärt Beckers-Schwarz auf. In den letzten Wochen geisterten – auch im Marktgemeinderat – immer wieder Gerüchte herum, wonach sich die Organisatoren bis Ende September beziehungsweise Anfang Oktober entscheiden könnten, ob die WM stattfinden soll oder nicht.

    "Das ist ein großer Trugschluss. Wir können nicht absagen", bekräftigt Beckers-Schwarz. Es gäbe einen unterschriebenen Veranstaltervertrag, den weder der Internationale Skiverband (Fis) noch die Oberstdorfer einseitig kündigen könnten – ohne Gefahr zu laufen, horrende Schadensersatzforderungen zahlen zu müssen. Selbstverständlich müsse sich das Organisationskomitee im operativen Geschäft gewisse Fristen setzen, bis wann zum Beispiel spätestens der Auftrag für das Errichten einer Zuschauertribüne erteilt werden muss. Das habe aber nichts mit einer Frist Pro oder Contra Ski-WM zu tun, so der Geschäftsführer.

    Warum soll die Alpin-WM in Cortina jetzt doch ganz normal stattfinden, obwohl die Italiener um eine Verschiebung gebeten hatten?

    Dass Veranstalter-Verträge mit der Fis wenig Spielräume lassen, sieht man auch am Beispiel der Alpin-WM, die unmittelbar vor Oberstdorf im italienischen Cortina d’Ampezzo stattfindet. Die Italiener wollten die Titelkämpfe wegen Corona um ein Jahr auf 2022 verschieben. Nach wochenlangen Diskussionen gaben vergangene Woche sowohl die Fis als auch die Organisatoren von Cortina bekannt: Die WM findet wie geplant 2021 statt. Aufgrund einer fehlenden Ausfallversicherung, so wird gemunkelt, sei das Risiko für den italienischen Verband sogar existenzgefährdend gewesen.

    Ist die WM in Oberstdorf gegen einen Ausfall versichert?

    Ja. Der Deutsche Skiverband hat für Weltcup-Veranstaltungen und Weltmeisterschaften Versicherungen abgeschlossen, die nicht nur bei Schneemangel, sondern eben auch bei Pandemien greifen. Beckers-Schwarz erklärt: "Die Versicherung deckt aber nur die ausgefallenen Einnahmen ab und keine weiteren Kosten."

    Das habe für den Wintersport-Fan die positive Folge, dass er sich derzeit ohne Risiko sein WM-Ticket besorgen kann. "Bei einer Absage oder bei Kapazitätsbeschränkungen werden die Ticketkosten netto zurückerstattet", sagt Beckers-Schwarz. Es werde keine Gutschein-Lösung geben, sondern falls nötig eine unkomplizierte Rückabwicklung vorgenommen.

    Wie viele Tickets sind verkauft?

    Der Vorverkauf sei gut angelaufen. Etwa 25.000 Kartenbestellungen, darunter teilweise Mehrtagestickets für mehreren Wettkämpfe, seien bereits abgearbeitet. Die Sprungwettbewerbe in der Audi Arena seien am stärksten gefragt. Aus Norwegen gebe es viele Ticketkäufe für die Langlaufwettbewerbe. Beckers-Schwarz betont dabei, dass mit dem Kauf eines Tickets die Anreise mit Bus und Bahn im Umkreis von etwa 60 Kilometer kostenlos ist: "Damit ist eine organisierte und ökologische An- und Abreise der Zuschauer gewährleistet."

    Arbeitet das Organisationskomitee (OK) bereits an Hygienekonzepten?

    Ja, und zwar mehrgleisig. Walter Vogel vom Deutschen Skiverband, Mitglied im WM-Marketingausschuss, ist derzeit mit allen WM- und Weltcup-Ausrichtern in engem Austausch, um ein einheitliches Konzept abzustimmen. Nächste Woche soll es, das bestätigte auch das Landratsamt in Sonthofen, einen engen Austausch zwischen dem OK Oberstdorf und dem Gesundheitsamt geben. Hier werden gemeinsam mit Ärzten und Verbänden alle weiteren Hygienemaßnahmen besprochen und vorbereitet. Parallel arbeite der Deutsche Olympische Sportbund und der DSV mit dem Technischen Überwachungsverein (TÜV) Süd an strengen und allgemein gültigen Regeln für die Sportverbände.

    Im 1600 Personen umfassenden Helfer-Team gibt es viele Rentner, die zur Risikogruppe zählen. Werden die besonders geschützt?

    Ja, das sei ein umfassendes Thema bei der letzten Ressortleiter-Sitzung gewesen. Diese Personengruppe gelte es besonders zu schützen, eventuell mit speziellen Anzügen. In Ausarbeitung seien aber auch jetzt schon Konzepte, wann und wie die Sportler aus aller Welt getestet werden – und wie die Sicherheit der Zuschauer gewährleistet werden kann.

    Benötigt der WM-Zuschauer einen negativen Corona-Test, wenn er ins Stadion will?

    Nein, das sei derzeit nicht geplant. Wichtig sei den Behörden vor allem die Rückverfolgbarkeit bei einer Infektion. Eintrittskarten, das stehe jetzt schon fest, müssten deshalb personalisiert, also einem namentlich bekannten Zuschauer eindeutig zuzuordnen sein. Die Verwendung einer Corona-App oder einer Impfung sei aber auf keinen Fall Pflicht. "Wir werden die Stadien in verschiedene Sektoren aufteilen und Wege zu Verpflegungsstationen und Toiletten klar regeln", sagt Beckers-Schwarz, "da prüfen wird gerade sehr moderne neue Systeme."

    Was sagt der Internationale Skiverband?

    Stefan Huber, viele Jahre selbst Organisator in Oberstdorf, und nun Event-Direktor bei der Fis, lobt die Arbeit der WM-Planern ausdrücklich. "Hier wird die WM mit viel Optimismus und doch nicht blind vorbereitet." Keiner wolle eine Veranstaltung "auf Teufel komm' raus". Was dabei herauskommen könne, habe das Tennis-Turnier von Novak Djokovic in Belgrad gezeigt. Ein solches Negativ-Beispiel mit vielen Infektionen könne sich der Weltsport nicht noch einmal leisten. Daher würden die Sicherheitsstandards für Sportler und Zuschauer sehr hoch angesetzt.

    Mit Hochdruck arbeite die Fis derzeit an möglichen neuen Wettkampf-Richtlinien. Oberstes Ziel sei es, die Weltcups als Qualifikationswettbewerbe für Weltmeisterschaften und Olympische Spiele normal stattfinden zu lassen. "Da ziehen weltweit alle an einem Strang." Eine Klagewelle benachteiligter Sportler oder Verbände fürchtet er nicht. "Alle wissen, dass wir nicht komplett dichtmachen können." Damit ein Weltcup ein Weltcup bleibe, müsse man beispielsweise als Richtschnur festlegen, dass von den Top 10-Nationen sieben am Start sein müssen. Jedenfalls kämen auf Verband und Veranstalter noch jede Menge Puzzlearbeit zu. "Aber das ist unsere gemeinsame, große Herausforderung", sagt Huber.

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