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Nationalmannschaft: Stürmer zwischen den Welten

Nationalmannschaft

Stürmer zwischen den Welten

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    Mario Gomez
    Mario Gomez Foto: dpa

    Mainz - Die Breitseite, die Gerd Müller vergangene Woche in Richtung deutsche Nationalstürmer abgeschossen hat, ist überraschenderweise ohne großes Aufsehen verpufft.

    Dabei ist Müller der erfolgreichste deutsche Torjäger, und seine Aussage lässt keinen Spielraum für Interpretationen: "Wenn man sieht, wer heute die Stürmer sind in der Nationalmannschaft - die hätten früher nicht mal am Ball riechen dürfen", lästerte der 64-Jährige. Pikant daran: Müller ist Amateurtrainer des FC Bayern, wo in Mario Gomez und Miroslav Klose auch zwei der von ihm Gescholtenen beschäftigt sind. Jemand anderen hätte das den Job gekostet. Es waren wohl nur seine Verdienste um den

    Dass es andere gibt, die sagen, Müller habe in der Sache recht, sei nur in der Form über das Ziel hinausgeschossen, deutet der ehemalige Hertha-Manager Dieter Hoeneß an. Die Nationalmannschaft besitze zwar gute Stürmer, aber keinen von Weltklasse-Format, urteilt Hoeneß.

    Das ist angesichts der Faktenlage freundlich formuliert. Von den vier Angreifern, die Joachim Löw für die WM-Qualifikationsspiele am Samstag (17 Uhr/ZDF) gegen Russland sowie am Mittwoch (18 Uhr/ARD) gegen Finnland nominiert hat, ist keiner in seinem Verein unumstritten, dafür jeder seit Langem ohne Torerfolg. Der Boulevard hat dem Bundestrainer genüsslich deren Bilanzen vorgelegt: Mario Gomez seit 178 Bundesliga-Minuten torlos, Miroslav Klose 365, Cacau 652, Lukas Podolski 347.

    Kießling trifft regelmäßig, sitzt aber zu Hause

    Der Einzige, der regelmäßig trifft, Leverkusens Stefan Kießling (sechs Saisontore), sitzt zu Hause. Der 25-Jährige rangiert in der Summe seiner Verdienste noch klar hinter Klose, Gomez und Podolski. Warum er auch hinter Cacau steht, ist nur taktisch zu erklären. "Wir haben ihn im Auge. Er wird seine Chance bekommen", sagt Löw in Richtung Kießling. Bis dahin lässt der Bundestrainer rotieren. Wer spielt, ist dabei so gut wie egal. Alle haben in ihren Vereinen Schwierigkeiten, alle steigern sich, sobald sie das Nationaltrikot tragen. "Nationalelf und Verein sind zwei Paar Stiefel", sagt Gomez. In der Nationalelf würden die Stürmer das Vertrauen des Trainers spüren - ein Seitenhieb auf Bayern-Coach Louis van Gaal, der den 23-Jährigen zuletzt meist links liegen ließ.

    Auf den Nationalmannschaftseffekt baut Löw auch für das Russland-Spiel. Zündet er nicht, würden andere einspringen, sagt der 48-Jährige. Die Mannschaft sei nicht ihren Stürmern ausgeliefert. Löw: "Bei uns treffen auch die anderen." Tatsächlich haben Mittelfeldspieler und Verteidiger die Hälfte der 24 Treffer in der WM-Qualifikation erzielt, womit Deutschland unter den 53 Teams hinter England (31) Platz zwei belegt. Das Stürmerproblem also nur ein Bundesligaproblem?

    "Wenn sie zur Nationalelf gekommen sind, haben sie immer getroffen", stärkt Michael Ballack den Kollegen den Rücken. "Wir sollten jetzt nicht an uns zweifeln und schon gar nicht die Minuten zählen, die einer nicht getroffen hat", empfiehlt der Kapitän, der selbst in der Lage ist, als Torschütze einzuspringen (42 Treffer in 95 Länderspielen). In jedem Fall kommt der Kunstrasen in Moskau den Angreifern entgegen. Mario Gomez, ein Kunstrasen-Frischling, hat diese Erfahrung auf dem Übungsfeld in Mainz gemacht. "Stürmer sind im Vorteil. Abwehrspieler gehen nicht so gerne auf den Boden. Tun sie es doch, müssen sie alles oder nichts spielen."

    Der letzte Akt aber, der erfolgreiche Torschuss, ist auf Kunstrasen genauso schwierig wie auf Naturrasen. Beim Trainingsspiel hinter verschlossenen Türen gegen die Amateure des FSV Mainz gingen Gomez & Co. leer aus. Der Viertligist gewann 1:0. Man ahnt, was Gerd Müller dazu sagen würde.

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