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Nach dem WM-Finale: Die lange Nacht von Rio: So feierten die WM-Helden ihren Sieg

Nach dem WM-Finale

Die lange Nacht von Rio: So feierten die WM-Helden ihren Sieg

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    Gruppenbild mit Dame: Die Kanzlerin und der Bundespräsident in der Kabine der Nationalmannschaft.
    Gruppenbild mit Dame: Die Kanzlerin und der Bundespräsident in der Kabine der Nationalmannschaft. Foto:  Bundesregierung/Guido Bergmann (dpa)

    Mögen 120 Minuten eines WM-Finales den Zuschauer an seine Grenzen treiben – darüber hinaus geht es erst mit dem Schlusspfiff. Dann, wenn sich alles in einem einzigen Augenblick entlädt – auf dem Spielfeld auf den Rängen und in den Fernsehsesseln. Es ist ein weltumspannender emotionaler Aufruhr, den nur das Endspiel einer Fußball-WM erzeugt. Ein Pfiff, der die Welt in Sieger und Besiegte teilt. Der die einen zu menschlichen Glückshaufen formt, die anderen entseelt abseits stehen lässt.

    So war es Sonntagnacht, als der Italiener Nicola Rizzoli im Estadio Maracanã das WM-Finale zwischen Deutschland und Argentinien beim Stand von 1:0 abgepfiffen hat.

    Stattdessen sah die Welt, wie sich Cathy Fischer, Hummels Herzdame, auf seine müden Knochen setzte. Fischer hatte ihrem Mats als Bild-Reporterin mit hanebüchenen Beiträgen in den WM-Wochen nicht weniger abverlangt als Lionel Messi im Finale. Hummels ertrug sie auch jetzt mit der Ruhe eines nervenstarken Verteidigers.

    Bastian Schweinsteiger sah aus wie ein Boxer

    Einige Meter weiter herzte Sarah Brandner ihren Bastian Schweinsteiger, der gerade noch rechtzeitig wieder zum „emotional leader“ der Truppe geworden war. Mit seinem Cut unter dem Auge sah Schweinsteiger wie ein Boxer aus – was er in diesem Spiel irgendwie auch war. Er hat eingesteckt und ausgeteilt wie kein anderer.

    Lukas Podolski feierte dagegen unversehrt. Für den England-Legionär war die WM nach einer missglückten ersten Halbzeit gegen die USA zu Ende gewesen. Wenn er darüber verdrossen war, hat er sich das nicht anmerken lassen – wie überhaupt keiner der deutschen Spieler, die auf der Bank saßen. Entsprechend vergnügt spazierte Podolski deshalb mit seinem Sohn auf dem Arm über den Rasen. Ein paar Schritte neben ihm liefen Julian Draxler die Tränen übers Gesicht.

    Weil zwischen all den deutschen Spielern, die vom Glück überwältigt in die Knie gegangen waren, Verbandskoffer, Getränkeflaschen und verschwitzte Trikots über den Platz verstreut waren, erinnerte das Schlussbild des Finales an ein modernes Schlachtengemälde. Als der Betrachter auf dem Oberrang dachte, es würden dazu nur noch Kanonendonner und Pulverdampf fehlen, zündete das Feuerwerk über dem Stadion.

    Pfiffe für Fifa-Boss Sepp Blatter

    Derweil warteten die Honoratioren der Politik und des internationalen Verbandswesens auf das Defilee der Helden. Das geht traditionell nicht ohne Pfiffe für Fifa-Boss Sepp Blatter ab, ist inzwischen aber zu ertragen, weil Deutschland eine Kanzlerin besitzt, die zwar nichts von Fußball versteht, ihre Ahnungslosigkeit aber derart sympathisch präsentiert, dass ihr kein Held widerstehen kann. Vermutlich hat Angela Merkel noch nie so viele junge Männer umarmt, wie Sonntagnacht bei der Siegerehrung. Die derart Geherzten ließen es klaglos über sich ergehen.

    Merkel habe danach laut DFB in der Kabine auch noch mit einer Dose Bier auf den WM-Sieg angestoßen. Bundespräsident Joachim Gauck verwies auf die Weltmeister von 1954, damals habe er am Radio den Sieg verfolgt. Er habe heute das Gefühl, dass die aktuelle Mannschaft „noch besser“ gewesen sei. Die Spieler hörten es gern und riefen: „Angie, Angie, Angie“ und „Präsi, Präsi, Präsi“.

    Mitten drin in den Feierlichkeiten war natürlich auch Teammanager Oliver Bierhoff. „Man muss immer überlegen, wie man so eine Zeit prägen kann, und die kann man letztlich nur mit Titeln prägen“, sagte er bedeutungsschwer zwischen all den freudetrunkenen Sportlern und kündigte an, seinen Vertrag bis 2016 erfüllen zu wollen. „Und wie ich Jogi die letzten Tage und Wochen gesehen habe, gehe ich auch bei ihm davon aus.“

    Gefeiert wurde bis in die Morgenstunden

    Für DFB-Präsident Wolfgang Niersbach besteht diesbezüglich nicht einmal der Hauch eines Zweifels: „Er wird auch in zwei Jahren Trainer sein.“ Löw selbst, dessen Vertrag bis 2016 läuft, gab in der Nacht nach seinem größten Triumph kein klares Bekenntnis zur Zukunft ab und wollte „erst einmal nur genießen“.

    Gefeiert wurde in geschlossener Gesellschaft bis in die Morgenstunden – mit Ehrengästen, Freunden, Familien und Spielerfrauen. Bei den besseren Hälften seiner Stars hatte sich Löw noch auf dem Platz für ihre Unterstützung bedankt. Frau Löw war auch im Stadion, aber nicht im Innenraum.

    Vor der Siegesfeier waren die Spieler mit Triumphgesängen in das Mannschaftshotel marschiert und skandierten: „Die Nummer eins der Welt sind wir“ – einer der lautesten war dabei Podolski. „Was passiert, weiß ich nicht, aber Rio wird auf jeden Fall nicht schlafen“, kündigte der Stürmer an.

    Müller antwortet einer kolumbianischen Reporterin in breitestem Dialekt

    Mit seiner lockeren Art hat er sich in Brasilien viele Freunde gemacht. Im Internet läuft gerade eine groß angelegte Aktion unter dem Motto: „Fica Podolski“ (Bleib Podolski). „Der brasilianischste aller Deutschen! Beispiel für Sympathie und Bescheidenheit“, schrieb eine Brasilianerin. Viele Fans stellten auch Bilder des 29-Jährigen ein. Auf der Internetseite von O Globo waren Fotomontagen zu sehen, die „Poldi“ sogar mit grün-gelber Präsidentenschärpe zeigten. Podolski hatte während der WM vor allem in sozialen Netzwerken mit seinem Lob für Land und Leute auf Portugiesisch die Herzen der Fans erobert.

    Ebenfalls ein Publikumsliebling ist Thomas Müller. Dessen gute Laune bekam auch eine kolumbianische Reporterin zu spüren. Auf Englisch fragte sie Müller nach dem Spiel, ob er der Torjägerkrone nachtrauere. Mit fünf Toren belegte er hinter dem Kolumbianer James Rodríguez (sechs Tore) den zweiten Rang.

    Müller antwortete an der Seite seines oberbayerischen Kumpels Bastian Schweinsteiger in breitestem Dialekt: „Des intressiert mi ois ned, der Scheißdregg. Weltmeister samma – den Pott hamma. Den Scheißdregg ,Goidna Schua‘ konnst da hinda d’Ohrn schmiern.“ Sprach’s und ging feiern. (mit dpa)

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