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Nach McLaren-Report: Nicht in Russland: Weltverband IBSF sagt Bob-WM in Sotschi ab

Nach McLaren-Report

Nicht in Russland: Weltverband IBSF sagt Bob-WM in Sotschi ab

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    Die Bob- und Skeleton-Weltmeisterschaften werden 2017 nicht im olympischen Eiskanal von Sotschi ausgetragen.
    Die Bob- und Skeleton-Weltmeisterschaften werden 2017 nicht im olympischen Eiskanal von Sotschi ausgetragen. Foto: Tobias Hase (dpa)

    Erst massive Dopingvorwürfe gegen Russland nach dem McLaren-Report, dann zahlreiche Boykottdrohungen von Weltklasse-Nationen - nun musste der Internationale Bob- und Skeleton-Verband die Weltmeisterschaften Mitte Februar 2017 in Sotschi absagen. Das teilte die IBSF am Dienstagabend in Lausanne mit. Die Reaktionen bei Sportlern und Fans der Kufensportler waren im weltweiten Netz einstimmig: Endlich mal ein Verband, der Größe zeigt, hieß es unisono. Der WM-Vierte im Skeleton, Axel Jungk, postete wie viele seiner Kollegen per Facebook aus Lake Placid: "Nicht

    Richard McLaren stellte am Freitag seinen Bericht über Doping in Russland vor.
    Richard McLaren stellte am Freitag seinen Bericht über Doping in Russland vor. Foto:  Facundo Arrizabalaga (dpa)

    Die teilnehmenden Athleten und Trainer aus allen Nationen sollen sich auf eine WM konzentrieren können, heißt es in der Begründung, "die auf den Sport fokussiert ist und nicht vielmehr auf Anklagen und Diskussionen - ob gerechtfertigt oder nicht". 

    Der russische Bobverband habe große Anstrengungen bei der WM-Vorbereitung unternommen, bestätigte die IBSF. Doch "das gegenwärtige Klima macht es nahezu unmöglich, die Anstrengungen des Organisationskomitees zu schätzen", so eine große Veranstaltung auszurichten.

    Doping-Vorwürfe: Bob-WM in Sotschi abgesagt

    Nach Ermittlungen der Welt-Anti-Doping-Agentur sollen mehr als 1.000 russische Sportler zwischen 2011 und 2015 Teil einer groß angelegten staatlichen Dopingpolitik gewesen sein. Einem Bericht der New York Times zufolge befand sich darunter auch Skeleton-Olympiasieger Alexander Tretjakow. Russland hat diese Vorwürfe, die sich auch gegen Doppel-Olympiasieger Alexander Subkow (Zweier- und Viererbob) - heute Präsident des Russischen Bob- und Skeleton-Verbandes richten - vehement zurückgewiesen.

    Der russische Doping-Skandal im Schnelldurchlauf

    3. Dezember 2014: Alles beginnt mit dem Dokumentarfilm «Geheimsache Doping - Wie Russland seine Sieger macht». Das Image des russischen Sports wird durch Enthüllungen der ARD über systematisches Doping, Vertuschung von Kontrollen und Korruption auf schockierende Weise beschädigt...

    ... Die Dokumentation präsentiert geheime Aufzeichnungen mit Hinweisen auf ein staatlich unterstütztes Doping sowie auf einen offenbar im Hintergrund wirkenden Betrugs- und Vertuschungsapparat. Sogar die Spitze des Leichtathletik-Weltverbandes mit Ex-Präsident Lamine Diack ist involviert.

    16. Dezember 2014: Die Welt-Anti-Doping setzt eine Kommission zur Aufklärung der Vorwürfe gegen den russischen Spitzensport ein. Der frühere WADA-Chef Richard W. Pound führt das dreiköpfige Gremium an, ihm zur Seite stehen Experte Richard McLaren und der deutsche Kriminalbeamte Günter Younger.

    16. Juli 2015: Aufgrund von Doping-Ermittlungen zieht der russische Leichtathletik-Verband vorläufig sein komplettes Geher-Team von internationalen Wettkämpfen zurück. Die WM findet Ende August in Peking ohne die mit Abstand erfolgreichste Geher-Nation statt.

    4. November 2015: Diack wird Bestechlichkeit und Geldwäsche vorgeworfen. Die französische Justiz erhebt Anklage gegen den 82-Jährigen. Diack soll in seiner Amtszeit mehr als eine Million Euro für die Vertuschung positiver Doping-Proben kassiert haben, erklärt eine französische Staatsanwältin.

    9. November 2015: Die unabhängige WADA-Kommission um Pound legt ihren ersten Bericht vor, der ein Schreckensbild der Doping-Praktiken in der russischen Leichtathletik zeigt. Die Kommission empfiehlt, Russland aus der IAAF auszuschließen. 

    10. November 2015: Die WADA entzieht dem Doping-Kontrolllabor in Moskau vorläufig die Akkreditierung. Das Internationale Olympische Komitee suspendiert das IOC-Ehrenmitglied Lamine Diack.

    13. November 2015: Die IAAF suspendiert den Gesamtrussischen Leichtathletik-Verband ARAF angesichts der gravierenden Dopingvorwürfe.

    18. November 2015: Die WADA suspendiert Russlands Anti-Doping-Agentur RUSADA, weil sie die Regeln nicht eingehalten hat.

    7. Januar 2016: Die Ethikkommission der IAAF sperrt im Zuge des Dopingskandals den Sohn von Ex-Präsident Diack, Papa Massata, den ehemaligen IAAF-Schatzmeister Walentin Balachnitschjow und Russlands Ex-Cheftrainer Alexej Melnikow lebenslang. Der frühere Anti-Doping-Chef Gabriel Dollé wird für fünf Jahre gesperrt.

    14. Januar 2016: Bei der Präsentation des zweiten Berichts wirft die unabhängige WADA-Kommission der IAAF «ein komplettes Versagen im Kampf gegen Doping und Korruption» vor. Hauptverantwortlicher für die «Organisation und Ermöglichung der Verschwörung» sei der frühere IAAF-Präsident Diack.

    6. März 2016: Das angeblich große Reinemachen in der russischen Leichtathletik wird durch neue Vorwürfe gegen die Sport-Weltmacht erschüttert. Eine neue TV-Dokumentation präsentiert im WDR Belege für Verstöße von Russlands Leichtathletik gegen Auflagen vom Weltverband IAAF und der Welt-Anti-Doping-Agentur. 

    7. März 2016: Die russische Weltklasse-Spielerin Maria Scharapowa ist bei den Australian Open im Januar positiv auf Meldonium getestet worden. Das gibt sie selbst bekannt. Bis Mitte April verzeichnet die WADA mehr als 170 Positiv-Tests auf Meldonium, das erst seit Jahresanfang auf der Liste der verbotenen Mittel steht. Da unklar ist, wie lange Meldonium nachweisbar ist, lockert die WADA ihre Richtlinien.

    12. Mai 2016: Der ehemalige Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors, Gregori Rodschenkow, behauptet in der «New York Times», dass er in Sotschi positive Dopingproben russischer Athleten zusammen mit der Anti-Doping-Agentur Rusada sowie dem Geheimdienst auf Anordnung vom Staat vertuscht habe. 15 der russischen Medaillengewinner in Sotschi seien gedopt gewesen. US-Justiz, das Internationale Olympische Komitee (IOC) und die WADA nehmen Ermittlungen auf.

    17. Mai 2016: Bei Nachkontrollen zu den Olympischen Spielen 2008 in Peking werden 31 Sportler positiv getestet. Darunter sollen 14 russische Sportler sein, offenbar auch zehn Medaillengewinner. Eine davon ist Hochsprung-Olympiasiegerin Anna Tschitscherowa. Gleichzeitig setzt die WADA eine Untersuchungskommission wegen der Sotschi-Vorwürfe ein.

    27. Mai 2016: Bei Nachkontrollen zu den Olympischen Spielen 2012 in London sind 23 Sportler positiv getestet worden. Hinzu kommt eine weitere positive Probe von den Sommerspielen 2008 in Peking. Acht russische Sportler sind betroffen.

    8. Juni 2016: Scharapowa wird für zwei Jahre wegen ihres positiven Tests auf Meldonium gesperrt.

    15. Juni 2016: Die WADA erhebt erneut schwere Vorwürfe. So sollen zwischen dem 15. Februar und 29. Mai insgesamt 736 geplante Dopingkontrollen nicht durchgeführt worden sein. Kontrolleure seien in Russland von Athleten massiv behindert und von Beamten des russischen Geheimdienstes FSB eingeschüchtert worden.

    17. Juni 2016: Einstimmig bestätigt das Council der IAAF die Sperre für die russischen Leichtathleten. Damit dürfen sie bei den Olympischen Spielen in Rio nicht starten. Es gibt jedoch einen Kompromiss. Einzelne Athleten können unter neutraler Flagge teilnehmen, sofern sie nicht im russischen Doping-System involviert sind. So erhält Weitspringerin Darja Klischina eine Ausnahmegenehmigung von der IAAF.

    3. Juli 2016: Russland legt Einspruch gegen den Olympia-Ausschluss seiner Leichtathleten vor dem CAS ein.

    11. Juli 2016: Der CAS verschiebt ein Urteil im Fall Maria Scharapowa auf September. Damit ist sie bei Olympia nicht dabei.

    18. Juli: Die Welt-Anti-Doping-Agentur legt ihren Ermittlungsbericht zu den Doping-Anschuldigungen rund um die Winterspiele in Sotschi gravierende Belege für staatlich gesteuertes Doping in Russland vor. Im Moskauer Dopinglabor seien über Jahre hinweg positive Proben verschwunden, das russische Sportministerium habe die Manipulationen überwacht, hieß es in dem in Toronto vorgestellten Report. Eine Empfehlung für Sanktionen wie einen Olympia-Ausschluss gab er aber nicht.

    bis 21. Juli 2016: Der CAS will über den Einspruch gegen den Ausschluss russischer Leichtathleten in Rio entscheiden

    "Aus rein sportlicher Sicht ist es schade, denn wir hatten vor, uns in Sotschi für die Olympia-Pleite 2014 zu rehabilitieren. Doch im Sinne eines fairen Sports, dafür steht ja der Weltverband IBSF, und aufgrund der drohenden Boykotte, ist es eine logische Entscheidung", sagte Bob-Cheftrainer René Spies am Abend der Deutschen Presse-Agentur.

    Eigentlich wollten sich die Chefs der wichtigsten Bob- und Skeleton-Nationen am Donnerstag vor dem Start des zweiten Weltcups in Lake Placid zu einem Gipfeltreffen zusammenfinden. "Doch es gab erhebliche Meldungen, dass viele Weltklasse-Nationen Sotschi boykottiert hätten", betonte Präsident Andreas Trautvetter vom Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD).

    Bob-WM nicht in Sotschi: Mehrkosten für den Weltverband

    IOC-Präsident Thomas Bach hält nichts von «politischen Symbolentscheidungen».
    IOC-Präsident Thomas Bach hält nichts von «politischen Symbolentscheidungen». Foto: Laurent Gillieron (dpa)

    Der zugleich im Weltverband als Finanzchef tätige Trautvetter sieht aufgrund der Absage und des gültigen Veranstalter-Vertrages mit Sotschi Mehrkosten auf den

    Laut IBSF-Mitteilung werde "in den kommenden Tagen" über den neuen Austragungsort entschieden. Erfahrungsgemäß springen bei solchen Absagen oft die deutschen Veranstalter mit einer der drei Bahnen ein. "Ich habe BSD-Generalsekretär Thomas Schwab gebeten, einen Plan B zu erstellen. Die Ausrichter in Königssee haben schon mehrmals gezeigt, dass sie solche Events auch kurzfristig umsetzen können", sagte Trautvetter. 

    Möglich wäre auch eine Teilung. Nach dem letzten Weltcup in Europa in Innbruck/Igls könnten die Skeletonis auf der WM-Bahn von 2016 ihre Weltmeister ermitteln - und in Königssee fahren die Bobs. AZ/dpa

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