Gerade mal drei Rennen sind vorbei, die Spitzenteams aber beackern sich schon so heftig, als stünde die Entscheidung um den neuen Formel-1-Weltmeister unmittelbar bevor. Red Bull klagt wegen vermeintlicher unfairer Methoden von Mercedes gemeinsam mit den vom Weltmeisterteam mit Motoren versorgten Renngemeinschaften. Vorwürfe, die sich aus Vorfällen bei der Qualifikation in Portugal speisten, als McLaren seinen Fahrer anwies, Max Verstappen auf keinen Fall eine Hilfestellung durch Windschatten zu leisten. Mercedes wiederum wertet Helmut Marko, den Berater von Red Bull, als derzeit besten eigenen Mitarbeiter, da er durch seine Sticheleien für eine Extraportion Motivation sorge. „Da ist mächtig Druck auf dem Kessel“, befand Sky-Experte Ralf Schumacher nach dem Rennen in Portimao.
Hamilton zeigt einfach keine Schwächen
Druck auf dem Kessel ist gut. Vor allem für die Fans. Waren die doch in den vergangenen Jahren eher langweiliges Im-Kreis-fahren gewohnt, da sich Seriensieger Lewis Hamilton standhaft weigerte, Schwächen zu zeigen und anderen Fahrern Erfolge zu gönnen. Diesen Wesenszug trägt der Brite zwar immer noch in sich, was ihn erneut zum Favoriten für den Titel macht. Allerdings hat sich Red Bull über den Winter so stark verbessert, dass Max Verstappen nun ein ernsthafter Konkurrent ist. Wenn der Niederländer nicht so häufig patzen würde, hätte sich das auch bereits in den Ergebnislisten nachhaltig niedergeschlagen. So aber ist Hamilton nach drei Rennen wieder genau dort, wo er sich am wohlsten fühlt: an der Spitze.
Der Mercedes ist nicht mehr der schnellste Wagen des Feldes. Hamilton aber findet genau zu dem Zeitpunkt, an dem es darauf kommt, seine beste Form. Als der Silberpfeil weit überlegen war, schien es keine große Kunst, mit ihm Seriensieger zu werden. Hamilton aber beweist auch jetzt, dass er der perfekte Rennfahrer ist. Schnell, mental stark, kaum zu Fehlern neigend. Kein Wunder also, dass sich Mercedes eine weitere Zusammenarbeit über diese Saison hinaus sehr gut vorstellen kann. Im Winter hatten sich Hamilton und sein Team zunächst nur für eine einjährige Vertragsverlängerung entschieden. Nun aber sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff: „Im Moment können wir uns einfach nicht vorstellen, dass wir nicht eine Zeit dranhängen“. Das ist auch als Warnung an die Konkurrenz zu verstehen.
Hamilton liebt die schwierigen Situationen
Hamilton hat am Sonntag mit den Überholmanövern gegen Verstappen und den eigenen Teamkollegen Valtteri Bottas seine Einzigartigkeit gezeigt. Seine Überlegenheit in schwierigen Situationen. „ Ich liebe diesen Kampf, schon seit meiner Zeit im Kartsport“, sagte er nach dem Rennen. Am Wochenende geht es schon in Barcelona weiter. Wenig Zeit zur Erholung, der Brite will sich dennoch zwei, drei Tage nehmen. Die Belastungen sind hoch. „Wir liegen alle unheimlich eng zusammen, in diesem Jahr kommt es auf jeden einzelnen Zähler an“, sagte Hamilton.
Eine Alleinfahrt zum Titel wird es nicht. Das dürfte bereits jetzt klar sein. „Diese Meisterschaft wird ein Marathon und kein Sprint. Es ist so eng, es wird um Kleinigkeiten gehen“, sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Vor allem auch um Fehlervermeidung. Diese Kunst beherrscht Hamilton momentan deutlich besser als sein Konkurrent aus den Niederlanden. „Ich habe alles versucht. Ich wünschte, es wäre noch enger. Die Saison ist lang, wir können uns keine Ausfälle oder dummen Fehler leisten“, sagte Verstappen. In erster Linie meinte er sich damit wohl selbst.
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