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Momente für die Ewigkeit: Dieter Baumanns Rekordlauf bei Olympia 1992: Die Lücke zum Gold

Momente für die Ewigkeit

Dieter Baumanns Rekordlauf bei Olympia 1992: Die Lücke zum Gold

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    Dieter Baumann im Ziel vorne, die starken Afrikaner hinter sich: der 5000-m-Zieleinlauf bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona.
    Dieter Baumann im Ziel vorne, die starken Afrikaner hinter sich: der 5000-m-Zieleinlauf bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona. Foto: dpa

    Es ist der 8. August 1992. Olympische Spiele in Barcelona. 5000-m-Finale. Dieter Baumann ist eingekeilt. Das Finale ist schon über zwölf Minuten alt. Baumann, der Silbermedaillengewinner von 1988 in Seoul, ist zwar in der Spitzengruppe, aber von vier Afrikanern umgeben, die ihm auf der Innenbahn keine Chance lassen. Da hilft es nichts, dass Baumann selbst ein Afrikaner ist. Den "weißen Kenianer" nennt ihn die Läuferwelt anerkennend. Wenn das Durchgangstempo nicht zu hoch ist, ist Baumann im Endspurt der Schnellste.

    Noch dreihundert Meter, doch es tut sich keine Lücke auf. Baumann ist eingekesselt, so, als wollten ihn die Afrikaner ins Ziel geleiten. Der 27-Jährige von der Schwäbischen Alb lässt kurz abreißen, als ein Marokkaner beschleunigt. Es geht in die letzte Kurve. Eine Lücke bräuchte es jetzt dringend – andernfalls würde es nichts mehr mit dem Spurt – und plötzlich tut sie sich auf. Baumann erkennt sie und schlüpft hindurch. Sie verleiht ihm Flügel.

    Baumann ist der erste Deutsche, der über 5000 Meter Gold gewonnen hat

    Ganz vorne läuft Paul Bitok, ein echter Kenianer. Bitok kann nicht glauben, was er aus dem Augenwinkel sieht. Noch 20 Meter als Baumann an ihm vorbei zum Olympiasieg fliegt. Im Ziel reißt der schmale Kerl die Arme hoch und schlägt einen Purzelbaum. Er ist der erste Deutsche, der über 5000 Meter Gold gewonnen hat. 19 Hundertstel später läuft Bitok ins Ziel.

    Baumann wird zum Gesicht und Sprachrohr der deutschen Leichtathletik. Es folgen die Wahl zum Sportler des Jahres, der EM-Sieg 1994 in Helsinki über 5000 Meter und Silber bei der EM 1998 in Budapest über 10.000 Meter. Darüber hinaus ist Baumann eine der gewichtigsten Stimmen im Kampf gegen Doping. Umso erschütternder für die Sportwelt, als der Olympiasieger 1999 positiv getestet wird.

    Bei der Verhandlung vor dem Deutschen Leichtathletik-Verband wurde Baumann aufgrund der Funde von Norandrostendion in seiner Zahnpasta und eingereichten Haarproben ohne Befund vom Vorwurf des Dopings freigesprochen. Der Weltverband IAAF erkannte diesen Freispruch jedoch nicht an, sperrte ihn und nahm ihm rückwirkend den nationalen Titel über 5000 Meter ab. Baumann bestreitet bis heute die wissentliche Einnahme der Mittel.

    Der Dopingkritiker Werner Franke hält Baumann für unschuldig

    Der Molekularbiologe und Dopingkritiker Werner Franke erklärte 2006 in einem Interview gegenüber dem Magazin Der Spiegel, dass er die Funde für einen Anschlag und Baumann für unschuldig halte:

    "Baumann hat sich sehr für den Kampf gegen Doping engagiert. Seine Zahnpastatuben waren verseucht, erwiesenermaßen eine alte Stasi-Methode. Baumann hat zu viele Leute an sich rangelassen."

    Nach Ablauf seiner Sperre kehrte Baumann noch einmal auf die Bahn zurück, nachdem der Umstieg auf die Marathonstrecke misslungen war. Bei der EM in München lief er über 10.000 Meter erneut zu Silber. 2003, nach 22 Jahren Leistungssport, beendete er seine Karriere. Der verheiratete Vater eines Sohnes und einer Tochter, eine erfolgreiche Hürdensprinterin, die vor einigen Tagen im Alter von nur 24 Jahren ihren Abschied vom Leistungssport verkündet hat, wendete sich später der Bühne zu. Baumann tourt heute als Kabarettist durchs Land.

    Dieser Text ist Teil der Serie "Momente für die Ewigkeit", mit der wir spezielle Ereignisse der Sportgeschichte würdigen. In dieser Serie sind bislang erschienen:

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