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Mehr Show für den Rennzirkus

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Mehr Show für den Rennzirkus

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    Montréal Selbst das Eisessen nach der Grand-Slam-Gala seines WM-Verfolgers Lewis Hamilton wollte bei Sebastian Vettel in Montréal nicht mehr so recht klappen. „Es ist einer dieser Tage, wenn sogar das Eis bricht und einem auf die Hand klatscht“, kommentierte der Ferrari-Star lakonisch. Ausgerechnet bei seinem ehemaligen Arbeitgeber Red Bull, dessen niederländischer Pilot Max Verstappen zu Rennbeginn den Frontflügel an Vettels Ferrari folgenschwer demoliert hatte, wusch sich der viermalige Formel-1-Weltmeister nach dem kleinen Missgeschick mit der Kaltspeise die Hände.

    Klebrig vom Schampus konnten sie nicht gewesen sein. Zum ersten Mal verpasste WM-Spitzenreiter Vettel in dieser Saison nach drei Siegen und drei zweiten Plätzen als Vierter das Podest. Trost fand der 29-jährige Heppenheimer nach einem packenden Großen Preis von Kanada mit einem phänomenalen Sieger Hamilton vor Valtteri Bottas im zweiten Mercedes und Daniel Ricciardo im Red Bull dennoch: „Wenn du Letzter nach vier, fünf, sechs Runden bist, ist alles ein Gewinn.“

    Vettel war fast zwei Stunden nach seinem Kraftakt immer noch so hin und hergerissen, wie das Gigantenduell mit Hamilton bisher insgesamt verläuft. Noch kein einziges Mal in sieben Versuchen gelangen Vettel oder Hamilton zwei Siege nacheinander. Ein Auf und Ab bei über 300 Sachen – immer am Limit. So wie bei Vettels spektakulärem Manöver gegen Esteban Ocon. „Das war volles Risiko. Ich wollte vorbei, Punkt“, sagte Vettel, ehe er sich wieder mit Ruhepuls einen Schluck aus einer Packung Milch gönnte. Also doch am Ende zwölf gewonnene Punkte für Platz vier anstelle 13 verlorener gegen Hamilton im WM-Klassement, das Vettel nun mit 141 zu 129 Punkten anführt? „Ich weiß nicht“, antwortete Vettel.

    Die Deutung des Rennausgangs übernahm sein Rivale. „In diesen fünf Jahren (bei Mercedes) habe ich das Team noch nie so zusammenstehen und auf ein Ziel hinarbeiten sehen“, betonte Hamilton: „Das war ein großer Schlag gegen Ferrari.“ Denn diesmal holte Mercedes die maximale Punktzahl.

    Zum Publikumsliebling wurde beim Rennen in Montréal hingegen Fernando Alonso. Als sein Wagen mal wieder am Streckenrand liegengeblieben war, ging der Fahrer zu den Zuschauern auf die Tribüne. Während der Große Preis von Kanada noch lief, warf der zweimalige Weltmeister seine Rennhandschuhe unter die ungläubigen Fans. „Die Unterstützung, die wir in Kanada von den Fans haben, ist so großartig, dass ich dachte, ich gebe ihnen was zurück, als ich das Auto gestoppt habe“, erklärte Alonso.

    Genau das ist es, was sich die neuen Eigentümer von ihrer Formel 1 im Kampf um Zuschauer und Aufmerksamkeit wünschen. Nähe zu den Fans, Spektakel, Emotionen. Der Große Preis von Kanada war beispielhaft: packende Zweikämpfe auf der Strecke, beste Unterhaltung mit den Hauptdarstellern auch abseits des Asphalts.

    Schon am Samstag probierten die Veranstalter ein neues Showelement, als die drei Erstplatzierten der Qualifikation vor den Fan-Tribünen Auskunft über ihren Arbeitstag geben mussten. Hinzu kam ein bisschen Herzschmerz, als Lewis Hamilton für seine 65. Pole einen Helm seines großen Vorbildes Ayrton Senna im Namen der Familie geschenkt bekam. Hollywoodstar Sir Patrick Stewart, bekannt aus den Star-Trek-Filmen, setzte dann noch einen drauf und gönnte sich am Sonntag ohne Zögern aus dem verschwitzten Rennschuh des drittplatzierten Daniel Ricciardo Schampus auf dem Siegerpodest. Die Menge johlte, die Fahrer hatten ihren Spaß. Wie passend, dass die neue Formel-1-Führung den Vertrag mit den Streckenbetreibern in Montréal am kanadischen Grand-Prix-Wochenende um weitere fünf Jahre bis 2029 verlängerte.

    Dass sich Bernie Ecclestones Nachfolger Chase Carey und Alonso in den Tagen angeregt unterhielten, dürfte mit Blick auf Alonsos zweiten ungewöhnlichen Ausflug binnen zwei Wochen dennoch Zufall gewesen sein. Bei seinem Trip zu den legendären Indy500 lernte der Spanier aber bereits die Showseite des US-Motorsports von ihrer besten Seite kennen. Konsequenzen der Rennkommissare für Alonsos Tribünenbesuch in Montréal gab es übrigens zunächst nicht. (dpa)

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