Vor 32 Jahren war Jochen Behle schon einmal weg. Bei den Olympischen Winterspielen von Lake Placid hastete er als junger Langläufer einsam durch den Wald, keine Kamera zeigte ihn. Höchst besorgt fragte ZDF-Reporter Bruno Moravetz: Wo ist Behle? Zur Beruhigung aller tauchte der Gesuchte bald wieder auf.
Das ist diesmal nicht zu erwarten. Als Bundestrainer der Langläufer trat er am Donnerstag überraschend zurück. Dem Deutschen Skiverband (DSV) hat er damit ein wenig bekömmliches Osterei ins Nest gelegt. Zehn Jahre war Behle „Mister Langlauf“, omnipräsent und auskunftsfreudig. Selbst während der Rennen gab er TV-Interviews. Unter seiner Ägide brachten es deutsche Langläufer auf vier Gesamtweltcupsiege, eine olympische Gold- und zwei Silbermedaillen (alle 2010). Die Ära Behle war die erfolgreichste in der Geschichte des
Diese Aussage lässt breiten Raum für Interpretationen, denn hinter den Kulissen knirschte es. Mit DSV-Generalsekretär Thomas Pfüller geriet sich Behle zuletzt in die Haare, weil Pfüller die quotenbringenden Biathleten mit Langläufern verstärken will. Dabei leiden Letztere ohnehin schon unter Personalmangel. Die goldene Generation der Angerers und Teichmanns ist in die Jahre gekommen. Die Erfolge der Spiele von Vancouver wirken im Rückblick wie ein letztes Aufbäumen. Bis auf die Allgäuerin Hanna Kolb, die im Februar U23-Weltmeisterin wurde, fehlt der Nachwuchs. Behle warnte schon lange davor, dass es Probleme geben werde, die Staffeln weltcuptauglich zu besetzen. Ein weiterer Grund für den Rücktritt dürfte gewesen sein, dass sich altgediente Athleten von der Mannschaft abspalteten und nach eigenen Plänen trainierten. Ohne großen Erfolg.
Langlauf verkümmert im Schatten des Biathlons
All diese Querelen und Probleme sind die Begleitmusik einer Entwicklung, die nach den Spielen von Vancouver extrem an Fahrt aufgenommen hat: Langlauf verschwindet immer mehr im Schatten des Biathlons. Behle kämpfte lange dagegen an – vergeblich. Jetzt hat „Mister Langlauf“ aufgegeben. Er verlässt ein sinkendes Schiff.