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Lance Armstrong und die Dopingbeichte: Letzter Akt einer Tragödie

Lance Armstrong und die Dopingbeichte

Letzter Akt einer Tragödie

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    Die US-Talkmasterin Oprah Winfrey stellte Lance Armstrong knallharte Fragen.
    Die US-Talkmasterin Oprah Winfrey stellte Lance Armstrong knallharte Fragen. Foto: George Burns/Harpo Studios, Inc. dpa

    Wer ist Lance Armstrong? Dieser Mann, der die Welt in seinen Bann gezogen hat. Damals. An den Hängen des Mont Ventoux. Das kantige Gesicht zu einer Grimasse des Willens verzerrt. Der beste Rennfahrer aller Zeiten. Kompromisslos. Eisern. Hart gegen sich und seine Gegner. Der den Krebs besiegte. Vorbild. Keiner, den man verehrt und liebt. Einer, den man bewundert.

    Lance Armstrong: ein Lügner

    Jetzt ist er nur noch Lügner. In einem aufsehenerregenden Interview hat er vor laufenden Kameras Doping zugegeben. Epo, Cortison, Wachstumshormone, Testosteron, Eigenblut. Alles. Das Idol ist gefallen. Nervös und angespannt sitzt er der US-Talk-Ikone Oprah Winfrey  gegenüber, als er sein Geständnis ablegt, antwortet knapp, kaut auf der Unterlippe. Reue und Erleichterung sehen anders aus.

    Armstrong gibt zu, was eh schon bekannt ist. Nicht mehr. Überraschend kommt das Geständnis nicht. Seine sieben Tour-de-France-Titel waren ihm schon aberkannt worden. Die amerikanische Anti-Doping-Agentur hatte genügend Beweise dafür zusammengetragen, dass Armstrong ein ausgeklügeltes Dopingsystem  unterhielt. Die Sportwelt hatte sich längst von einem ihrer größten Söhne abgewandt.

    Sieben Siege in Folge, die Zweifel aufkommen ließen

    Dabei schien Armstrongs Geschichte alles zu haben, was ein Heldenepos braucht. Aus dem Epos aber ist eine Tragödie über Aufstieg und Fall geworden, über falschen Ehrgeiz und darüber, dass Diktatoren selten ein gutes Ende nehmen. Ein Märchen, das nicht gut enden konnte.

    Am Anfang aber stand nur ein Verdacht. Sickerte langsam ins Bewusstsein. Kam als Frage daher. Kann ein Mensch leisten, was dieser Mann leistet? Siebenmal in Folge gewann er in den Jahren 1999 bis 2005 die Tour de France. Das härteste Radrennen der Welt. Wer ihn herausforderte, über den fiel er her wie ein hungriges Raubtier. Ein Diktator, auch seinen eigenen Leuten gegenüber.

    Aufgewachsen ist Armstrong in Plano, einer Kleinstadt in Texas. Ärmliche Verhältnisse. Der Stiefvater verprügelt Armstrong. Der flüchtet sich in den Sport und versucht sich als Triathlet. Damals habe er gelernt zu kämpfen, sagt Armstrong später. Gegen seinen Stiefvater, gegen sich selbst. Am besten kann er das auf dem Rad. Ein Jahrhunderttalent.

    2000 gewinnt Lance Armstrong das härteste Radrennen der Welt

    Mit 20 Jahren gewinnt er seinen ersten großen Titel und wird 1991 amerikanischer Meister. Von da an geht es steil bergauf. Es folgen der erste Profivertrag 1992, im Jahr darauf der erste Etappensieg bei der Tour de France und der Gewinn des Titels bei der Straßen-WM. Nichts und niemand scheint Armstrong stoppen zu können.

    Doping im Radsport:  Armstrong macht, was alle machen

    Unter den Fahrern ist er unbeliebt. Arrogant. Selbstverliebt. Aber der Beste. Irgendwann in dieser Zeit beginnt er, Dopingmittel zu nehmen. Die Kontrollen sind lasch. Armstrong macht, was alle machen.

    Bis zum 2. Oktober 1996. Bei Armstrong wird Hodenkrebs diagnostiziert. Metastasen haben sich schon bis in den Bauchraum, die Lunge und das Gehirn vorgearbeitet. Er stürzt sich in den Kampf gegen den Krebs. Er attackiert, wie immer. Zweimal muss er operiert werden. Aus seinem Gehirn werden Tumore geschnitten, ein Hoden entfernt. Danach entscheidet sich Armstrong für eine Chemotherapie, die zwar extrem belastend ist, dafür aber das Lungenvolumen nicht schädigt.

    Er will leben und er will wieder Rennen gewinnen. Armstrong gewinnt den Kampf und kehrt zwei Jahre später zurück in den Radsport. Und er dopt weiter.

    1999 fährt Armstrong zum ersten Mal wieder die Tour de France – und gewinnt. Sechs weitere Siege folgen. Mit jedem Erfolg wachsen die Zweifel. Seinem Rücktritt 2005 folgt das Comeback 2009. Einmal noch wird er Dritter bei der Tour de France. Im Januar 2011 endet seine Karriere endgültig.

    Den immer lauter werdenden Dopingvorwürfen begegnet Armstrong mit Härte. Ein fein gesponnenes Netz aus Freunden und Unterstützern reicht bis in die höchsten Kreise von Politik und Sport.

    Weggefährten zerbrechen sein perfektes System

    Wer sich gegen Armstrong stellt, wird mit Klagen überzogen, mit aller Macht zum Schweigen gebracht. Seine Krebsstiftung Livestrong öffnet dem Sportler Türen bis ins Weiße Haus. Zwischen 2003 und 2006 ist der fünffache Vater mit dem Popstar Sheryl Crow  liiert. Aus dem Rennfahrer Armstrong ist eine Marke geworden – geschützt von einem perfekten System, das erst zerbricht, als immer mehr ehemalige Weggefährten auspacken. Erst als der Druck zu groß wird, spricht Armstrong. Die Wahrheit. Endlich.

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