Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten

Korruptionsskandal: Fußball-Beben: Fifa wirft Blatter und Platini raus

Korruptionsskandal

Fußball-Beben: Fifa wirft Blatter und Platini raus

    • |
    Die FIFA-Ethikkommission hat FIFA-Präsident Joseph Blatter für 90 Tage suspendiert.
    Die FIFA-Ethikkommission hat FIFA-Präsident Joseph Blatter für 90 Tage suspendiert. Foto: Ennio Leanza (dpa)

    Im größten Beben der Fußball-Geschichte hat es nun auch Joseph Blatter und Michel Platini erwischt. Die Fifa-Ethikkommission sperrte den Fußball-Weltverbandspräsidenten und den Uefa-Chef vorläufig für jeweils 90 Tage. Dieser Bann könne noch um maximal 45 Tage ausgedehnt werden, während dieser Zeit seien beide Top-Funktionäre von allen Fußball-Aktivitäten auf nationaler und internationaler Ebene ausgeschlossen, teilte die rechtsprechende Kammer unter Vorsitz des deutschen Richters Hans-Joachim Eckert am Donnerstag mit.

    Die Sanktionen seien Resultate der Ermittlungen der Ethik-Untersuchungskammer, detaillierte Gründe darf das Gremium nicht veröffentlichen. Nach der Sperre gegen Blatter, der laut seinem persönlichen Berater noch um sieben Uhr in der Züricher Fifa-Zentrale eingetroffen war, vertritt ihn laut Satzung vorerst Vizepräsident Issa Hayatou aus Kamerun im höchsten Fifa-Amt. Für Platini bedeutet die Strafe das fast sichere Aus in seinen Ambitionen auf die Nachfolge von Blatter. Der Franzose wird satzungsgemäß vorläufig vom Spanier Ángel María Villar als Chef der Europäischen Fußball-Union vertreten.

    Der Fifa-Korruptionsskandal

    20. Oktober 2010: Die FIFA-Exekutivmitglieder Reynald Temarii (Tahiti) und Amos Adamu (Nigeria) werden wegen Korruptionsverdachts suspendiert. Sie sollen bereit gewesen sein, ihre Stimmen bei der WM-Vergabe 2018 und 2022 zu verkaufen.

    18. November 2010: Sechs FIFA-Funktionäre werden mit Strafen belegt. «Alle Zweifel sind ausgeräumt», sagt FIFA-Chef Joseph Blatter.

    29. November 2010: Neue Bestechungsvorwürfe gegen drei weitere Exekutivmitglieder: Ricardo Teixeira (Brasilien), Nicolás Leoz (Paraguay) und Issa Hayatou (Kamerun).

    2. Dezember 2010: Die FIFA vergibt die Weltmeisterschaften an Russland und Katar.

    6. Dezember 2010: FIFA-Vize Julio Grondona (Argentinien) soll etwa 59 Millionen Euro aus Katar erhalten haben.

    10. Mai 2011: Der frühere englische Verbandschef David Triesman beschuldigt Teixeira, Leoz, Vize Jack Warner (Trinidad und Tobago) und Worawi Mukudi (Thailand), unlautere Forderungen vor den WM-Vergaben gestellt zu haben.

    20. Juni 2011: Warner tritt von all seinen Ämtern im Fußball zurück.

    21. Oktober 2011: Nach heftigen Korruptionsvorwürfen setzt die FIFA auf die Hilfe externer Experten und gründet diverse Arbeitsgruppen.

    17. Juli 2012: Der frühere US-Staatsanwalt Michael Garcia wird zum Vorsitzenden der FIFA-Ethikkommission ernannt, der Münchner Richter Hans-Joachim Eckert steht der rechtsprechenden Kammer vor.

    22. November 2013: Blatter unterstellt Deutschland und Frankreich, bei der WM-Vergabe an Katar wegen wirtschaftlicher Interessen politischen Druck auf FIFA-Entscheidungsträger ausgeübt zu haben.

    1. Juni 2014: Laut «Sunday Times» soll der katarische Ex-Funktionär Mohammed bin Hammam fünf Millionen Dollar an Offizielle gezahlt haben, um sich deren Unterstützung für Katars Bewerbung zu sichern.

    13. Juni 2014: Franz Beckenbauer wird von der FIFA für 90 Tage für jegliche Tätigkeit im Fußball gesperrt. Beckenbauer habe nicht mit der Ethikkommission kooperiert, sagt der Weltverband zur Begründung.

    5. September 2014: Garcia legt seinen Untersuchungsbericht bei der FIFA vor und spricht sich für eine Veröffentlichung aus.

    17. Oktober 2014: Der Bericht wird nach einer Entscheidung der FIFA nicht komplett veröffentlicht.

    13. November 2014: Eckert legt einen weiteren Bericht vor, in dem Russland und Katar keine gravierenden Verstöße bei den Bewerbungen nachgewiesen werden. Garcia legt Einspruch ein.

    16. Dezember 2014: Die FIFA weist Garcias Einspruch als «unzulässig» zurück. Garcia erklärt daraufhin seinen Rücktritt.

    27. Mai 2015: Kurz vor Blatters geplanter Wiederwahl nimmt die Schweizer Polizei mehrere hochrangige Funktionäre fest. Dazu gehören die FIFA-Vizepräsidenten Jeffrey Webb und Eugenio Figueredo sowie Ex-Vize Jack Warner. Die USA ermitteln gegen 14 ehemalige Spitzenfunktionäre und Geschäftsleute.

    29. Mai 2015: Blatter sieht einen Zusammenhang zwischen den Festnahmen und dem Wahlkongress. Er wird wiedergewählt.

    2. Juni 2015: Blatter kündigt seinen Rücktritt an der Spitze des Fußball-Weltverbandes an.

    2. Juli 2015: Die US-Behörden ersuchen die Schweiz um die Auslieferung von sieben im Mai festgenommenen Fußball-Funktionären.

    17. September 2015: Generalsekretär Jérôme Valcke, Blatters engster Vertrauter, wird vom Weltverband «mit sofortiger Wirkung bis auf weiteres von all seinen Aufgaben entbunden». Nach in Medien erhobenen Vorwürfen der persönlichen Bereicherung leitet der Weltverband eine «formelle Untersuchung durch die FIFA-Ethikkommission» ein.

    25. September 2015: Die Bundesanwaltschaft in der Schweiz eröffnet ein Strafverfahren gegen Blatter.

    2. Oktober 2015: Die Sponsoren Coca-Cola, McDonald's, VISA und Anheuer-Busch fordern im Gegensatz zu Adidas den sofortigen Rücktritt von Blatter. Der lässt über seine Anwälte erklären: Er bleibe im Amt.

    7. Oktober 2015: Die Untersuchungskammer der FIFA-Ethikkommission fordert nach Angaben des Beraters von Blatter eine 90-tägige Freistellung des Präsidenten. Ein Entscheid der rechtsprechenden Kammer stehe allerdings noch aus, sagte Klaus J. Stöhlker.

    8. Oktober 2014: Die FIFA-Ethikkommission sperrt Fußball-Weltverbandspräsident Joseph Blatter und UEFA-Chef Michel Platini vorläufig für jeweils 90 Tage. Zudem wurde FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke ebenfalls suspendiert, teilte die Ethik-Kammer am Donnerstag mit.

    Zudem wurde Fifa-Generalsekretär Jérôme Valcke ebenfalls für 90 Tage suspendiert, Präsidentschaftskandidat Chung Mong Joon wurde für sechs Jahre gesperrt und muss 100 000 Schweizer Franken zahlen. Die Ermittlungen gegen den Südkoreaner waren im Januar 2015 eröffnet worden, ihm werden Verstöße gegen vier Artikel des Fifa-Ethikcodes im Zusammenhang mit Südkoreas gescheiterter Bewerbung für die WM 2022 zur Last gelegt. Er war bis 2011 auch Mitglied im Fifa-Exekutivkomitee und strebte wie Platini die Nachfolge Blatters an.

    Die Schweizer Bundesanwaltschaft hatte vor zwei Wochen ein Strafverfahren gegen Blatter unter anderem wegen des Verdachts der "ungetreuen Geschäftsbesorgung" eingeleitet. Im Kern geht es um eine Millionen-Zahlung an Platini und TV-Geschäfte mit dem früheren Fifa-Vize Jack Warner, der WM-Rechte für die Karibik für 600 000 Dollar und damit deutlich unter dem Marktwert erhalten haben soll.

    Warum bekam Platini zwei Millionen Euro von Blatter?

    Platini hatte für Dienste zwischen Januar 1999 und Juni 2002 erst knapp neun Jahre später von Blatter zwei Millionen Schweizer Franken erhalten. 2011 unterstützten die Uefa-Verbände unter der Führung von Platini den Schweizer im Wahlkampf gegen den Katarer Mohamed bin Hammam. Platini wurde von der Schweizer Bundesanwaltschaft als Auskunftsperson vernommen. 

    Trotzdem will er um seine Kandidatur als Chef des Fußball-Weltverbands kämpfen. Er habe am Donnerstagmorgen die nötigen Unterstützerstimmen für eine Bewerbung eingereicht, teilte der Franzose in einem schriftlichen Statement mit. Mit der Sanktion ist der 60-Jährige noch nicht automatisch aus dem Rennen als Fifa-Chef. Allerdings müsste er eine Prüfung durch die Wahlkommission überstehen - schwer vorstellbar, dass dies als suspendierter Präsident der Europäischen Fußball-Union gelingen würde. Die schriftliche Unterstützung von mindestens fünf Fifa-Mitgliedsländern muss bis zum 26. Oktober, vier Monate vor dem Wahlkongress, eingereicht werden.

    Das ist die Ethik-Kammer: Der Fußball-Weltverband hat 2009 ein Ethikreglement verabschiedet. Nach den Skandalen um die WM-Vergabe an Russland und Katar im Jahr 2010 wurde das Gremium reformiert und in zwei Kammern unterteilt. Beim Fifa-Kongress 2013 auf Mauritius wurden der Amerikaner Michael Garcia als Vorsitzende der untersuchenden Kammer und der deutsche Richter Hans-Joachim Eckert als Chef der rechtssprechenden Kammer offiziell inthronisiert. 

    Garcia trat Ende 2014 von seinem Amt zurück, da er seine Untersuchungsergebnisse zu den WM-Vergaben im Eckert-Urteil nicht ausreichend berücksichtigt fand. Seitdem leitet der Schweizer Cornel Borbely die Kammer.

    Die Ethikkommission ist laut Fifa-Statuten unabhängig. Allerdings ist sie immer wieder Kritik ausgesetzt. Der Vorwurf lautete, besonders intensiv gegen Gegner von Fifa-Chef Joseph Blatter vorzugehen. 

    Ernannt werden die Vorsitzenden der Kammern weiterhin vom Fifa-Kongress. Neben den Vorsitzenden und je einem Stellvertreter haben die Kammern derzeit fünf (Untersuchungskammer) und sechs (Rechtssprechende Kammer) Mitglieder. (dpa)

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden