Eine große Mehrheit der Deutschen spricht sich laut einer Umfrage des Spiegel für den Boykott der Fußball-Weltmeisterschaft aus. Das ist verständlich, die einzig richtige Lösung ist es aber nicht. Selbst Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International raten davon ab, die WM zu boykottieren. Angestoßene Reformen könnten wieder zurückgenommen werden.
Die Konsequenz ist aber nicht, die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in Katar kritiklos hinzunehmen. Daher war es wichtig und richtig, dass die deutsche Nationalmannschaft ein weithin sichtbares Zeichen gesetzt hat. So wird das Thema in die Gesellschaft getragen, die Politik zum Handeln aufgefordert. Viel mehr darf von Sportlern nicht erwartet werden. Sie sind nicht dafür verantwortlich, die Zustände zu ändern, sind keine Mandatsträger in kurzen Hosen.
Die Kritik an den Spielern des FC Bayern trifft ins Leere
Zudem ist es unfair, den Spielern des FC Bayern vorzuwerfen, für einen Verein zu spielen, der recht ungeniert Sponsorengelder aus Katar kassiert. Angestellte sind nicht für die Handlungen ihrer Bosse verantwortlich. Dem Schuhverkäufer wird auch nicht vorgeworfen, sein Geld mit von Kindern gefertigten Waren zu verdienen.
Berufssportler haben nicht den Auftrag, die Welt gerechter zu machen. Selbstverständlich aber sind sie auch Mitglieder der Zivilgesellschaft und als solche sind sie für Menschenrechte eingetreten. Das ist mehr, als Generationen vor ihnen geleistet haben, die es sich allzu bequem hinter der Schutzbehauptung gemacht haben, Sport habe nichts mit Politik zu tun. Selbstverständlich können Athleten Veränderungen anstoßen. Von ihnen aber zu verlangen, das Ziel ihrer jahrelangen Arbeit sausen zu lassen, ist unverhältnismäßig.
Auch im Alltag machen es sich viele zu bequem - nicht nur Sportler
Die Weltpolitik hatte lange die Möglichkeit, auf Katar einzuwirken. Der kompletten Gesellschaft steht es offen, für Menschenrechte einzustehen. Solange es aber kein Problem darstellt, Billig-Shirts aus Bangladesch zu kaufen oder Kaffeebauern mit Dumpingpreisen zu ruinieren, darf von Sportlern nicht mehr erwartet werden, als man selbst zu leisten im Stande ist.
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