Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: Warum Angelique Kerber nicht Steffi Graf ist

Kommentar

Warum Angelique Kerber nicht Steffi Graf ist

    • |
    Angelique Kerber küsst ihren Pokal nach dem Sieg bei den US Open 2016. Außerdem hat Deutschland wieder eine neue Nummer 1.
    Angelique Kerber küsst ihren Pokal nach dem Sieg bei den US Open 2016. Außerdem hat Deutschland wieder eine neue Nummer 1. Foto: Jewel Samad afp

    „Mit dem Auftreten von Angie ist der deutsche Tennissport wieder in die positiven Schlagzeilen gekommen, und so hoffen wir alle, dass wir in den kommenden Wochen und Monaten einen neuen Tennis-Boom erleben können.“

    Ulrich Klaus, Präsident des Deutschen Tennis Bundes

    Dieser Satz musste kommen. Seit rund zwanzig Jahren hofft und harrt der deutsche Tennissport. Dass sich jene unglaublichen Jahre wiederholen, während derer Boris und Steffi das Land regierten.

    Die Hoffnung wird auch diesmal vergeblich sein. Was am allerwenigsten an Angelique Kerber liegt. Ihr Aufstieg zur Nummer eins ist beeindruckend, ihre Leistung verdient allerhöchsten Respekt. Aber jede Erfolgsgeschichte ist einmalig. Und die von Steffi Graf besitzt doch deutlich mehr Strahlkraft.

    Kerber ist eine unglaublich zähe Kämpferin. Das gilt in jedem Spiel, das gilt für ihre gesamte Karriere. Über Jahre hinweg hat sie sich beharrlich nach oben gearbeitet. Ein Aufstieg in Zeitlupe. Im reifen Sportleralter von 28 Jahren ist sie oben angelangt. Das sagt viel über ihre Qualitäten aus. Aber liefert nicht die Extraportion Glamour, die die große Masse verzückt.

    Dafür war Steffi Graf zuständig. Ein Mädchen, das über Nacht zum Star emporschoss. Später eine Frau, die über Jahre hinweg souverän herrschte. Eine einmalige sportliche Lebensleistung, die nicht wiederholbar ist.

    Das Umfeld des Tennissports hat sich gewandelt

    Und vor allem: Das Umfeld des Tennissports hat sich nach den berauschenden Graf/Becker-Jahren gewandelt. Tennis, früher gerne zum „weißen“ (= noblen) Sport verklärt, ist inzwischen eine Sportart unter vielen. Eine, die sich um Nachwuchs bemühen muss. Eine, die in einer stark veränderten medialen Landschaft um ihren Sendeplatz kämpfen muss. Um die Übertragungsrechte für Graf-Spiele haben sich einst die Sender geprügelt. Wer heute keine Quote liefert, fliegt morgen aus dem Programm, landet im Spartenkanal.

    Eine Angelique Kerber alleine wird daran nicht viel ändern können. Natürlich, es wird spannend bleiben. Wie lange kann sich Kerber vorne halten? Das ist interessanter, als es die oft erdrückende Graf-Dominanz war.

    Und dennoch: Kerbers Erfolgsstory wird nur einen kleinen Boom auslösen. Verbandschef Ulrich Klaus sagt es, wahrscheinlich unbewusst, ganz richtig: „… hoffen wir alle, dass wir in den kommenden Wochen und Monaten einen neuen Tennis-Boom erleben können.“ Die Betonung liegt wohl auf „Wochen und Monaten“.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden