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Kommentar: Olympia bricht Rekorde – und steckt doch in der Krise

Kommentar

Olympia bricht Rekorde – und steckt doch in der Krise

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    Bei den Winterspielen in Pyeongchang sind so viele Athleten wie noch nie aktiv. In Europa ist die Bevölkerung jedoch wenig begeistert.
    Bei den Winterspielen in Pyeongchang sind so viele Athleten wie noch nie aktiv. In Europa ist die Bevölkerung jedoch wenig begeistert. Foto: Gregory Bull, dpa

    Mit einem Rekord beginnen am Freitag die Winterspiele in Pyeongchang. 2925 Athleten aus 92 Nationen kämpfen bis zum 25. Februar um 102 Goldmedaillen – so viel Olympia gab es noch nie. Dennoch stecken die Spiele in der Krise, zumindest in Europa. Allerdings aus einem ganz anderen Grund.

    Der Spitzensport ist nur schwer an die Frau und den Mann zu bringen. Eine Bewerbung Münchens für 2022 war gescheitert, weil sich die Bürger dagegen entschieden haben. Auch der Versuch Innsbrucks, die Winterspiele 2026 nach Tirol zu holen, scheiterte am Veto der Bevölkerung. In Europa sind die Menschen müde geworden, die Sportler zur Jagd nach Gold, Silber und Bronze in ihr Land einzuladen.

    Olympia-Müdigkeit: Bürger sehen Steuerverschwendung und Doping

    Das hat zwei Gründe: Die Bevölkerung sieht nicht mehr ein, Milliarden an Steuergeldern zu investieren, damit sich das Internationale Olympische Komitee (IOC) am Ende die Taschen vollstopft. Die Ausrichterstadt und das Land dagegen haben oft noch Jahre an den Folgekosten zu tragen.

    In diesem Punkt ist Pyeongchang ein wenig anders. Die teuersten Spiele aller Zeiten in Sotschi verschlangen aberwitzige 33 Milliarden Euro. Die aktuelle Ausgabe in Südkorea kommt mit deutlich weniger als zehn Milliarden Euro aus. Auch das Thema Nachhaltigkeit berücksichtigen die Asiaten. Ein Beispiel: Das Olympiastadion lässt sich nach dem Ende der Spiele wieder abbauen. Einige Teile sind wiederverwendbar.

    Der zweite Grund für die Olympia-Müdigkeit der Europäer: Doping. Spätestens seit bekannt wurde, mit welch schmutzigen Mitteln der russischen Olympiamannschaft der Sprung in der Medaillenwertung von Rang elf in Vancouver 2010 auf Platz eins nur vier Jahre später in Sotschi gelang, wirft das Thema große Schatten auf den Spitzensport und die Spiele. Die sauberen Athleten sind es leid, täglich kontrolliert werden zu können, während andernorts ganz offensichtlich Urinproben gegen saubere Fläschchen ausgetauscht worden sind.

    Doping: Der Sportgerichtshof CAS musste Sportler wegen Mangel an Beweisen freisprechen

    IOC-Präsident Thomas Bach mit seinem Schmusekurs gegenüber Wladimir Putin sorgt zusätzlich für Verärgerung. Anstatt, wie es die Statuten aufgrund der erdrückenden Beweislage hergegeben hätten, Russland auszusperren, wählte man – vielleicht bewusst – den falschen Weg. Das IOC versuchte, einzelne Sportler zu suspendieren. Dazu reichten jedoch die Beweise nicht aus. Der Internationale Sportgerichtshof CAS musste aus Mangel an Beweisen viele Athleten freisprechen. Als Antwort darauf lud das IOC die verdächtigen Sportler nicht ein, die wiederum Einspruch einlegten. Ein Chaos, das man sich ersparen hätte können. Auffällig: Erst kurz vor dem Olympiastart kommen die Skandale ans Tageslicht, was kaum verwundert. Die Aufmerksamkeit für das Thema ist jetzt am größten. Die Erfahrung lehrt: Vor der Eröffnungsfeier wird entweder über Chaos auf den Baustellen oder Doping berichtet. In Südkorea waren alle Bauten rechtzeitig fertig. Sobald die Spiele starten, rücken Triumphe und Tragödien in den Fokus.

    Die deutsche Mannschaft mit 154 Athleten setzt sich im internationalen Vergleich bescheidene Ziele. Mit 19 Medaillen plus X wäre DOSB-Präsident Alfons Hörmann zufrieden. Mit 19 Plaketten war die deutsche Mannschaft 2014 auf Rang sechs gelandet. Erfolge sind unabdingbar, um den Sport in der Öffentlichkeit zu vermarkten. Doch viel wichtiger wäre, den Doping-Sumpf mithilfe von Insidern trockenzulegen und die Hintermänner zu schnappen. Kontrollen und Strafen alleine führen nicht zum Ziel. Der Kampf ist mühsam und hart, aber lohnenswert. Nur so lässt sich Olympia wieder in der Bevölkerung verankern.

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