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Kommentar: Lasst dem Sport seinen Lauf: Es wird Zeit, mit Corona zu leben

Kommentar

Lasst dem Sport seinen Lauf: Es wird Zeit, mit Corona zu leben

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    Die Plätze in den deutschen Fußballstadien bleiben im November leer.
    Die Plätze in den deutschen Fußballstadien bleiben im November leer. Foto: Bernd Thissen/dpa

    Nichts ist im Bundesliga-Fußball gruseliger als Geisterspiele. Ein Stummfilm ohne den anregenden Sound der zigtausend im Stadion. Als hätten sich zwei Dorfmannschaften in der Spielstätte geirrt. Haben sie natürlich nicht, weil Amateurfußball seit den neuen Corona-Beschlüssen durch die Kanzlerin und ihre Ministerpräsidenten-Runde gestoppt ist.

    Geisterspiele im Profifußball hingegen sind weiter erlaubt, was vergangenes Wochenende in den beiden Bundesligen zu besichtigen war. Die Branche aber ist enttäuscht. Sie hatte sich als Vorreiter von funktionierenden Hygienekonzepten an fünfstellige Zuschauerzahlen herangearbeitet - jetzt ist sie wieder auf null gestellt.

    Finanziell ist das in den meisten Fällen zu ertragen. Die Vereine leben von den Fernsehgeldern. Die Zuschauereinnahmen sind bis für wenige Klubs, die schlecht gewirtschaftet haben, ein Zubrot.

    Ist es richtig, dass der Profi-Fußball weiter läuft? Eine Virologin sagt ja

    Trotzdem bleiben Ärger und Enttäuschung. Die Branche übt sich in Solidarität - aber mit zusammengebissenen Zähnen, zumal der Vorwurf der Sonderrolle für den Fußball im Raum steht. Dem Widersprechen die Fußballer mit Verweis auf die Virologin Ulrike Potzer von der TU München, die eine Fortführung des Spielbetriebs für gerechtfertigt hält, "weil der Fußball, wie wir ihn durchgeführt haben, kein Treiber der Pandemie war". Das wichtigste also: es darf gespielt werden, womit die Fußball-Bundesliga angesichts der neuen Beschlüsse noch am besten wegkommt.

    Andere trifft der Lockdown wesentlich härter

    Andere Sport-Profiligen trifft der Teil-Lockdown wesentlich härter. In den Hallensportarten Handball, Basketball, Volleyball und Eishockey ist der Anteil der Zuschauereinnahmen am Gesamtetat deutlich höher. Hier droht trotz der angekündigten Staatshilfen von 200 Millionen Euro olympische und paralympische Vereine der ersten und zweiten Ligen (Ausnahme: Fußball, nur Drittligisten einbezogen) eine Insolvenzwelle.

    Noch viel einschneidender haben die Beschlüsse allerdings die Basis getroffen, den Amateur- und Freizeitsport. Den Vereinen geht es nicht viel anders als Theatern, Konzerthäusern, Kinos, Museen, Gaststätten, Hotels. Beim Deutschen Fußball-Bund sind sieben Millionen in 25.000 Vereinen organisiert, beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) gibt 27 Millionen Mitglieder in fast 90.000 Vereinen. Sie müssen nun alle für wenigstens vier Wochen den Betrieb einstellen.

    Nur noch Individualsport wie Joggen ist erlaubt. DOSB-Präsident Alfons Hörmann spricht von den Vereinen als "soziale Tankstellen". Orte der Begegnung und Bewegung. Das Land leidet ohnehin schon an Bewegungsmangel. Nun wird ein vierwöchiger Lockdown das Problem des Bewegungsmangels nicht unumkehrbar verschärfen. Aber wer weiß, was im Dezember oder im neuen Jahr folgt. Es wird Zeit sich strategisch darauf einzustellen, längerfristig mit Corona zu leben.

    Lasst sie laufen, sonst verlieren Kinder den Zugang zum Sport

    Während die Politik für Kultur, Wirtschaft und Profisport Finanz-Töpfe bereithält, macht das für den Amateursport wenig Sinn. Hier hilft die einfache Anschubförderung: Lasst sie laufen. Andernfalls verlieren Kinder und Jugendliche den Zugang zum Sport. Warum sollen Kinder, die in der Schule ohnehin zusammen sind, nicht nachmittags im Freien Kicken dürfen, wenn sie sich an den Corona-Modus mit kontaktlosen Lauf-, Pass-, und Torschussübungen?

    Warum sollen sich Tennisspielerinnen in einer gut belüfteten Halle nicht an der Grundlinie gegenüberstehen dürfen?

    Das sind nicht die Treiber der Pandemie. Für viele ist der Sport die wichtigste Stütze, um halbwegs unbeschadet durch sie hindurch zu kommen.

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