Was waren das nun für Spiele, die unter den denkbar schlechtesten Vorzeichen standen? Inmitten einer Pandemie, bei extremen klimatischen Bedingungen. Um es vorwegzunehmen: Es war nicht so schlimm wie befürchtet. Aber auch bei weitem nicht so, wie Olympische Spiele sein sollten.
Am wichtigsten war, dass es den Organisatoren gelungen ist, den Ablauf zu gewährleisten. Es gab zwar Corona-Fälle in allen Blasen, die gebildet wurden. Aber es war, so weit bisher bekannt, kein Superspreader darunter. Ob das nun an den extrem aufwendigen Hygienemaßnahmen lag oder eher daran, dass rund 80 Prozent der an Olympia Beteiligten geimpft anreisten, sei dahingestellt. Vermutlich war es eine Mischung aus beidem.
Die Olympischen Spiele fanden ohne Zuschauer statt
Ein Großereignis lässt sich also auch in Corona-Zeiten durchführen. Der Beweis ist erbracht. Aber zu welchem Preis? Es waren Spiele ohne Seele. In den leeren Hallen wirkte so mancher Olympiasieg wie der Gewinn einer Ehrenurkunde bei den Bundesjugendspielen. Ein Jubelschrei, drei Betreuer klatschen, Abgang.
Alles wirkte steril und künstlich. Es fehlten die Menschen, die Olympia mit Leben erfüllen. Trotz aller Freundlichkeit der Helfer, die strengen Vorschriften waren allgegenwärtig. Diskussionsspielraum gab es keinen. Das war natürlich im Sinne der Hygienemaßnahmen, im Sinne eines freundschaftlichen, weltumspannenden Sportfestes war es nicht.
Olympia dient schon längst nicht mehr nur der Völkerverständigung
Die Spiele von Tokio waren eine olympische Dystopie. Das Rad dreht sich schon längst in eine Richtung, in der es vor allem darum geht, ein Produkt zu vermarkten. Die Vorstellung, Olympia diene der weltweiten Völkerverständigung, wirkt da schon fast naiv und antiquiert.
Spannend zu beobachten wird nun sein, inwieweit sich China als Gastgeber der im Februar anstehenden Winterspiele ein Beispiel an Japan nimmt. Mit einem freiheitlichen Demokratieverständnis ist es dort nicht allzuweit her.
Die weitreichenden Einschränkungen für Journalisten, wie es sie in Japan gab, dürften die Machthaber in Peking als äußerst inspirierend empfunden haben. Wie praktisch ist es doch, deren Bewegungsfreiheit mit Verweis auf Corona-Maßnahmen komplett einzuschränken. Zur Überwachung sind keine geheimdienstlichen Aktionen nötig. Es reicht eine undurchsichtige App, die jeder Einreisende verpflichtend auf sein Handy laden muss. Dazu, wie in Japan geschehen, die unmissverständliche Aufforderung, das GPS aktiviert zu lassen – so macht Überwachung Spaß.
Die Olympischen Sommerspiele dürften ein Vorbild für China sein
Einer der wenigen Gewinner der Spiele von Tokio ist das IOC, das seine milliardenschweren Fernsehverträge erfüllen konnte. Gleichzeitig sind es aber auch die Sportler, die allen Widrigkeiten zum Trotz ihren olympischen Traum leben durften. Bis zuletzt war die Angst groß, dass die Spiele doch noch abgesagt werden könnten. Die gezeigten Leistungen lassen den Rückschluss zu, dass es den meisten gelungen ist, auch in Corona-Zeiten vernünftig zu trainieren.
Die Häufung außergewöhnlicher Leistungen in einigen Disziplinen nährt gleichzeitig aber auch den Verdacht, dass im Vorfeld munterer als sonst gedopt wurde. Coronabedingt hatte das Kontrollsystem monatelang brachgelegen. In ein paar Jahren wird der Medaillenspiegel wahrscheinlich anders aussehen als heute. Denn dann werden die in Japan genommenen Dopingproben in Nachtests mit neuen Analysemethoden noch einmal unter die Lupe genommen. Es ist zur traurigen Gewohnheit geworden, dass Siegerehrungen nachgeholt werden.
Ein kleiner Trost für die betrogenen Medaillengewinner könnte sein, dass ihnen dann hoffentlich wieder mehr Menschen zujubeln dürfen als damals in Tokio.