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Kommentar: Die WM-Idee wird aus den falschen Gründen abgelehnt

Kommentar

Die WM-Idee wird aus den falschen Gründen abgelehnt

Tilmann Mehl
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    Die Fifa plant, die Weltmeisterschaft künftig im Zweijahres-Rhythums auszutragen.
    Die Fifa plant, die Weltmeisterschaft künftig im Zweijahres-Rhythums auszutragen. Foto: Kurt Schorrer, Fifa, dpa

    Wie es eben so ist mit Reflexen: Sie setzen umgehend ein. Nachdem Arsène Wenger vorgeschlagen hatte, die Fußball-Weltmeisterschaft alle zwei Jahre auszutragen, reagierten die Granden des europäischen Fußballs umgehend. Reflexe sind ja nichts anderes als eine Schutzreaktion und insofern also gesund. Den Verbandsbossen, Vereinschefs und Spitzentrainern geht es darum, ihre Spieler vor zu hoher Belastung zu schützen. Schließlich sind verletzte Spieler schlecht für den eigenen Erfolg. Sowohl sportlich als auch wirtschaftlich. Zur Wahrheit gehört aber auch: Wenn es darum geht, die eigenen Interessen zu verfolgen, blicken die Verantwortlichen nicht derart sorgenvoll auf ihr kickendes Personal.

    In Europa wird schleunigst versucht, den Vorstoß des Weltverbades Fifa – denn für den sprach der ehemalige Trainer Wenger – als eine weitere Kasperei des Präsidenten Gianni Infantino aussehen zu lassen. Der plant auch, die bislang sportlich unbedeutende Klub-Weltmeisterschaft aufzublähen. Allerdings sind die Verbandsbosse weltweit Brüder im Geiste.

    Der Uefa ist nicht immer am Schutz der Spieler gelegen

    So führte der europäische Verband Uefa mit der Nations League vor wenigen Jahren einen international irrelevanten Wettbewerb für Nationalmannschaften ein. Seit diesem Sommer gibt es neben der Champions League und der Europa League eine dritte Konkurrenz für Klubteams. Daran teilnehmen sollen Mannschaften, die ansonsten keine Chance haben, sich mal auf internationaler Bühne zu zeigen. Begründung: Der Fußball soll auch in kleinen Staaten gefördert werden.

    Mit dem gleichen Argument begründet die Fifa auch die Idee, alle zwei Jahre eine Weltmeisterschaft auszurichten. Beschlossen ist schon, dass ab 2026 48 statt 32 Nationalmannschaften daran teilnehmen. Wenn das Turnier dann auch noch in einem Zwei-Jahres-Rhythmus ausgetragen werde, würden davon Länder profitieren, die bislang kaum Chancen hatten, an einer WM teilzunehmen. Aus der Ablehnung dieser Idee spricht neben vernünftigen Gründen auch eine eurozentristische Sichtweise und die Verkennung veränderter Sehgewohnheiten der Fans.

    Ronaldo und Co.: Die größten Stars spielen in Europa
    Ronaldo und Co.: Die größten Stars spielen in Europa Foto: Isabel Infantes, dpa

    Fußball wird weltweit gespielt. Die größten Stars aber sind in Europa zu bewundern. Wahrscheinlich würde tatsächlich der Fußball in entlegenen Ecken der Weltkarte profitieren, wenn Sambia, El Salvador oder der Oman bei einer Weltmeisterschaft mitspielen. Kinder brauchen einheimische Vorbilder, denen sie nacheifern können.

    Die Super-League-Pläne haben gezeigt, dass Entwertung kein gutes Argument ist

    Zudem läuft die Begründung ins Leere, der neue Rhythmus würde den Wettbewerb entwerten. Etliche europäische Spitzenteams planten vor wenigen Monaten eine Super League. Dort wären die besten Könner ihres Fachs Woche für Woche aufeinandergetroffen. Eine Entwertung sahen die Vereinsverantwortlichen darin nicht. Sie gehen davon aus, das hochklassiger Fußball immer geschaut wird.

    Die Weltmeisterschaft alle zwei Jahre auszutragen, ist trotzdem der falsche Weg, den Fußball zu fördern. Das Vorhaben läuft der Strömung zuwider, auf Nachhaltigkeit zu achten. Es gibt kaum Länder mit einer Infrastruktur für eine WM mit 48 Mannschaften. Also müsste das Turnier in immer wieder den gleiche Ländern stattfinden, oder aber enorm in den Stadionbau investiert werden. Die Arenen allerdings würden nach der WM meist leerstehen. Das ist ökologischer Irrsinn. Die Idee der Fifa ist letztlich darauf ausgelegt, das eigene Erlösmodell zu erweitern. Ein verständlicher Gedanke – mit der falschen Umsetzung. Nicht aber aus den von europäischen Klub- und Verbandsbossen dargelegten Gründen. Manch Reflex ist auch einfach ein evolutionäres Überbleibsel.

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