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Kommentar: Der Streit beim DFB zeigt: Es fehlt an Kontrolle in den Sportverbänden

Kommentar

Der Streit beim DFB zeigt: Es fehlt an Kontrolle in den Sportverbänden

Andreas Kornes
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    Ist als DFB-Präsident zurückgetreten: Fritz Keller.
    Ist als DFB-Präsident zurückgetreten: Fritz Keller. Foto: Arne Dedert, dpa

    Sportfunktionäre in Spitzenpositionen rangieren in Beliebtheitsskalen irgendwo zwischen Politikern und Kanalreinigern. Dabei haben sie einen entscheidenden Vorteil: Während der Kanalreiniger sein Werk unter Tage verrichten muss, dürfen sich Funktionäre mit den Erfolgen ihrer Sportler schmücken. Das hilft in der Außendarstellung ungemein und wird deshalb immer wieder gerne von Politikern imitiert, die auch ein bisschen Glanz abhaben wollen – ein über viele Jahrzehnte erprobtes Täuschungsmanöver.

    Natürlich ist es falsch, verschiedene Tätigkeitsfelder über einen Kamm zu scheren. Momentan aber müht sich vor allem die Führungsriege der größten Sportverbände sehr, in einem möglichst schlechten Licht dazustehen. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) reibt sich in internen Streitereien auf.

    Fritz Keller musste als DFB-Chef zurücktreten

    Die Frontlinie verläuft zwischen dem frischgebackenen Ex-Präsidenten Fritz Keller, dem ein unsäglicher Nazi-Vergleich zum Verhängnis wurde, und seinem beeindruckend haftfähigen Vize Rainer Koch. Ein Pöstchen weiter sieht sich Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), mit massiven Vorwürfen einiger Angestellter des Dachverbandes konfrontiert. Die hatten dem Allgäuer in einem anonymen Brief vorgeworfen, unter seiner Führung herrsche ein Klima der Angst.

    Es scheint, als verfüge aber auch Alfons Hörmann über ausreichend Haftkraft, diesen Sturm zu überstehen. Über all dem schwebt Teflon-Funktionär Thomas Bach, der das Internationale Olympische Komitee, kurz IOC, stoisch auf die Olympischen Sommerspiele in Tokio zusteuert, ungeachtet einer Pandemie, weltweiter Kritik und massiven Unwillens in der japanischen Bevölkerung.

    Alfons Hörmann steht ebenfalls unter Druck

    So unterschiedlich die Streitereien auch sein mögen, sie offenbaren systemische Probleme. Vor allem fehlt es an Kontrolle. Ganz offensichtlich hatten die Mitarbeiter des DOSB der unabhängigen Ethikkommission des Dachverbands nicht vertraut, sondern wendeten sich direkt an die Öffentlichkeit.

    Alfons Hörmann ist der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB).
    Alfons Hörmann ist der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Foto: Frank Rumpenhorst, dpa

    Vorsitzender besagter Kommission ist der Ex-Bundesinnenminister Thomas de Maizière, den Hörmann für das Amt vorgeschlagen hatte und dem er freundschaftlich verbunden sein soll. Das hat mindestens einen faden Beigeschmack und ist nur ein Beispiel dafür, wie es um die interne Kontrolle in Sportverbänden bestellt ist. Besonders dreist treiben sie es diesbezüglich im Weltfußballverband Fifa, wo missliebige Kontrolleure von den Kontrollierten ganz unkompliziert ausgetauscht werden.

    Die viel beschworenen Selbstreinigungskräfte des Sports haben schon beim Thema Doping nicht funktioniert und auch in Sachen Kontrolle seines Führungspersonals scheinen sie zu versagen.

    Eine Gegenkandidatur ist Majestätsbeleidigung

    Das zweite Problem ist, dass es kaum Quereinsteiger in die Führungspositionen gibt. Koch, Hörmann, Bach – alle blicken auf lange Funktionärskarrieren zurück. Sie haben sich über Jahrzehnte nach oben genetzwerkt. Wahlen sind oft schon im Vorfeld ausgekungelt. Bach etwa hatte bei seiner Wiederwahl gar keinen Gegenkandidaten mehr, gegen Hörmann wagte sich erst in letzter Sekunde ein Herausforderer aus der Deckung und scheiterte klar.

    An der Spitze angekommen, wird straff durchregiert. Diejenigen, um die es eigentlich gehen sollte, die Athleten, haben wenig zu melden. Was viele, auch das gehört zur Wahrheit, nicht sonderlich interessiert. So hält sich ein System am Laufen, das nur die nach oben lässt, die es pflegen. Es hat sich eine Funktionärskaste gebildet, die unantastbar ist. Kritik oder gar eine Gegenkandidatur ist Majestätsbeleidigung. Wer kritisieren will, muss anonyme Briefe schreiben.

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